Eintracht Frankfurt kann über West Ham United in das Finale der Europa League einziehen. Vor drei Jahren scheiterten die Hessen allerdings schon einmal denkbar knapp in der Vorschlussrunde in London. In dieser Saison stehen die Chancen der SGE aber besser.
Die Parallelen zur Spielzeit 2018/19 sind unverkennbar.
Damals übernahm Adi Hütter das Zepter an der Seitenlinie für den zum FC Bayern abgewanderten Pokalsieger-Coach Niko Kovac. Die sportlichen Erwartungen waren groß, doch nach einem verkorksten Saisonstart hagelte es Kritik. Die Eintracht scheiterte bereits in der ersten Pokalrunde beim Regionalligisten SSV Ulm (1:2) und holte nur einen Sieg aus den ersten fünf Ligaspielen.
Doch Hütter gelang anschließend der Turnaround, führte die SGE in seiner Debütsaison zwischenzeitlich bis auf Rang vier (am Ende reichte es zu Rang sieben) und bis ins Europa-League-Halbfinale gegen den FC Chelsea. Nach zwei 1:1-Unentschieden schieden die Adler erst im Elfmeterschießen an der Stamford Bridge aus. Die Mannschaft um Luka Jovic, Sebastian Haller und Ante Rebic - auch besser bekannt als die Büffelherde - begeisterte eine ganze Stadt mit attraktivem und erfolgreichem Fußball.
Auch Glasner gelingt der Turnaround
Zu Beginn dieser Spielzeit ersetzte Oliver Glasner Hütter, den es zu Borussia Mönchengladbach zog, an der Seitenlinie. Wieder waren die Erwartungen hoch, nachdem die SGE in der Vorsaison mit 60 Punkten auf einem starken fünften Platz landete. Wieder lief es jedoch zum Start nicht rund. Pokal-Aus bei Drittligist Waldhof Mannheim (1:2) zum Auftakt, nur ein Sieg aus den ersten zehn Spielen in der Liga. Die Kritik an Glasner wurde früh laut.
Doch erneut gelang der Turnaround. Frankfurt hat mit 40 Punkten aus 31 Spielen den Klassenerhalt längst eingetütet und in der Europa League einen unfassbaren Lauf hingelegt. Die Eintracht ist bei all ihren zehn internationalen Auftritten nicht als Verlierer vom Platz gegangen und konnte zuletzt den großen FC Barcelona im Viertelfinale ausschalten. Offensiv wirbeln Daichi Kamada, Jesper Lindström und Rafael Borre die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander.
Ein Schlüsselspieler, der damals wie heute zudem mit dabei war, ist Filip Kostic. Der Serbe ist in bestehender Form, erzielte zuletzt beim 3:2-Erfolg in Barcelona gleich zwei Tore. Doch nicht nur Kostic hat den Erfolgslauf von vor drei Jahren bis an die Stamford Bridge bereits mitgemacht. Gleich neun weitere Akteure, die 2019 schon dabei waren, sind immer noch im SGE-Kader. Darunter Leistungsträger wie Kevin Trapp, Martin Hinteregger oder Sebastian Rode.
Weniger SGE-Fans in London als in Barcelona
Neben der gesammelten Erfahrung auf Spielerseite spricht für die Eintracht vor allem die Fanbase, auch wenn in London deutlich weniger Fans als zuletzt in Spanien im Stadion sein werden. "So wie in Barcelona ist es jetzt nicht, weil grundsätzlich auch viel weniger Leute in der Stadt sind. Frankfurt hat nur 3.000 Tickets und in England gibt es die Null-Toleranz-Politik. Wenn du dich da außerhalb des Fanblocks auch nur irgendwie als SGE-Fan zu erkennen gibst, wirst du da sofort rausgeworfen", erklärte Sky Reporter Dennis Bayer.
Zudem war die Partie in Barcelona mitten in den Osterferien, viele Fans haben das mit Karfreitag verlängerte Wochenende für die Reise nach Katalonien genutzt. Darüber hinaus ist die englische Hauptstadt viel größer als Barcelona, sodass sich die Fans dort viel weitläufiger verstreuen. Dennoch feiern die SGE-Anhänger wieder ein großes Fan-Fest - unter anderem mit einem Partyboot, das über die Themse schaukelt.
