Mit dem Supercup gegen RB Leipzig startet am kommenden Samstag die neue Saison des FC Bayern München. Während in der Elf von Thomas Tuchel auf der einen oder anderen Position noch Unklarheit herrscht, steht mit Sven Ulreich der Mann zwischen den Pfosten fest - zumindest vorübergehend.
Von der Nummer 3 zur Nummer 1 in nur wenigen Wochen - so schnell kann es im Fußball manchmal gehen!
Zum Vorbereitungsstart des FC Bayern waren die Fronten im bayerischen Tor eigentlich geklärt. Manuel Neuer schuftete nach seinem erlittenen Beinbruch beim Skitouren gehen an seinem Comeback, dahinter stand Yann Sommer als Back-up parat, sollte Neuer nicht rechtzeitig bis Saisonstart fit werden. Außerdem für die Torhüter-Position im Kader: Routinier Sven Ulreich, Alexander Nübel und Youngster Johannes Schenk.
Eingriff bei Neuer - Sommer zu Inter
Nicht mal einen Monat später hat sich die Lage zwischen den Pfosten gravierend verändert. Neuer unterzog sich einem planmäßigen Eingriff, bei dem Metall aus dem verletzten Bein entfernt wurde. Zwar setze der Keeper sein Aufbautraining umgehend fort, wie es in der Pressemitteilung des deutschen Rekordmeister heißt, doch eine Rückkehr ins Münchner Tor bis zum Supercup gegen RB Leipzig (Samstag, ab 20:00 Uhr LIVE auf Sky Sport Top Event) oder bis zum Bundesliga-Auftakt beim SV Werder Bremen (Freitag, 18. August) ist ausgeschlossen. Keiner kann wirklich abschätzen, wie lange Neuer noch braucht, um wieder in Pflichtspielen im Tor zu stehen. Bis Mitte September wird die Reha mindestens dauern.
Umso verwunderlicher ist es, dass die Münchner nach den Leihgeschäften um Nübel (zum VfB Stuttgart) und Youngster Schenk (zu Preußen Münster) auch noch Sommer abgegeben haben. Der Schweizer, der erst im vergangenen Winter zum FC Bayern gewechselt ist, wurde für rund sechs Millionen Euro an Inter verkauft. Somit bleibt auf der Torhüter-Position quasi nur noch Ulreich übrig, der damit (erstmal) die Nummer 1 beim FC Bayern ist.
Liste der möglichen Keeper-Kandidaten ist lang
Dass die Münchner diese Situation nicht so belassen und nicht nur mit einem Torwart (neben den Nachwuchskeepern) in die Saison gehen, ist klar. Auf dem Transfermarkt wird diesbezüglich noch etwas passieren beim FCB. So kursiert eine fast schon buchdicke Liste von möglichen Torwartkandidaten durch die Medien. Zuletzt kam nach Sky Informationen der Argentinier Geronimo Rulli hinzu. Auch Chelseas Kepa steht neuerdings auf der Liste des Rekordmeisters. Weitere Optionen, die zuletzt immer wieder einmal gehandelt wurden: Yassine Bounou (FC Sevilla) oder David Raya (FC Brentford).
Eines haben alle Kandidaten gemeinsam: Sie kämen mit sehr großer Sicherheit nicht als Nummer 2 zum FC Bayern und würden damit Sven Ulreich wieder verdrängen - ähnlich wie es bereits im vergangenen Transferfenster mit Sommer der Fall war. "Man hat damals Sommer geholt, weil man Sven Ulreich nicht zugetraut hat, Neuer zu vertreten", schreibt Sky Experte Lothar Matthäus in seiner Kolumne.
Und weiter: "Ulreich hat mich vergangene Woche beim Test gegen Liverpool in der zweiten Halbzeit überzeugt, er hatte eine ganz andere Ausstrahlung und Körpersprache als Sommer, der zuletzt resigniert wirkte, weil er einfach das Vertrauen nicht gespürt hatte. Nicht vom Trainer und nicht vom Verein. Ulreichs Herangehensweise und Zielsetzung sind ganz andere. Er hat nicht die Hoffnung, nächstes Jahr bei der EM zu spielen und er weiß, dass er sich wieder hintenanstellen muss, wenn Neuer zurückkehrt. Er macht kein Theater, trainiert professionell und man hat sich immer auf ihn verlassen können, wenn er gebraucht wurde."
Ulreich hofft auf Chance
Das hat der mittlerweile 35-Jährige vor allem in der Saison 2017/18 mehrfach unter Beweis gestellt. Damals ersetzte Ulreich den am Mittelfuß verletzten Neuer fast eine komplette Saison lang. Am Ende wurde der FC Bayern mehr als souverän Meister - mit 21 Punkten Vorsprung vor Vizemeister FC Schalke 04. Ulreich brachte sich mit guten Leistungen sogar für die Nationalmannschaft ins Gespräch.
"Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich die Möglichkeit bekomme, mich zu zeigen. 2018 habe ich das, glaube ich, ja auch schon hervorragend gemacht, als ich Manu vertreten habe", erklärte Ulreich während der aktuellen Vorbereitung.
Der gebürtige Schorndorfer hielt damals in 42 Pflichtspielen 17-Mal die Null und überzeugte als solider Neuer-Back-up. Also warum Ulreich nicht erneut das Vertrauen schenken? Eine gute, fehlerfreie Leistung im Supercup gegen Leipzig würde dabei sicherlich helfen, noch mehr Vertrauen bei Tuchel und den Bossen aufzubauen. Ulreich hat mit insgesamt 230 Bundesliga-Spielen genug Erfahrung gesammelt, um auch in schwierigen Phasen zu bestehen und Leistung zu bringen.
Ulreich bis zur Neuer-Rückkehr Nummer eins - wer würde als Back-up in Frage kommen?
Doch auch für den Fall des Vertrauensbeweises in Richtung Ulreich müsste Bayern noch einen Torhüter holen, der bis zur Neuer-Rückkehr die Position als Nummer 2 einnehmen kann. Dafür müssten die Münchner aber wohl in bislang weniger beachtete Regale blicken, denn wie bereits angedeutet, würden sich ein Bono oder Rulli wohl eher nicht auf die Bank setzen.
Anders würde dies vermutlich bei erfahrenen, aktuell vereinslosen Keepern aussehen - ohne dass es in diese Richtung bislang irgendwelche Gerüchte gab. Mögliche Kandidaten: Timo Horn (zuletzt 1. FC Köln), Samir Handanovic (zuletzt Inter) oder Salvatore Sirigu (zuletzt AC Florenz - davor u.a. PSG). Der Vorteil dieser Kandidaten: viel Erfahrung, kein finanzielles Risiko.
Am Ende ist es eine Abwägungsfrage für die Bayern-Bosse und Tuchel. Ulreich oder ein neuer Keeper - wer soll die Nummer eins bis zur Neuer-Rückkehr werden? Klar ist: Ulreich hat zumindest im anstehenden Supercup die Chance, Pluspunkte für sich zu sammeln - und womöglich den plötzlichen Status als Nummer eins noch ein bisschen länger aufrechtzuerhalten.