Vier lange Jahre mussten die erfolgsverwöhnten Anhänger von Galatasaray auf einen Titel warten. Doch nach der 23. Meisterschaft und dem Großangriff auf dem Transfermarkt ist die Euphorie wieder riesengroß. Auch dank Verstärkungen aus der Bundesliga und Know How aus Deutschland.
Erst Basaksehir, dann Besiktas und zuletzt Trabzonspor.
Die Jahre 2020 bis 2022 waren für die Fans von Galatasaray wahrlich keine einfachen. Der Erfolg blieb aus, der Trend zeigte klar nach unten. 2021/22 spielte das Gründungsmitglied der Süper Lig sogar lange gegen den Abstieg und landete am Ende nur auf Rang 13 in der Abschlusstabelle - die schlechteste Platzierung in der Vereinshistorie.
Galatasaray reagiert auf lange Durststrecke
Die Verantwortlichen des türkischen Rekordmeisters reagierten. Mit Mauro Icardi (PSG/Leihe), Dries Mertens (SSC Neapel), Lucas Torreira (FC Arsenal), Sergio Oliveira (FC Porto) und Juan Mata (Manchester United) wurden international gestandene Stars geholt. Im Winter sicherten sich die Türken mit Nicolo Zaniolo (AS Rom) für 15 Millionen Euro Ablöse zudem ihren Königstransfer.
Okan Buruk, als Spieler u.a. mehrfacher Meister und UEFA-Pokalsieger mit Gala und als Trainer Meister mit dem Istanbuler Ortsrivalen Basaksehir, wurde Chefcoach.
Mit Expertise aus Deutschland zurück zum Erfolg
Dazu kamen Expertise und Kno How aus Deutschland: Co-Trainer wurde der ehemalige Bundesliga- und England-Profi Moritz Volz, der u.a. bei RB Leipzig unter Julian Nagelsmann gearbeitet hatte. Fatih Demireli, in München als Sohn türkischer Eltern geboren und als langjähriger Journalist mit einem großen Netzwerk ausgestattet, wurde als Director of Research and Developement verpflichtet. Der 40-Jährige soll die nachhaltige strategische Entwicklung des Vereins vorantreiben und ist auch für Transfers zuständig.
Marco Pezzaiuoli, einst als Bundesliga-Trainer in Hoffenheim und im DFB als Coach mehrerer Nachwuchsteams aktiv, wurde Jugendchef. Der Erfolg setzte prompt ein: Am Saisonende gewann Galatasaray zum ersten Mal seit 2019 wieder die türkische Meisterschaft.
Vizepräsident gibt Europapokal als Ziel aus
Damit sicherten sich die Löwen die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation. Zuletzt hatte der türkische Rekordpokalsieger 2020 an der Gruppenphase der Königsklasse teilgenommen. Der Einzug in die K.o.-Runde gelang zuletzt in der Spielzeit 2013/14. Der UEFA-Cupsieger von 2001 möchte mit seiner großen Anhängerschaft auch international wieder für Furore sorgen.
"Unser kurzfristiges Ziel ist es, erneut einen Europapokal zu gewinnen", kündigte Erden Timur, Galatasarays Vizepräsident, im vergangenen Juli an. Timur hat mit seinem internationalen Netzwerk u.a. die Star-Transfers von Icardi und Zaha möglich gemacht. Langfristig wolle man "zu den zehn besten Teams in Europa zu gehören".
Icardi, Demirbay: Galatasaray mit Transferoffensive
Dafür wurde trotz der erfolgreichen Vorsaison noch einmal mächtig in den Kader investiert. Torjäger Icardi wurde für zehn Millionen Euro fest verpflichtet. Mit Kerem Demirbay (Bayer 04 Leverkusen), Angelino (RB Leipzig/Leihe plus Kaufpflicht) sowie dem ehemaligen Schalker Kaan Ayhan (US Sassuolo/nach Leihe fest verpflichtet) kam auch mächtig Power aus der Bundesliga.
