Nach einem furiosen Start hat der FC Bayern unter Hansi Flick zuletzt zwei Niederlagen kassiert und steht nicht besser da als noch unter Niko Kovac. Nach dem letzten Hinrundenspiel gegen Wolfsburg soll eine Entscheidung fallen. Sky Sport wägt Pro und Contra einer dauerhaften Lösung mit Flick ab.
PRO Hansi Flick - von Marc Behrenbeck
Der FC Bayern hat zwei unglückliche Niederlagen hintereinander kassiert und alle diskutieren wieder über den Trainer? Das geht mir zu schnell. Der Flick-Effekt beim Rekordmeister ist definitiv noch nicht vorbei. Unter dem Interimstrainer haben die Münchner klare Schritte nach vorne gemacht. Auch die erste Halbzeit gegen Gladbach war eine Machtdemonstration. Das Spiel nach vorne ist mittlerweile meist schneller, kreativer und Chancenreicher geworden. Auch das Positionsspiel und das Anlaufen gegen den Ball hat Flick optimiert.
Ebenso ist die Defensive stabiler geworden. Zuordnung, Zugriff und Zweikampfverhalten haben sich verbessert. Dies darf aber nicht darüber wegtäuschen, dass man derzeit ein generelles Geschwindigkeitsproblem hat und Spieler wie Javi Martinez mit Sicherheit nicht mehr zu den Top-Spielern der Liga gehören. Die Absicherung bleibt also eine Baustelle. Außerdem muss man hinterfragen, ob manche Flick'sche Umstellung, wie Joshua Kimmich wieder in die Kette nach hinten zu versetzen, richtig waren. Da bin ich bei unserem Sky Experten Didi Hamann.
Das entscheidende bei den beiden Bayern-Niederlagen war für mich aber das mangelnde Selbstverständnis im Team und der Umgang mit Rückschlägen. Nach der Führung kam es zum Bruch im Spiel. Hätte der Trainer da noch mehr auf das Spiel Einfluss nehmen müssen? Wahrscheinlich zumindest versuchen. Einen Plan B aus dem Hut zaubern? Definitiv. Ob Flick der Richtige mit Aura und Strahlkraft ist, der auch Tugenden und Haltung einimpfen kann, bleibt abzuwarten. Er hat aber definitiv die Chance verdient, dass er sich beweisen darf. Stand jetzt auch über den Winter hinaus.
CONTRA Hansi Flick - von Sven Töllner
Vielleicht ist einmal zu oft etwas gesagt worden, was man nicht mehr zurücknehmen kann. Über Müller oder so. Möglicherweise hat die Kabinenansprache irgendwann genervt, waren die Handlungsanweisungen nicht deutlich genug. Das Verhältnis der Mannschaft zu Niko Kovac wirkte verklebt. Belastet. Freudlos. Die Trennung schien folgerichtig, die Nachfolgeregelung logisch. Hansi Flick - reich an Erfahrung, ein guter Typ. Kategorie Spielerversteher. Ein Menschenfreund mit solidem fußballerischen Rüstzeug, Ex-Bayern-Spieler. Einer, der Blockaden lösen kann und einem Weltklasse-Ensemble dabei hilft, die Fesseln wegzusprengen.
2:0, 4:0, 4:0, 6:0 - toll! Ein Super-Hansi. Der Flick-Effekt. So ähnlich wie damals in Mönchengladbach, als den Profis wegen Lucien Favres Detailversessenheit die Köpfe qualmten und der handfeste André Schubert die wahren Potenziale des Teams anfeuerte. Weil er es anders machte. Flick hat die gefährliche Phase nach der Kovac-Demission sehr gut moderiert. Ab sofort ist Substanz gefragt. Tiefenschärfe. Ein Trainer, der im Duell zweier Weltklasse-Teams den Unterschied machen kann. Wie Klopp oder Guardiola. Wie Tuchel oder ten Hag. Flick hat derartige Qualitäten bislang nicht nachgewiesen. Nicht bei Hoffenheim in der Regionalliga. Und auch nicht als DFB-Co an Löws Seite.
Mit Flick in die Winterpause? Ja, das geht! Aber ab Januar will der FC Bayern ins Rennen um die Preise. In Liga, Pokal, Champions League. Die großen Titel - und dafür werden sie einen großen Trainer brauchen. Pochettino, Allegri, Emery? Riskant und teuer. Denkbar sicherlich, dass die Bayern eine Übergangssaison akzeptieren, um im Sommer ein Schwergewicht auf dem Trainerstuhl zu präsentieren. Eine dauerhafte Liaison wird aus der Flick-Affäre aber ganz sicher nicht entstehen.