Als Fredi Bobic bei Hertha BSC zu Saisonbeginn seinen Dienst antrat, war die Euphorie in der Hauptstadt groß. Die riesige Erwartungshaltung hat der neue Hertha-Boss allerdings (noch) nicht erfüllen können.
Hertha BSC hat turbulente Jahre hinter sich. Erst der Einstieg von Millionen-Investor Lars Windhorst, dann der Skandal um das Aus von Jürgen Klinsmann und schließlich das kurze Intermezzo mit Jens Lehmann als Funktionär, der nach einer rassistischen Nachricht an Dennis Aogo den Verein nach wenigen Monaten wieder verlassen musste.
Doch auch sportlich läuft es bei den Herthanern seit geraumer Zeit alles andere als nach Plan. Nach dem Remis des FC Augsburg gegen Borussia Dortmund, ist der Hauptstadtklub auf Relegationsplatz 16 in der Bundesliga abgestürzt. Seit acht Spielen wartet die Hertha nun schon auf einen Sieg.
Das Abstiegsgespenst spukt immer bedrohlicher durchs Olympiastadion. Dabei hatten sich die Berliner Bosse nach Platz 14 im Vorjahr auf eine ruhigere Spielzeit eingestellt. Der Glaube an die Wende ist aber noch da. Hertha hat nach 24 Spielen jetzt 23 Punkte. In der vergangenen Saison waren es zum gleichen Zeitpunkt sogar nur 21 Zähler - und trotzdem blieb Hertha in der Liga.
Bobic überrascht mit Korkut
Grund für den Optimismus ist Fredi Bobic. Eigentlich sollte mit dem Einstieg des 50-Jährigen bei der Hertha wieder Ruhe einkehren. Nie etwas mit dem Abstieg zu tun zu haben war sein Ziel für das erste Jahr. Die Realität sieht aber anders aus, doch worin liegen die Gründe für das enttäuschende Abschneiden und was hat Bobic seit seinem Amtsantritt bewirken können?
Der gebürtige Slowene war im November gezwungen bei Trainer Pal Dardai die Reißleine zu ziehen, weil die Berliner ohne erkennbaren Plan erneut Richtung Abstiegszone trudelten. Mit Tayfun Korkut installierte Bobic anschließend einen Trainer, der drei Jahre ohne Job war. Bobic hatte seinen alten Kumpel aus Stuttgarter Tagen aus dem Hut gezaubert. Noch geht dieser Schachzug von Bobic nicht auf. Denn Korkut holte in seinen elf Ligaspielen nur neun Zähler. Außerdem zog man im Pokal-Achtelfinale zuhause im Derby gegen Union Berlin den Kürzeren.
Mannschaft steckt im Umbruch
Doch der Trainer alleine ist nicht das Problem beim Hauptstadt-Klub. Viel mehr ist es die Mannschaft, die sich nach wie vor im Umbruch befindet. Unter Bobic verzeichnete die Hertha bereits zwölf Zugänge und 15 Abgänge. Schwierige Stars wie Matheus Cunha, Dodi Lukebakio oder Jhon Cordoba wurden verkauft oder zumindest verliehen.
Bobics Ansatz, solche Problemspieler loszuwerden, ist verständlich. Der Geschäftsführer will eine charakterstarke Mannschaft aufbauen, die als Einheit funktioniert. Im ersten Schritt ging dabei aber ein Großteil der Offensivstärke verloren. Zugang Ishak Belfodil war in Hoffenheim nur Stürmer Nummer fünf und ist noch nicht angekommen. Stevan Jovetic verfügt zwar über individuelle Klasse, war aber nicht immer bei 100 Prozent. Der 32-Jährige ist mit sechs Treffern jedoch immerhin Herthas treffsicherster Spieler.
Zum Durchklicken: Die Hertha-Bilanz seit Windhorst-Einstieg
Ein anderer Routinier kann der Mannschaft dagegen kaum helfen. Kevin-Prince Boateng pendelt meistens zwischen Bank und Lazarett und kann so nur schwer als Führungsspieler vorangehen. Auch Youngster wie Jurgen Ekkelenkamp oder Myziane Maolida, die Hertha langfristig weiterbringen sollen, schlugen bisher noch nicht ein und waren bestenfalls Joker.
Suat Serdar, der für acht Millionen Euro von Absteiger Schalke 04 im Sommer kam und als der Königstransfer von Bobic galt, konnte bislang nur selten sein ganzes Potenzial auf den Platz bringen. Immerhin: Marco Richter ließ sein Können mit fünf Treffern bereits das eine oder andere Mal aufblitzen. Die Mannschaft alleine aus der Krise schießen, kann aber natürlich auch der 24-Jährige nicht.
Winter-Zugänge funktionieren noch nicht
Im Winter verpflichtete Bobic zudem Marc Oliver Kempf, Fredrik Björkan, Dong-Jun Lee und Kelian Nsona. Im Gegenzug haben die Hauptstädter in Krzysztof Piatek, Jordan Torunarigha, Deyovaisio Zeefuik und Dennis Jastrzembski vier Akteure abgegeben.
"Ich bin damit zufrieden, weil wir genau das gemacht haben, was wir uns vorgenommen haben", sagte Bobic und erläuterte: "Wir haben verschiedene Transfers gemacht: Mit Spielern, die uns direkt weiterhelfen können, wie Marc-Oliver-Kempf und Fredrik Björkan. Und mit Spielern, die eine gewisse Fantasie mitbringen wie Dong-Jun Lee." Zusätzlich sei es gelungen, ein Talent wie Nsona als "Vorgriff auf den Sommer" bereits jetzt nach Berlin zu lotsen. Während sich Nsona nach einem Kreuzbandriss noch im Aufbautraining befindet, präsentierten sich weder Kempf noch Björkan und Lee als die erhofften Verstärkungen. Der Innenverteidiger, der neu vom VfB nach Berlin kam, läutete beispielsweise mit seiner unnötigen Roten Karte die deutliche 1:6-Klatsche gegen Leipzig ein.
Bobic braucht mehr Zeit
Der Geschäftsführer sah die Hertha mit dem aktuell vorhandenen Personal für die Rückrunde dennoch gut aufgestellt. "Wir haben einen sauberen Kader", erklärte Bobic, der einen Transfer-Überschuss von 22,9 Millionen Euro erwirtschaftete. Das muss man Bobic zugute halten. Fakt ist aber auch, dass der ehemalige Nationalspieler bei Eintracht Frankfurt bewiesen hat, dass er zahlreiche Schnäppchen finden kann, um so einen einen Verein Stück für Stück nach oben zu bringen. In Berlin ist ihm das noch nicht wirklich gelungen.
Klar ist aber auch: Bobic braucht Zeit. Er hat bei der Hertha seit dem vergangenen Sommer nahezu den kompletten Kader umgebaut und könnte im zweiten Jahr seine Vorstellungen sicherlich weiter vorantreiben. Dann vielleicht auch mit einem namhaften Trainer. Laut Medienberichten soll Eindhovens Roger Schmidt Favorit auf den Posten sein. Auch der Name von Ex-Bayern-Coach Niko Kovac fällt immer wieder an der Spree. Solche Übungsleiter kommen aber nur, wenn die Hertha in der Bundesliga bleibt. Das ist aktuell aber keinesfalls sicher, denn der Bobic-Plan geht (noch) nicht auf.
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