Die Bosse binden den Coach, weil er neben der Mannschaft auch den Verein nach unruhigen Jahren in vielen Bereichen besser gemacht hat, kommentiert Sky Sport Reporter Kerry Hau.
Selten gestaltete sich eine Trainersuche beim FC Bayern so chaotisch und mühsam wie im Frühjahr 2024.
Xabi Alonso, Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann sagten ab, der im Februar bereits über sein Aus nach Saisonende informierte Thomas Tuchel ließ sich auch nicht noch einmal zu einem Verbleib überreden - und das kurzzeitig aufgekommene Gedankenspiel, Hansi Flick zurückzuholen, konkretisierte sich ebenso wenig.
Auf Drängen des neuen Sportvorstands Max Eberl hin fiel die Wahl letztlich auf Vincent Kompany. Ein Wagnis, dachten viele Fans und Experten. Kompany sei eine Notlösung, hieß es in der Öffentlichkeit. Und auch intern gab es zunächst durchaus Bedenken ob der mangelnden Cheftrainererfahrung beim langjährigen Kapitän von Manchester City, der zuvor nur in Anderlecht und Burnley an der Seitenlinie gestanden hatte. Kein Jahr später ist nicht einmal ein Hauch Zweifel an Kompany übrig.
Der Star ist die Mannschaft
Der Belgier hat nach vielen unruhigen Jahren rund um die Säbener Straße für Besonnenheit, Stabilität und Zusammenhalt gesorgt. In der Mannschaft, aber auch im gesamten Verein. Das gesunde Arbeitsklima, von dem er am Tag seiner Vertragsverlängerung sprach, ist das Resultat seines eigenen Auftretens.
Er ist der Boss, lässt aber nicht den Boss raushängen. Es geht ihm immer um die Gruppe. Und er hat seit Tag eins verstanden, dass der Star die Mannschaft ist - und nicht er. Wie schon zu seiner Zeit als Spieler nimmt er sich nicht zu wichtig, sondern agiert auf Augenhöhe. Das zeigt sich vor allem im Austausch mit seinen Spielern, dem Staff und den Mitarbeitern an der Säbener Straße, die alle in den höchsten Tönen von den normalen Umgangsformen des 39-Jährigen sprechen. Aber auch gegenüber uns Medienvertretern.
Ich kann mich an keine Pressekonferenz oder kein Interview mit Kompany erinnern, in dem ich mich nicht respektvoll und fair behandelt gefühlt habe. Zwar liefert er im Gegensatz zu dem einen oder anderen Vorgänger nicht die ganz großen Schlagzeilen und schützt seine Spieler auch nach schlechteren Spielen. Doch das verdeutlicht eben, dass er das Spiel mit den Medien verstanden hat und weiß, wie positiv sich gute Kommunikation auf einen gesamten Klub auswirken kann.
Von der Notlösung zur Traumlösung
Er schafft nahezu keinen Raum für Angriffsfläche, äußert sich immer klar, ehrlich und fair zu den Themen, mit denen wir ihn konfrontieren. Generell ist der Fokus auf das Wesentliche, nämlich den Fußball, für ihn das A und O. Und weil der Fußball der Bayern obendrein auch noch stimmt und er mit seinem Team trotz der Ausfälle von Jamal Musiala und Alphonso Davies einen historisch starken Saisonstart mit elf Siegen aus elf Spielen hingelegt hat, haben sich Eberl und Co. schon jetzt dazu entschieden, den bis 2027 datierten Vertrag des Trainers um zwei weitere Jahre zu verlängern.
Kompanys Teamspirit hat sich inzwischen auch auf die Chefetage übertragen. Es gibt keine unterschiedlichen Lager mehr wie damals unter Tuchel, Nagelsmann und sogar auch noch Flick. Jeder steht hinter dem Trainer, jeder ist überzeugt vom Trainer und dessen Arbeit mit der Mannschaft. Kompany wird bei einem ambitionierten Klub wie dem FCB auch mehr als nur die Deutsche Meisterschaft benötigen, damit das langfristig so bleibt. Aber die positiven Eindrücke im täglichen Miteinander haben am Ende maßgeblich zu dem Entschluss beigetragen, ihm diese Verlängerung anzubieten.
Kompany ist ein Glücksfall für den FC Bayern. Der Spiritus rector, wie Karl-Heinz Rummenigge sagt. Und längst keine Notlösung mehr, sondern die Traumlösung.
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