Jens Lehmann bei skysport.de über Neuer, Kimmich, Hummels, Müller & Gündogan

Sky exklusiv || Lehmann: "Hätte Hummels und Schlotterbeck aufgestellt"

Von Fabian Schreiner

Image: Jens Lehmann spricht bei skysport.de unter anderem über seine Erinnerungen an 2006 und Manuel Neuer.

Jens Lehmann war bei der WM 2006 Teil des Sommermärchens in Deutschland. Seine Paraden im Elfmeterschießen gegen Argentinien dürften den deutschen Fans noch präsent sein - Lehmann wurde zum Helden. Vor dem Start der Heim-EM traf sich skysport.de mit dem ehemaligen Torhüter.

Lehmann nahm sich für das Interview in einem Cafe in der Münchner Innenstadt rund eine Stunde Zeit. Dabei sprach der 61-fache Nationalspieler unter anderem über seine Erinnerungen an 2006, Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Mats Hummels und wieso er ein Jahr vor der Heim-WM aufhören wollte.

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skysport.de: Herr Lehmann, Sie haben 2006 mit der WM in Deutschland selbst ein Heim-Turnier als Spieler miterleben dürfen. Nehmen Sie uns noch einmal mit: Wie fühlt sich das an? Ist das eher Druck oder pure Freude?

Jens Lehmann: Ich kann mich noch gut an das Eröffnungsspiel damals gegen Costa Rica erinnern. Wir haben uns sehr gefreut, dass wir endlich nach München gekommen sind, da wir noch kurz davor bei zehn Grad und Dauerregen in Berlin trainiert haben. Da hielt sich die Vorfreude in Grenzen. Zumal wir selber gar nicht wussten, wo wir stehen. Da bestand mehr Druck, liefern zu müssen, als eine riesige Vorfreude. Wenn man in so einem Turnier ist, denkt man gar nicht so daran, wie schön das alles ist. Denn man weiß, dass man eine gewisse Erwartungshaltung erfüllen muss. Die vielen Fans zu sehen, mit den vielen Deutschland-Fahnen, war aber sehr emotional. Leider hat man das nicht so häufig mitbekommen, da wir in Berlin abgeschottet gelebt haben. Was dieses Turnier mit dem Land gemacht hat, haben wir zum ersten Mal so richtig im Viertelfinale gegen Argentinien in Berlin erlebt und wenige Tage später im Halbfinale in Dortmund. Das war schon toll, wie die Nation hinter uns stand.

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skysport.de: Sie waren der Held im Viertelfinale gegen Argentinien. Kommt Ihnen dieses Elfmeterschießen als erstes in den Kopf, wenn Sie an 2006 zurückdenken?

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Lehmann: Nein. Für mich war das Eröffnungsspiel in München ein besonderer Moment. Ein Jahr zuvor, bei der Einweihung der Allianz Arena, haben wir mit der Nationalmannschaft gegen Bayern München und Oliver Kahn gespielt. Die einzige Bestimmung bestand darin, dass mich rund 70 000 Bayern-Fans 90 Minuten ausgepfiffen haben. Da habe ich gedacht: Das bringt nichts, wenn ich im nächsten Jahr hier spiele und wollte aufhören. Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und mir dann gesagt: Jetzt erst recht!

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skysport.de: Sprechen wir über DAS Thema, das Fußball-Deutschland bewegt: Manuel Neuer. Der einstige Welttorhüter hatte zuletzt einige Male gepatzt. Bundestrainer Julian Nagelsmann und seine Mitspieler stärken dem 38-Jährigen den Rücken. Sie auch?

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Lehmann: Manuel Neuer ist noch immer einer der besten Torhüter auf der Welt. Es ist gar nicht schlecht, dass er jetzt mal Fehler gemacht hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass er bei der EM noch mal einen Fehler macht, ist sehr, sehr gering.

skysport.de: Nicht Mats Hummels, sondern Antonio Rüdiger ist nun Abwehrchef. Zu recht?

Lehmann: Wenn man so ein Geschenk erhält, dass zwei Innenverteidiger im Finale der Champions-League in einer Mannschaft spielen, und man einen davon nicht mitnimmt, ist das sicherlich ein Fehler. Ich hätte bei der EM Hummels und Nico Schlotterbeck in der Innenverteidigung aufgestellt. Ob Antonio Rüdiger Chef ist, weiß ich nicht. Man muss gut harmonieren, da gibt es weniger eine klare Hierarchie, die benötigt man da nicht so sehr.

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"Würde Gündogan immer spielen lassen"

skysport.de: Ist Joshua Kimmich rechts hinten richtig aufgehoben?

