Bernhard Peters, Ex-Hockey-Bundestrainer und in verschiedenen Funktionen beim Deutschen Fußball-Bund, der TSG 1899 Hoffenheim und dem Hamburger SV tätig, erklärt, welche Veränderungen nötig sind, damit der deutsche Fußball zu alter Stärke zurückzufindet.
Bernhard Peters interessiert sich nicht für halbgare Lösungen. Vor allem wenn es um Eliteförderung geht, hat der 62-jährige ehemalige Hockey-Nationaltrainer glasklare Vorstellungen. Das hat unter anderem zu zwei aufeinanderfolgenden WM-Titeln im Feldhockey (2002 und 2006) geführt. Seither ist seine oft kantige Meinung im Fußball gefragt.
Als kreativer und beharrlicher Gestalter hat er in verschiedenen Funktionen beim DFB, in Hoffenheim, beim HSV zum Teil für kontroverse Diskussionen gesorgt - und vor allem aber auch für professionellere Strukturen.
"Wenn man Erfolg hat, muss man bewusst Veränderungen provozieren", findet Peters, "denn der Mensch neigt zur Selbstzufriedenheit." Das gilt auch für Verbände - wie den DFB. Schon nach dem WM-Titelgewinn 2014 wären einschneidende Veränderungen notwendig gewesen, findet Peters und hat Ideen für den Aufschwung. Motto: Erfolge wiederholen. Erfolge! Wieder! Holen!
1. Starke sportliche Führung beim DFB
- Der Kern Fußballkompetenz muss gestärkt werden!
- Das heutige Präsidialsystem der Verbände ist aus dem letzten Jahrhundert und führt zu enormen Energieverlusten.
- Der Verband braucht einen hauptamtlichen, fachlich hochkompetenten und charismatischen Geschäftsführer/Vorstand an der Spitze der AG - Christian Seifert hat es bei der DFL vorgemacht.
- Er muss die leistungssportlichen Strukturen schärfen, verbessern, effizienter gestalten.
- Der DFB hat sehr gute Mitarbeiter. Sie müssen durch einen Vorstandschef Sport teamorientiert in klare Verantwortung gebracht werden.
- Bei diesem Riesenverband muss mehr an Weltklasse herauskommen.
2. Gestalten und NICHT verwalten
- Wir brauchen kreative Führungskräfte, vor allem auch weibliche, die in der Lage sind identitätsstiftende Arbeit in den Klubs zu leisten.
- Die Klubs sollten für eine klare Identität stehen - von der Talententwicklung bis zur Eliteförderung.
- Teilung der Aufgaben auf Augenhöhe: Einen Sportvorstand, der für den Profibereich und den betriebswirtschaftlichen Bereich der Kaderbudgets zuständig ist. Dazu eine Art Entwicklungsminister, der die potenziellen Identifikationsfiguren über Jahre begleitet - und mit einem Expertenteam die komplexen Aufgaben einer langfristigen Spielerentwicklung übernimmt.
- Wir sollten uns trauen mit anderen Ideen, mutiger kreativ zu gestalten, und weniger zu verwalten. Kindertraining ist kein reduziertes Erwachsentraining! Jugendtraining ist kein Profitraining!
3. Stimmungsumschwung
- Die volle Initiative der Spieler ist gefragt. Sie müssen mit allem, was sie haben, zeigen, dass sie mal wieder einen Titel gewinnen wollen. Und zwar ab jetzt!
- Bodenständiges Auftreten hilft - wie bei Füllkrug!
- Der Kampf um den EM-Titel muss allen Spielern erkennbar richtig viel bedeuten.
4. Leidenschaftliche Kinder- und Jugendtrainer in den NLZs müssen mit Vertrauen arbeiten können
- Viele Jugendtrainer handeln und trainieren ergebnisorientiert - sie werden nur an Ergebnissen durch die Leitung gemessen werden, um einen neuen Vertrag zu bekommen.
- Wir brauchen leidenschaftliche Altersbereichsspezialisten im Kinderbereich 6-12 Jahren.
- Die Lizenzvereine müssen für die Kompetenzentwicklung Kindertrainer in ihren Regionen eine Mentorenfunktion übernehmen.
- Wir brauchen qualifizierte Trainer in den Vereinen, die erkennen, dass es um die individuelle Verbesserung der Top-Talente bis in die Weltklasse geht.
- Die fehlenden 10 bis 15 Prozent müssen die Trainer in guter emotionaler Verbindung durch exzellente analytische Fähigkeiten herausholen.
- Die Vereine sollten in dem Zusammenhang auch über ein anderes Honorierungssystem für die Trainer nachdenken - losgelöst vom Tabellenplatz, stattdessen Prämien für die Trainer, die ein Talent bis zur Profi-Reife entwickelt haben.
5. Fordern statt verwöhnen
- Wir müssen wieder härter trainieren. Die Spieler fordern und nicht verwöhnen - manchmal auch überfordern. Spieler brauchen eine große mentale Stärke, wenn ein wichtiges Spiel in der 80. Minute auf der Kante steht.
- Mentale Stärke und das notwendige Selbstbewusstsein entstehen durch eine erarbeitete Basis im harten Training, nicht durch Sprüche.
- Wir müssen anders trainieren. Härter, länger, effizienter an den Stresssituationen des Spiels arbeiten. Belastungen trainieren, individueller in der Position und den Räumen des Spielers, viel Lauftraining. Vor allem auch durch intensive Spielformen auf Tore - denn Spielen lernt man durch Spielen.
- Die Spieler müssen durch Eigeninitiative die letzten Prozent herausholen, um das persönliche Optimum zu erreichen. Das ist ihre Verantwortung! Wir brauchen starke Entscheider auf dem Platz!
Mit Bernhard Peters sprach Sven Töllner
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.