Belgien scheitert in einem über weite Strecken hochklassigen Spiel im Viertelfinale an Italien. Einmal mehr endet ein großes Turnier für die Roten Teufel frühzeitig, obwohl man mit Titelambitionen startete. Für Belgiens Goldene Generation bleibt nun wohl nur noch ein Turnier, damit Kevin De Bruyne, Eden Hazard & Co. nicht titellos bleiben - einfach wird dies aber nicht.
Große Fußballnationen bringen immer wieder so genannte Goldene Generationen hervor. Unvergessen Deutschlands Mannschaft der 70er Jahre um Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Günter Netzer, die 1972 Europameister wurde und zwei Jahre später auch bei der Heim-WM triumphierte. Oder die Brasilianer um Pele, die jahrelang als der goldene Standard galten und drei WM-Titel einfuhren.
Auch in der jüngeren Vergangenheit gab es solche Goldenen Generationen immer wieder. Die französische Eqipe Tricolore um die Jahrtausendwende mit Spielern wie Zinedine Zidane, Thierry Henry, Didier Deschamps und weiteren Weltklassespielern kommt einem sofort in den Sinn. Oder etwas später die Spanier mit Stars wie Xavi, Andres Iniesta, Fernando Torres, Sergio Ramos & Co. Und natürlich die Goldene Generation Deutschlands mit Manuel Neuer, Mesut Özil, Toni Kroos oder Thomas Müller.
Goldene Generationen gewinnen nicht immer
All diese Mannschaften blieben über viele Jahre zusammen und sammelten letztlich Trophäen. Frankreich wurde 1998 Weltmeister und gewann zwei Jahre später die EM. Die Furia Roja wurde 2008 und 2012 Europameister und dazwischen auch noch Weltmeister. Und das DFB-Team setzte sich 2014 die Krone auf, erreichte zudem von 2008 bis 2016 bei fünf Großturnieren in Folge immer mindestens das Halbfinale.
Doch es gibt auch Goldene Generationen, denen der ganz große Wurf versagt blieb. England hatte in den 2000er Jahren ein Team gespickt mit Stars wie Michael Owen, Frank Lampard, Steven Gerrard, Rio Ferdinand oder Wayne Rooney, schaffte es allerdings in kein Endspiel bei einem Großturnier. Aktuell sind die Three Lions aber drauf und dran die nächste Goldene Generation zu bauen..
Die Engländer sind kein Einzelfall. Vor allem bei vermeintlich kleineren Fußballnationen blieben hoch gelobte Goldene Generationen ohne Titel. Zu nennen sind dabei vor allem die Niederlande der 70er Jahre um Johan Cruyff, die 1974 und 1978 erst im WM-Finale scheiterten.
Figo & Co. bleiben ohne Titel
Oder auch Portugals Goldene Generation der 90er und 2000er Jahre, von der deutlich mehr erwartet wurde. Am Talent lag es bei Spielern wie Luis Figo, Rui Costa, Nuno Gomes oder Vitor Baia sicherlich nicht, aber mehr als das EM-Halbfinale 2000 und die bittere Niederlage im Endspiel 2004 sprangen nicht heraus.
Auch Belgien ist nicht zwingend das, was man als erfolgreiche Fußball-Nation bezeichnet. Der kleine Benelux-Staat hatte oft Probleme sich für Welt- und Europameisterschaften zu qualifizieren oder scheiterte dort früh. Eine besonders schwere Zeit machte Belgien zu Beginn des neuen Jahrtausends durch.
Nachdem man bei der WM 2002 in Japan und Südkorea noch das Achtelfinale erreichte, mussten die Roten Teufel 2004, 2006, 2008, 2010 und 2012 bei fünf Großturnieren in Folge zusehen. Doch zur WM 2014 qualifizierte sich Belgien als erste Nation überhaupt, da das neu zusammengestellte Team mit Jungspunden wie De Bruyne, Hazard, Axel Witsel, Marouane Fellaini, Jan Vertonghen oder Thibaut Courtois urplötzlich von Sieg zu Sieg eilte.
Belgien begeistert seit 2014
In Brasilien selbst ging es bis ins Viertelfinale, wo Belgien aber knapp mit 0:1 gegen abgezockte Argentinier das Nachsehen hatte. Doch Experten und Fans waren sich einig, dass der Goldenen Generation eine rosige Zukunft bevorsteht. Doch mittlerweile droht Belgien ein ähnliches Schicksal wie Cryuff, Lampard, Figo & Co, denn das Titelfenster wird mit jeder bitteren Niederlage kleiner und kleiner.
2016 unterlag man im Viertelfinale dem krassen Außenseiter aus Wales mit 1:3, 2018 dann das Aus gegen den späteren Weltmeister Frankreich im Halbfinale. In Russland bewiesen die Belgier jedoch eine Runde zuvor, was sie leisten können, als man das hoch gehandelte Brasilien in der Runde der letzten Acht eliminieren konnte.
Bei der Euro 2020 sollte es dann aber endlich soweit sein. Die Belgier führten seit 25. Oktober 2018 die FIFA-Weltrangliste ununterbrochen an und fuhren mit gewaltigem Selbstvertrauen zur Endrunde. Doch nach vier souveränen Siegen in Gruppenphase und Achtefinale wurde das Finale erneut verpasst. Gegen starke Italiener war im Viertelfinale bereits Schluss - mal wieder.
Letzte Ausfahrt Katar?
Die WM in 17 Monaten in Katar ist nun wahrscheinlich die allerletzte Chance für Belgiens Starensemble doch noch einen großen Titel zu holen. Einfach wird das nicht, denn viele Spieler sind in die Jahre gekommen, Fellaini spielt ohnehin schon keine Rolle mehr und auch Akteure wie Toby Alderweireld (32 Jahre alt), Vertonghen (34), Witsel (32), De Bruyne, Hazard (beide 30) oder Dries Mertens (34) haben bereits eine drei vor dem Komma. Belgien stellte bei der Euro eine der ältesten Mannschaften mit einem Durchschnittsalter von knapp über 29 Jahren.
Hoffnung macht den Belgiern, dass mit Jeremy Doku ein Youngster gegen Italien richtig auf sich aufmerksam machen konnte. Der 19-Jährige spielte überraschend von Beginn an für den verletzten Hazard und war der auffälligste Belgier. Bei der anstehenden WM dürfte mit dem flinken Flügelstürmer von Stade Rennes eine weitere Offensiv-Waffe im Team integriert sein.
Konkurenz bleibt groß
Ob der Youngster mit den Überbleibseln der Goldenen Generation tatsächlich den Titel holen kann, ist aber völlig offen. Schließlich werden auch Teams wie Brasilien oder Frankreich wieder ein Wörtchen mitreden wollen. Auch Deutschland mit dem neuen Bundestrainer Hansi Flick wird mit neuem Elan anreisen.
Und dann gibt es natürlich die neuen Genrationen in Italien, Spanien und England, die aktuell noch um den EM-Titel spielen. Es ist also nicht auszuschließen, dass dort auch die ein oder andere Goldene Generation heranwächst, denn das gibt es bei großen Fußballnationen ja bekanntlich immer wieder...