Lehmann: Diese Position ist nach wie vor keine, die von Joshua Kimmich gespielt werden sollte. Wir haben andere Optionen, zum Beispiel mit Yann Bisseck einen jungen Mann bei Inter Mailand, der gerade italienischer Meister geworden ist und dort immerhin 21 Pflichtspiele absolviert hat. Er kann als Außen- und Innenverteidiger spielen. Er wurde gar nicht berücksichtigt. Das finde ich komisch, gerade wenn man auf dieser Position immer ein Problem hat. Ich mag Kimmich als Spieler, ich finde ihn super. Aber er zieht, wenn er kann, immer in die Mitte. Für mich ist er eher im zentralen Mittelfeld in offensiverer Rolle aufgehoben - als eine Art Verbindungsspieler. Denn Kimmich spielt nach wie vor mit die besten Pässe. Auf dieser Position würde er mir Freude bereiten, aber nicht als Rechtsverteidiger.

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skysport.de: An Kapitän Ilkay Gündogan scheiden sich die Geister. Wie beurteilen Sie seine Leistungen?

Lehmann: Ich bin ein Fan von ihm. Ich würde Gündogan immer spielen lassen - genauso übrigens wie Leroy Sane. Gündogan sehe ich jedoch in einer defensiveren Rolle als Musiala und Wirtz.

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skysport.de: Kai Havertz hat im Duell mit Niclas Füllkrug die Nase vorne. Was denken Sie über diese Entscheidung?

Lehmann: Füllkrug hat sich super entwickelt. Er ist vielleicht nicht so talentiert wie andere, aber er ist sehr präsent als zentraler Spieler. Da habe ich als Gegenspieler Respekt vor. Havertz hat in der Premier League sehr gut gespielt. In den entscheidenden Spielen hat er allerdings nicht getroffen. Das hat mich auch ein bisschen enttäuscht. Es ist eine enge Entscheidung zwischen den beiden.

skysport.de: Was kann Thomas Müller dem DFB-Team sportlich noch geben?

Lehmann: Eine Menge. Thomas Müller ist nach wie vor einer der intelligentesten Spieler. Er schaut sich das Spiel von außen an, er schaut sich das Spiel an, wenn er spielt. Er versteht schnell, was er machen muss. Das ist wertvoll. Müller sieht den Raum sehr gut, taucht da auf, wo es gefährlich wird. Er weiß, was die Mannschaft braucht.

ZUM DURCHKLICKEN: Der deutsche EM-Kader

TOR: Manuel Neuer (FC Bayern)
TOR: Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona)
TOR: Oliver Baumann (TSG Hoffenheim)
ABWEHR: Benjamin Henrichs (RB Leipzig)
ABWEHR: Nico Schlotterbeck (Borussia Dortmund)
ABWEHR: Waldemar Anton (VfB Stuttgart)
ABWEHR: Antonio Rüdiger (Real Madrid)
ABWEHR: Jonathan Tah (Bayer Leverkusen)
ABWEHR: Robin Koch (Eintracht Frankfurt)
ABWEHR: Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart)
ABWEHR: David Raum (RB Leipzig)
ABWEHR: Joshua Kimmich (FC Bayern)
MITTELFELD/ANGRIFF: Emre Can (Borussia Dortmund)
MITTELFELD/ANGRIFF: Niclas Füllkrug (Borussia Dortmund)
MITTELFELD/ANGRIFF: Chris Führich (VfB Stuttgart)
MITTELFELD/ANGRIFF: Kai Havertz (FC Arsenal)
MITTELFELD/ANGRIFF: Leroy Sane (FC Bayern)
MITTELFELD/ANGRIFF: Pascal Groß (Brighton & Hove Albion)
MITTELFELD/ANGRIFF: Robert Andrich (Bayer Leverkusen)
MITTELFELD/ANGRIFF: Toni Kroos (Real Madrid)
MITTELFELD/ANGRIFF: Ilkay Gündogan (FC Barcelona)
MITTELFELD/ANGRIFF: Deniz Undav (VfB Stuttgart)
MITTELFELD/ANGRIFF: Florian Wirtz (Bayer Leverkusen)
MITTELFELD/ANGRIFF: Thomas Müller (FC Bayern München)
MITTELFELD/ANGRIFF: Maximilian Beier (TSG Hoffenheim)
MITTELFELD/ANGRIFF: Jamal Musiala (FC Bayern)

skysport.de: Wie schätzen Sie die Engländer bei diesem Turnier ein?

Lehmann: England ist in der Abwehr nicht so sattelfest. Dazu haben sie nicht den besten Torhüter. Alles andere ist top und vorne haben sie mit Jude Bellingham, Phil Foden und Harry Kane Ausnahmespieler. Mit der Abwehr gewinnst du aber die Turniere. Ich traue Frankreich mehr zu.

"Kompany die beste Lösung, die Bayern finden konnte"

skysport.de: In England war auch Vincent Kompany jahrelang aktiv. Der ehemalige Innenverteidiger soll nun den Erfolg beim FC Bayern zurückbringen. Gelingt ihm das?

Lehmann: Kompany ist die beste Lösung, die Bayern finden konnte. Vor der Verpflichtung habe ich gesagt, dass Leverkusen auch in der nächsten Saison wieder Meister werden wird. Jetzt, mit Kompany, bin ich mir nicht mehr so sicher. Er bringt Wissen als Topspieler mit. Das ist Gold wert. Das hat man auch bei Xabi Alonso gesehen.

Das Interview führte Fabian Schreiner.

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