Bei den Transfers von Demirbay und Ayhan war Demireli involviert. "Und es könnte mittel- und langfristig noch der eine oder andere Transfer dazukommen", sagt Demireli im Gespräch mit Sky. Gerade bei Spielern mit türkischen Wurzeln helfe ihm sein eigener Hintergrund: "Ich weiß, wie sie ticken, wie sie fühlen, worauf sie Wert legen."
Uruguayer Muslera als Klubikone verehrt
Für alle Neuzugänge zusammen investierte Gala weniger als 20 Millionen Euro, darunter auch Wilfried Zaha (Crystal Palace), Cedric Bakambu (Al-Nassr) und Halil Dervisoglu (FC Brentford).
Angeführt wird das Team auf dem Platz von Torhüter und Kapitän Fernando Muslera. Die Vereinslegende aus Uruguay hütet seit zwölf Jahren den Istanbuler Kasten. Insgesamt sind knapp die Hälfte der Spieler im Kader Legionäre, Galatasaray setzt auf internationale Klasse und will auch wieder eine Duftmarke auf europäischer Ebene hinterlassen.
"Wir wollen zu den besten zehn Vereinen der Welt gehören"
"Galatasaray hat das Potenzial, eine internationale Topmarke zu werden und da wollen wir hin, dafür gibt es aber noch viele Steps zu gehen", erklärt Demireli, der glaubt, dass Gala sogar das Potenzial hat, "zu den größten 10 Vereinen der Welt zu gehören." Für die frenetischen Anhänger gehört ihr Verein ohnehin schon dazu.
"Unsere aktive Fanszene sucht ihresgleichen", meint Demireli und erinnert sich an eine Reise nach Aserbaidschan: "Als wir mitten in der Nacht in Baku landeten, musste der Flughafen abgeriegelt werden. Ich habe mir gedacht, wie soll der Icardi hier rauskommen? Dann lag plötzlich ein Polizist auf Icardi drauf und wir wurden von hunderten Autos ins Hotel begleitet."
Strategische Partnerschaften geplant - Gespräche mit deutschen Klubs
Das riesige Potenzial, nicht nur das der Fans, auszuschöpfen, sei die Idee des Vereins, betont Demireli: "Wir haben sehr viel vor, Stichwort "Multi Club". Wir wollen ein internationales Netzwerk an Klubs aufbauen - erst in Europa, dann auch in den anderen Kontinenten. Deutschland ist sicherlich auch ein sehr interessantes Ziel, aber wir wollen keinen deutschen Klub kaufen, jedoch versuchen, strategische Partner auf sportlicher Ebene zu finden und sind auch in guten Gesprächen."
Nicht mehr mit an Bord ist Moritz Volz. Der ehemalige 1860-Profi macht in Deutschland den Fußball-Lehrer. "Moritz hat sich bei Gala sehr gut eingebracht und einen guten Job gemacht. Er wird sicher irgendwo als Trainer wieder auftauchen, vielleicht auch bei uns", sagt Demireli.
Galatasaray will zurück in die Champions League
Die neue Mannschaft mit den frischen Zugängen Demirbay und Zaha muss sich erst noch finden. In der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League gegen die litauischen Vizemeister Zalgiris Kaunas tat sich Galatasaray noch sehr schwer. Nach einem 2:2 in Litauen zog das Buruk-Team mit einem 1:0-Rückspielsieg im heimischen Rams Park in die nächste Runde ein. Dort wartet mit Olimpija Ljubljana, das Hinspiel in Slowenien gewannen die Türken locker mit 3:0.
Anschließend würde es in den Playoffs (22./23. und 29./30. August) für Cimbom um die Königsklasse gehen. Die Teilnahme an der Conference League hat man durch das Weiterkommen gegen Kaunas bereits sicher. Doch mit Demirbay und Co. will Galatasaray nicht nur langfristig wieder die Süper Lig dominieren, sondern auch ab sofort wieder auf Europas größter Bühne für Furore sorgen.
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