Der Wutausbruch von Julian Nagelsmann nach der 2:3-Pleite gegen Gladbach sorgt beim FC Bayern derzeit für neue Unruhe. Ein Fehltritt des Trainers, der nach Meinung der Sky90-Runde allerdings auch ein anderes Problem beim Rekordmeister offenlegt.
Es sind Worte, die - entgegen Nagelsmanns Bitte auf der Pressekonferenz - am Sonntag die Titelseiten der deutschen Medienlandschaft füllten. "Das ist doch ein Witz, will der mich verarschen, oder was? Mein Gott, mein Gott. Ein weichgespültes Pack!" Mit dieser Katakomben-Tirade in Richtung des Schiedsrichter-Gespanns um Tobias Welz sorgte der Bayern-Trainer für ordentlich Aufruhr.
Braucht Nagelsmann jemanden auf der Bank?
Zwar entschuldigte sich der Coach im Nachgang auf Instagram und Twitter bei den Offiziellen, deutliche Kritik setzt es dennoch von allen Seiten. Die Aussagen des 35-Jährigen sorgen einmal mehr in dieser Saison für Unruhe bei den Münchnern. Nachdem die Causa Toni Tapalovic und der Wirbel um das anschließende Neuer-Interview langsam abklingen, geht es wieder rund beim FC Bayern. Schuld trägt aber nicht nur Nagelsmann selbst.
"Du brauchst auf der Bank einen Mann, der dem Trainer sagt: 'Du gehst sofort in deine Kabine. Zum Schiedsrichter gehe ich.' Das hätte Uli Hoeneß getan", ist sich der ehemalige Sky Kommentator Fritz von Thurn und Taxis sicher. Der Fußball-Fachmann erinnert daran, dass in der Vergangenheit meist ein Funktionär mit auf der Bank saß. "Hasan Salihamidzic sitzt oben neben Oliver Kahn - um den zu beruhigen", scherzt von Thurn und Taxis.
Nagelsmann braucht mehr Schutz vom Verein
Auch Sky Kommentator Kai Dittmann würde sich vonseiten der Vereinsführung mehr Schutz für den Trainer wünschen. "Ich hätte gerne einen Trainer Julian Nagelsmann mit der 'Firewall' Hoeneß und Rummenigge gesehen, die die ganzen Themen drumherum wegfedern", meint Dittmann. Dass Nagelsmann freie Hand bei vielen Dingen gelassen wird, begrüßt der Experte zwar, aber immer kann das nicht gut gehen.
"Corona, Katar-Engagement... Bei all diesen Geschichten war keiner da. Das musste alles Nagelsmann moderieren. Er kann das super, ich höre ihm unglaublich gerne zu. Aber es ist niemand da, der ihn auch mal bremst oder ihn schützt. Das hätte es vor drei Jahren nicht gegeben", ist sich Dittmann sicher. Dem 35-Jährigen wird eine große mediale Aufmerksamkeit zuteil, die von den Bossen nur selten abgefangen wird. Der Sky Kommentator: "Du musst die Sensibilität besitzen, zu wissen, wann du auch Mal mit Wucht da sein musst. Wenn ich zu dem Trainer stehe, muss ich ihn auch öffentlich schützen."
Hamann nimmt Nagelsmann in die Pflicht
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Verein trotz zwischenzeitlicher Erfolge unter der Führung von Salihamidzic und Kahn fast nie zur Ruhe kommt. Nur an den Bossen will Sky Experte Didi Hamann das jedoch nicht festmachen. Der ehemalige Bayern-Profi schont Nagelsmann nicht: "Er ist schon sieben oder acht Jahre in der Bundesliga dabei. Und die Bayern haben einen Haufen Geld für ihn bezahlt - über 20 Millionen Euro. Da muss er sich bewusst sein, dass er auch eine Verantwortung gegenüber den Funktionären hat. (…) Da musst du auch schauen, dass du dich nicht angreifbar machst."
Auch der Rest der Sky90-Runde zieht den Trainer nach seinem Fehltritt nicht aus der Verantwortung. "Man muss das große Ganze sehen. Und Bayern München ist etwas Großes, mit 300.000 Mitgliedern und beliebt auf der ganzen Welt. Du musst so einen Verein als Trainer auch entsprechend nach außen vertreten", urteilt von Thurn und Taxis.
Der Fußball-Experte sieht Trainer eines Vereins allgemein in der Pflicht, den Klub nicht nur auf dem Platz, sondern auch neben dem Rasen zu vertreten. "Positiv vertreten - auf keinen Fall so wie am Samstag. Deshalb ist auch nicht jeder als Bayern-Trainer geeignet", meint von Thurn und Taxis, will bei Nagelsmann aber nicht vorschnell urteilen. Einer Weiterentwicklung bedürfe es dennoch: "Da muss er noch kräftig nacharbeiten und lernen, sonst wird das auf Dauer nichts bei Bayern."
Salihamidzic und Kahn müssen auch sich hinterfragen
Sky Experte Hamann erneuerte seine Kritik vom Samstag und gibt von Thurn und Taxis recht: "Viele werden sagen: 'Das ist nicht mein Bayern München. Es kann nicht sein, dass mein Trainer sich so benimmt und diese Worte wählt.' Da musst du dich besser im Griff haben, sonst kannst du nicht Trainer von Bayern München sein."
Ob es zu einem internen Nachspiel für Nagelsmann kommt, ist bis dato offen. Salihamidzic und Kahn müssen nach dem Tapalovic/Neuer-Theater mit Bedacht vorgehen - und sich dabei auch selbst hinterfragen.
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