"Wir freuen uns über jeden Frankfurt-Fan, der uns in London unterstützt. Das ist das größte Spiel meiner Karriere. Jetzt geht es für uns darum, ins Finale der Europa League einzuziehen", machte Frankfurt-Coach Glasner auf der Pressekonferenz vor der Partie die Bedeutung des Duells gegen West Ham deutlich. Knapp 60.000 Zuschauern werden im ausverkauften London Stadium das Halbfinal-Hinspiel verfolgen.
West Ham spielt wie Eintracht Frankfurt
Sportlich gesehen geht es für beide Mannschaften um viel, schließlich geht es um den Einzug in ein europäisches Endspiel und damit um eine Titelchance. Einen klaren Favoriten gibt es vor Anstoß nicht. "Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Denn West Ham ist das englische Frankfurt. Sie haben auch viele Fans, spielen einen sehr physischen Fußball, kommen vor allem über Flanken, Standards und über schnelle Gegenstöße. Wenn man es zugespitzt sagen will, spielt Frankfurt gegen sich selbst", analysierte Sky Reporter Bayer.
Die Hammers, die in der Liga lange Zeit auf Champions-League-Kurs waren, fokussieren sich nach den etwas überraschenden Siegen in den K.o.-Duellen gegen den FC Sevilla und Olympique Lyon voll auf die Europa League. Trainer David Moyes schonte zuletzt im Derby bei Chelsea (0:1) unter anderem seinen Star Declan Rice über eine Stunde lang. West Ham konnte aus den vergangenen drei Ligaspielen nur einen Punkt holen und ist mittlerweile nur noch Siebter.
Obwohl die Ostlondoner damit noch auf dem Platz liegen, der zur Teilnahme auf der Conference League berechtigt, stehen die Partien gegen die Hessen über allem. "Frankfurt ist ein fantastischer Fußballverein. Jedes Team, das Barcelona besiegt, musst du respektieren. Sie sind ein großer Name im deutschen Fußball mit unglaublicher Unterstützung", lobte auch Hammers-Trainer Moyes den Gegner vor dem Hinspiel (ab 21 Uhr im Liveticker bei Sky).
Frankfurt will historische Chance nutzen
In London muss Glasner personell auf die beiden Stammkräfte Evan N'Dicka und Kristijan Jakic verzichten. "Vor allem der Ausfall von N'Dicka wiegt schwer. Er ist absoluter Leistungsträger und eine Stütze in der Abwehr. Er wird mit Sicherheit fehlen", so Sky Reporter Bayer. Erster Ersatzkandidat ist Tuta. Der Brasilianer würde hinten rechts in die Dreierkette rücken, Almamy Toure dafür auf links für N'Dicka.
Als Ersatz für Mittelfeldspieler Jakic steht Djibril Sow bereit. Der Schweizer hat sich rechtzeitig nach Knieproblemen zurückgemeldet. "Sow ist dabei und hoch motiviert. Er wird zusammen mit Sebastian Rode im Zentrum ablaufen", meinte Bayer. Ansonsten kann Glasner aus dem Vollen schöpfen, alle Leistungsträger sind fit. Da die abschließenden drei Bundesliga-Duelle für die SGE sportlich keinen Wert mehr haben, können sich die Frankfurter voll auf West Ham konzentrieren.
London soll für die Spieler und Fans der Hessen allerdings nur eine Zwischenstation sein. Denn nach Istanbul, Antwerpen, Piräus, Sevilla, Barcelona und London heißt das große Ziel (erneut) Sevilla. Dort findet am 18. Mai im Stadion Ramon Sanchez-Pizjuan das Endspiel statt. Mit der gesammelten internationalen Erfahrung von vor drei Jahren gegen Chelsea will die SGE nun ihre Vorteile ausspielen und einen Schritt weitergehen.
"Der Wille bei Frankfurt ist absolut zu spüren und in der Liga geht es um nichts mehr. Die Eintracht geht All-in für die Europa League. Und wenn sie den Wettbewerb gewinnen, würden sie zudem in der Champions League in der kommenden Saison spielen. Das ist noch einmal eine zusätzliche Motivation", ist Sky Reporter Bayer überzeugt von einem Frankfurter Weiterkommen.
Die Chancen dafür stehen sehr gut.
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.