Beim 4:3 (2:0) gegen Manchester United hat der FC Bayern eindrucksvoll seine Stärken in der Offensive gezeigt. Leroy Sane, Jamal Musiala und Mathys Tel glänzten, doch ansonsten gab es viel Schatten im Spiel der Münchner.
Thomas Tuchel hatte von seiner Loge auf der Gegengerade beste Sicht auf das, was seine Mannschaft in ihrem ersten Champions-League-Heimspiel der Saison auf dem Rasen der Allianz Arena gezeigt hatte. Was er von der Tribüne aus sah, kann dem Trainer nicht gefallen haben.
"Es gibt schon noch Dinge, die wir besser machen müssen", sagte Tuchel, der wegen seiner Sperre aus der vergangenen Saison nicht auf der Bank sitzen durfte, nach dem Sieg gegen die Engländer. Vor allem die erneut schwache Defensivleistung sollte dem Trainer Anlass zur Sorge geben.
Unwucht zwischen den Mannschaftsteilen
Denn durch die bisherigen Spiele der noch jungen Saison zieht sich beim FC Bayern ein Muster: drei Gegentore im Supercup gegen Leipzig, zwei im Ligagipfel gegen Leverkusen, drei am Mittwochabend gegen Manchester.
Die spielerische wie personelle Unwucht zwischen Offensivreihe und Abwehrverbund ist auch teamintern ein Thema. "Vorne", sagte Thomas Müller mit Verweis auf die "acht Topspieler für vier Positionen", sei der Kader "nicht ausgedünnt, da ist er gut breit". Dahinter aber klaffen Lücken.
Es fehlt an Kompaktheit, im zentralen defensiven Mittelfeld knirscht es, in der Abwehrkette offenbaren sich Abstimmungsprobleme, auch beim hochgelobten Neuzugang Min-jae Kim. Matthijs de Ligt, in der vergangenen Saison noch Abwehrchef, saß 90 Minuten auf der Bank. Der Niederländer verpasste weite Teile der Vorbereitung aufgrund einer Wadenverletzung und ist aktuell nur die Nummer drei in der Rangfolge.
"Bayern wie eine Wundertüte: Man weiß nie, was man bekommt"
"Die Bayern bleiben die Wundertüte, bei der man nicht weiß, was man bekommt", meinte der ehemalige FCB-Kapitän Michael Ballack bei DAZN. Anders als bei Forrest Gump im bekannten Filmklassiker läuft es beim deutschen Rekordmeister noch nicht rund.
Bei den ersten beiden Gegentoren herrschte im Münchner Strafraum komplette Verwirrung, beim dritten Treffer der Gäste kam Casemiro frei zum Kopfball. Auffällig ist, dass im Sechzehner in manchen Aktionen die letzte Intensität, die letzte Konsequenz fehlen.
Tuchel sieht positiven Aspekt
Tuchel erkannte immerhin einen Fortschritt zur vergangenen Saison: Nach Rückschlägen falle seine Mannschaft nicht mehr zusammen, stellte der Bayern-Coach fest: "Die Reaktionen waren sehr gut, wir haben nach den Gegentoren weiter mit Vertrauen nach vorne gespielt und hatten den Spielverlauf auf unsere Seite."
Bei Sanes Flachschuss zum 1:0 half den Bayern ein Fehler von United-Torwart Onana, das 3:1 fiel durch einen für die Gäste unglücklichen Handelfmeter. Dem zweiten Tor durch Gnabry und dem entscheidenden vierten Treffer durch den wieder als Joker brillierenden Tel waren geniale Einzelaktionen von Musiala und Kimmich vorausgegangen.
Offensive rettet den FC Bayern gegen United
Am Ende rettete die Offensive den Sieg gegen ein biederes United, welches die Bayern mit ihren Fehlern erst stark gemacht hatten.
Internationale Spitzenteams wie Manchester City werden die Nachlässigkeiten der Bayern - wie in der vergangenen Saison - gnadenlos bestrafen, dessen dürfte sich auch Tuchel bewusst sein. Die K.o.-Phase der Königsklasse beginnt im Februar, bis dahin haben die Bayern noch viel Arbeit vor sich.