Fußball News: Expertinnen zur Ernährung im Profifußball

Gladbach-Expertin über Profi-Ernährung: "Schokolade ist erlaubt"

Von Jasmin Eigl

Image: Für Fußball-Profis wie Leon Goretzka (r.) und Sven Ulreich ist gesunde Ernährung wichtig.

Heute startet die neue Bundesliga. Nach der kräfteraubenden vergangenen Saison mussten die Profis ihre Energiespeicher auffüllen. Richtiges und gesundes Essen sind wichtig. Skysport.de hat sich in Gladbach und bei anderen Expertinnen umgehört und mit ihnen über Ernährung im Profifußball gesprochen.

"Schokolade ist erlaubt und wird von mir auch regelmäßig in die Kabine gestellt - allerdings die Variante mit hohem Kakaoanteil", erzählt Dr. Wiebke-Maria Schlusemann, Leiterin Ernährung und Monitoring bei Borussia Mönchengladbach.

Die Saison im Profifußball ist verglichen mit anderen Sportarten relativ lang. Für manche Spieler sei die gesunde Ernährung so zum Alltag geworden, dass sie sie auch im Urlaub weiterführen, andere wiederum täten sich schwerer und bräuchten mal ein Bier oder Schokolade in der Pause, um wieder motiviert in der Saison zu sein.

Image: Dr. Wiebke-Maria Schlusemann ist Leiterin Ernährung und Monitoring bei Borussia Mönchengladbach, zuvor arbeitete sie u.a. für SChalke 04.

Spieler sollen lernen, für sich selbst zu kochen

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"Wichtig ist, rechtzeitig wieder von Urlaubs- auf Trainingsmodus umzuschalten, um für die einsetzende Trainingsbelastung mit Saisonstart vorbereitet zu sein und somit Verletzungen vorzubeugen", so Schlusemann. Das Essen zuhause während der Regeneration müsse auch pflichtbewusst sportlergerecht sein. "In diesen Zeiten sind vor allem die Bereitschaft und Motivation der Spieler gefragt", weiß die Ernährungsexpertin.

Keine generellen Verbote - auch der Imbiss ist mal okay

Eines der Ziele ihrer Arbeit in Mönchengladbach ist, dass die Spieler lernen, für sich selbst zu kochen. Dazu seien vor allem die jungen Sportler bereit. Mit möglichst einfachen Tipps versucht sie, die Entscheidung weg von der Tiefkühl-Pizza und hin zur selbst zubereiteten Mahlzeit zu lenken. Ausnahmen seien dabei in Ordnung. Sie hält wenig von generellen Verboten und in manchen Momenten, beispielsweise bei Freude nach dem Sieg, sei der Imbiss um die Ecke auch absolut okay.

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Trainer Adi Hütter von Borussia Mönchengladbach ist heiß auf den Saisonstart gegen Ligakrösus FC Bayern (Videolänge: 3:25 Min.).

Am Ende kommt es auf eine gute Balance an.

Weniger Verletzungen durch richtige Ernährung

Die Ernährung kann einen positiven Einfluss auf den Heilungsverlauf nach Verletzungen, die Regeneration nach Belastungen und die allgemeine Leistungsfähigkeit haben. Das Immunsystem wird auch gestärkt und das Gesamtwohlbefinden kann sich verbessern. Beschwerden wie Müdigkeit und Schlafstörungen können durch eine konsequente Ernährung behandelt werden.

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Mit genügend Energie und Nährstoffen kann Leistung konzentriert erbracht werden und Regeneration sowie Anpassung wird gefördert. Dabei sind die angewendeten Ernährungsstrategien so unterschiedlich wie die Spieler selbst. Ex-Torwart Timo Hildebrand zum Beispiel lebt mittlerweile komplett vegan und empfiehlt es im Sky-Interview jedem Profi.

Natural Eating mit unverarbeiteten Lebensmitteln

Liefern Lebensmittel jedoch zu wenig Nützliches, leiden Reparatur- und Wachstumsprozesse. "Don't eat your structure, feed your structure", weiß Annemarie Stein. Die Ernährungs-Expertin, die u.a. bei Eintracht Frankfurt gearbeitet hat, erklärt auch, dass zu viel Weißmehl und Zucker förderlich für Entzündungen sind.

