Zweitligist Schalke 04 hat neun Spieltage vor Schluss die Reißleine gezogen und sich von Trainer Dimitrios Grammozis getrennt. Die Nachbesetzung muss sofort funktionieren.
Nur vier Punkte aus den vergangenen vier Partien, bereits acht Niederlagen und ein Rückstand von sechs Zählern auf einen direkten Aufstiegsplatz - Schalkes Rückkehr-Mission in die Bundesliga ist akut gefährdet. Die Vereinsmitteilung zur Trennung von Trainer Dimitrios Grammozis überraschte daher auch nicht großartig.
Die Verantwortlichen um Sportdirektor Rouven Schröder erhoffen sich durch die Maßnahme "einen neuen Impuls" im Saisonendspurt. Wer für diesen sorgen soll, ist derzeit völlig offen. Am Montag wollen die Schalker "über das weitere Vorgehen" informieren. Neben dem gehandelten Trainer-Routinier Friedhelm Funkel ist auch eine interne Interimslösung bis Saisonende nicht ausgeschlossen (zum Artikel: Farke, Funkel & Co. - wer könnte auf Grammozis bei S04 folgen?).
Schalke 04 und der HSV: Parallelen sind unverkennbar
Fest steht: Der neue Trainer muss sofort funktionieren. Schalke ist ins Hintertreffen geraten und benötigt bei der avisierten Bundesliga-Rückkehr dringend eine Siegesserie. Überhaupt darf sich der Absteiger in den letzten neun Spielen kaum mehr einen Patzer leisten, wenn der Aufstieg noch realisiert werden soll. Sollte der Grammozis-Nachfolger den Worst Case allerdings nicht verhindern, droht Schalke in einer ähnlichen Spirale wie der HSV zu versinken. Die Parallelen sind auffällig, beide Traditionsklubs lassen sich jetzt schon als Brüder im Geiste bezeichnen.
Die einst nationalen Größen haben sich geblendet von ihrer glorreichen Vergangenheit durch zahlreiche sportliche und personelle Fehlentscheidungen runtergewirtschaftet und in die 2. Bundesliga manövriert. Beide sind mit ihrem Abstiegstrainer (Christian Titz & Grammozis) in ihre erste Zweitliga-Saison gegangen, beide haben diesen noch während der Spielzeit entlassen. Der Unterschied: Schalke hat den leidvollen Weg des HSV zwar eingeschlagen, befindet sich aber noch mittendrin.
ZUM DURCHKLICKEN: Das kassieren die Klubs von ihren Trikotsponsoren
Der Konkurrent aus dem Norden hat sich dagegen nach dem Nicht-Aufstiegs-Triple fast schon zu einem normalen Zweitligisten entwickelt und auch für die Gelsenkirchener wären die Folgen einer weiteren Saison im Unterhaus verheerend - sportlich wie finanziell.
Schalke04: Das wären die Folgen eines Nicht-Aufstiegs
Der UEFA-Cup-Sieger von 1997 müsste den ohnehin schon geringen Etat nochmals verschlanken. Nach der sofortigen Trennung mit dem langjährigen Sponsor Gazprom haben die Knappen mit Vivawest zwar schnell einen neuen Geldgeber und Trikotsponsor gefunden, doch die Erlöse von etwa 4,5 Millionen Euro pro Jahr stellen nur noch die Hälfte des jährlichen Gazprom-Volumens dar.
Es braucht daher weitere finanzkräftige Sponsoren, doch ein weiteres Jahr in der Zweitklassigkeit würde die Suche erheblich erschweren und zwangsläufig Auswirkungen auf die Zusammenstellung des Kaders haben. Beim HSV hat sich dieser von Jahr zu Jahr der 2. Liga angepasst, wodurch die Aufstiegsambitionen erheblich geschmälert wurden. Auch Schalke ist vor dieser Entwicklung nicht gefeit. Ganz im Gegenteil.
Um beispielsweise die ausgeliehenen Thomas Ouwejan und Ko Itakura langfristig an den Verein zu binden, würde beim Verpassen der Bundesliga-Rückkehr das nötige Kleingeld fehlen. In diesem Fall wäre ein Verbleib der beiden Leistungsträger ohnehin fraglich, da sich das Duo für höhere Aufgaben empfohlen hat.
Schröder steht komplizierter Sommer bevor
Um Millionen zu generieren, müsste wahrscheinlich Youngster Malick Thiaw verkauft werden, für den bereits der AC Milan im Winter ein Angebot abgeben hatte. Schalkes Verhandlungsposition wäre im Sommer allerdings geschwächt, da sie auf Transfereinnahmen in jeglicher Hinsicht angewiesen sind und Thiaw einer der ganz wenigen Spieler ist, der diese einbringen könnte.
Unabhängig davon steht dem S04 ein weiterer Umbruch bevor, da viele Spieler aktuell nur ausgeliehen sind. Ob es Schröder gelingt, nochmals einen auch nur annähernd qualitativ hochwertigen Kader wie in dieser Saison zusammenzustellen, ist angesichts der Umstände mehr als fraglich. Bereits im vergangenen Jahr stand der Sportdirektor vor einer Herkulesaufgabe, der kommende Sommer dürfte nicht minder kompliziert werden. Zumal ab 1. Juli die derzeit ausgeliehenen Top-Verdiener Amine Harit (Marseille) und Ozan Kabak (Norwich) aller Voraussicht nach zunächst zurückkehren und - sollte sich ein Verkauf oder eine weitere Leihe hinauszögern - Budget blockieren werden.
STIMMT AB!
Neun Spiele entscheiden über Schalkes Zukunft
Ein geringerer Etat, eine erschwerte Sponsorensuche und eine noch kompliziertere Kaderplanung - der HSV musste diese Phasen seit dem Bundesliga-Abstieg 2018 bereits durchleben. Nun schweben diese Faktoren wie ein böses Damoklesschwert über den Königsblauen. Der Klub kann dieses ausschließlich mit dem sofortigen Wiederaufstieg abwehren.
Dafür bleiben dem noch unbekannten Hoffnungsträger neun Spiele Zeit. Neun Spiele, die über nichts weniger als Schalkes mittelfristige Zukunft entscheiden.
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