Image: Annemarie Stein war Ernährungsberaterin bei Eintracht Frankfurt, hier beim DFB-Pokalsieg im Jahr 2018.

Vorverarbeitete Lebensmittel besitzen nur noch wenige der wichtigen Vitalstoffe. Natürlich gewachsene und unverarbeitete Lebensmittel hingegen sind gut für uns. "Ein Sportler kommt problemlos ohne Fleisch zurecht. Wenn er jedoch nicht darauf verzichten möchte, dann bitte nicht mehr als zwei Mal pro Woche und es sollte Fleisch aus Bio-Weidehaltung sein. Qualität über Qualität", erklärt die Expertin.

Ausreichend Bewegung und Ruhe haben eine heilende Wirkung für unsere Zellen. Früher hätten sich die Menschen im Winter von natürlichem Fleisch von wilden Tieren ernährt.

Menge und Qualität häufig im Ungleichgewicht

Mit den richtigen Lebensmitteln könnten wir uns selbst heilen, sagt Stein. Nahrung mit viel grünem Gemüse, Gewürzen, Kräutern und Saaten sowie "good carbs" aus Pseudogetreide, wie Quinoa, und Hülsenfrüchten helfen Entzündungen zu heilen. In Kombination mit Fett aus guten Quellen und Proteinen seien sie hilfreich beim schnellen Regenerieren.

Menge und Qualität seien jedoch heute im Ungleichgewicht. Das viel gekaufte Fleisch aus Massentierhaltung führe bei Sportlern zu einer erhöhten Neigung zu Entzündungen, erklärt sie.

Superstarformel von Aleksandra Keleman

Mahlzeiten so zubereiten, dass sie maximal viele Nährstoffe haben und leicht verdaulich sind, lautet das Erfolgsrezept von Ernährungsberaterin Aleksandra Keleman.

Ihre "Superstarformel" besteht aus den vier K's:

  1. Mahlzeiten lange genug kauen, mindestens 30 Minuten.
  2. Kritische Nährstoffe, die wir nicht im Alltag aufnehmen, wie Jod, Vitamin D, Vitamin B12 und Selen, durch Nahrungsergänzungsmittel aufnehmen.
  3. Keimlinge seien gut hydriert, wodurch sie leichter verdaut werden könnten
  4. Kräuter hätten wichtige Aminosäuren in sich, viel Vitamin C und seien reich an Nährstoffen, die die Aufnahme von Mineralien, wie Eisen und Zink, fördern. Durch Eisen und Zink gehe der Blutzucker langsamer ins Blut, was länger satt macht.

So sollten Mahlzeiten aus Obst oder Gemüse, Kräuter/Grünem und Samen zusammengesetzt sein.

Profis wie Waldschmidt und Demme haben es ausprobiert

Auch Fußballprofis, wie Luca Waldschmidt und Diego Demme haben die Superstarformel schon ausprobiert. Die Ernährungsberaterin war positiv überrascht von ihrer ambitionierten Haltung.

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Im Gegensatz zum Veganismus müsse bei der Superstarformel nicht das Training angepasst werden. Bei der perfekten Nahrung gäbe es oft noch Potenzial nach oben, so Keleman.

Der Umstieg auf die Superstarformel sei überhaupt nicht schwer. Im Supermarkt einfach andere Produkte kaufen - Routine nach einer kurzen Umstellung.

Weniger Gewicht und Körperfett durch Umstellung

Keleman hat beobachtet, dass instinktives Essen zu einer ausreichenden Kalorienaufnahme führt. Die Verteilung der Makronährstoffe mit Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten sei damit gegeben. Da könne der Einzelne besser auf die Mikronährstoffe schauen. Sie empfiehlt frisches Obst und Gemüse, vor allem Kräuter, sowie Karotten und Süßkartoffeln mit Provitamin A, Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen oder Lupine) und Pseudogetreide, wie Buchweizen, alles in gekeimter Form.

Gewichtsverlust, über den sich die Profis sogar freuen würden, könne die Folge sein. Die Umstellung von Tier- auf Pflanzenmilch unterstütze das. Überschüssige Kilos seien weg und der Körperfettanteil sinke. Ihre Muskelmasse bleibe aber erhalten.

Zu viele tierische Proteine können schädlich sein

Fleisch müssten Sportler nicht vermissen, da sie ihre Proteine ohne Probleme über Pflanzen aufnehmen könnten, erklärt die Expertin. Ausgewogene pflanzliche Ernährung beuge auch einer ineffizienten Proteinbildung vor. Zu viele Proteine über die Nahrung könnten schädlich für die Nieren sein. Entscheidend sei die Menge - und wie gut der Körper Eiweiße aufnehme. Die könne jeder am besten in Form von freien Aminosäuren, zum Beispiel über gekeimte Samen aufnehmen, so Keleman.

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Fleisch verdaut der Körper in bis zu acht Stunden. "Wer Schweres isst, muss mit dem Essen kämpfen statt mit dem Gegner.", erklärt Keleman. Energie und Enzyme sollten beim Regenerieren und bei der Leistung im Sport helfen, nicht nur bei der Verdauung. Die Zellen finden wieder neue Energie in der Tiefschlafphase. Das alles sei das Ergebnis von hunderten Erfahrungsberichten von den unterschiedlichsten Sportlern, so die Expertin.

Weniger Übersäuerung - weniger Verletzungen

Durch das viele Gemüse und das Fehlen von Tiermilch und Fleisch sei der Körper weniger übersäuert, die Gefahr von Verletzungen werde geringer.

Sie habe - ohne Eigenlob zu betreiben - "noch keinen Sportler erlebt, der die positiven Effekte wie schnellere Regeneration und ein verbessertes Körpergefühl nicht gespürt hat - wenn er sich zumindest zu 80 Prozent an die Empfehlungen gehalten hat.", sagt Keleman abschließend.

Vegetarische oder vegane Ernährung?

Es spreche nichts gegen eine vegetarische oder vegane Ernährung von Profifußballern, meint Dr. Wiebke-Maria Schlusemann von Borussia Mönchengladbach und ergänzt. "Wichtig ist jedoch, dass die vegane und vegetarische Ernährung (..) angepasst auf Energie- und Nährstoffbedarf geplant werden sollte."

Annemarie Stein empfiehlt viel und buntes saisonales Gemüse nach dem Motto: "Iss dich durch den Regenbogen". Ein Profifußballer könne problemlos ohne Fleisch leben. Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung mit pflanzlichen unverarbeiteten Lebensmitteln sollte auf jeden Fall die Basis sein.

Einige Mythen halten sich hartnäckig

Einige Trends und Mythen halten sich hartnäckig, bedauert Dr. Schlusemann. Einzelne Lebensmittelgruppen würde immer wieder verteufelt, egal ob Milch, Fleisch, Fisch, Getreide oder Hülsenfrüchte, jede habe ihren Mythos. Ernährung sei jedoch viel individueller zu betrachten. Die Energiebilanz und die Qualität der Lebensmittel seien entscheidend, erklärt sie.

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In Mönchengladbach versorgt sie die Spieler mit Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie Snacks zum Training, wenn nötig auch mit Nahrungsergänzungsmitteln.

Nahrungsergänzungsmittel "eine unumgehbare Alternative"

So arbeitete auch Annemarie Stein zu ihrer Zeit als Ernährungsberaterin bei der Frankfurter Eintracht. Nahrungsergänzungsmittel seien ihrer Ansicht nach eine unumgehbare Alternative, da unreife Früchte, lange Transportwege oder die Aufnahme der Nährstoffe im Darm gestört seien.

Profis benötigen zudem die wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, von denen man nicht genug haben kann und die in Fisch und Algen enthalten sind, "wobei Zweiteres - aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen - zu bevorzugen ist", so Stein.

Mit welcher Ernährung sie am besten klarkommen, müssen die Profis am Ende für sich selbst herausfinden. Egal, für was sie sich entscheiden, es beeinflusst ihre Leistung. Ob die Vorbereitung auch Früchte getragen hat, wird sich dann auf dem Platz zeigen.

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