Atletico Madrid investiert jährlich einen hohen Millionen-Betrag in seine Jugend-Akademie. Von über tausend Talenten schaffen es höchstens drei Prozent ins Profi-Team. Dieser Schritt gelang dem heutigen Kapitän Koke. Die Rojiblancos sind bereits auf der Suche nach einem würdigen Nachfolger der Klub-Ikone.
Der FC Barcelona hat seine berühmte La Masia und Real Madrid schmiedet seine Talente in La Cantera. Im Triell der großen spanischen Klubs hat der amtierende spanische Meister Atletico Madrid vielleicht keine derart namhafte und legendenumwobene Nachwuchs-Akademie, doch eine mindestens genauso spannende.
Auf der Suche nach dem nächsten Jahrhundert-Talent agieren die Colchoneros dabei an vier Standorten: Cotorruelo, Orcasitas, Majadahonda und Alcala - allesamt Stadtviertel oder Vororte der spanischen Hauptstadt. Insgesamt 30 Mannschaften werden dabei tagtäglich allein in Madrid durchforstet.
Identität und Herkunft muss gelebt werden
Doch derart lokal orientiert war die Scouting-Abteilung Atleticos lange Zeit nicht. Noch bis vor rund zehn Jahren bediente man sich vor allem bei anderen größeren spanischen Klubs - aufstrebende Talente wurden nach Madrid gelockt und sollten in kurzer Zeit zu Diamanten geschliffen werden. Heute legt Atleti hingegen großen Wert auf eine Verbundenheit mit Madrid. Die Identität und Herkunft der Rojiblancos sollen von jedem einzelnen Spieler von Beginn an voll und ganz gelebt und die Werte des Klubs repräsentiert werden.
Oder wie ein gewisser Fernando Torres während seiner langjährigen Zeit bei den Rojiblancos einst sagte: "Wir versuchen zu lernen, wie man aufsteht und sich wehrt". Denn als "El Nino" (deutsch: "das Kind") um die Jahrtausendwende mit fünfzehn Jahren in die Akademie der Madrilenen kam, spielte Atletico gerade in der zweiten Liga.
Turbulente Jahre lagen damals hinter dem Klub - es drohte der finanzielle und vor allem sportliche Absturz. Daher legten die Verantwortlichen mehr und mehr Wert auf die eigene Akademie. Schritt für Schritt wurden die einzelnen Abteilungen modernisiert und ausgeweitet.
Akademie als Hauptgrund für die heutigen Erfolge Atleticos
Rückblickend war diese Maßnahme ein Hauptgrund dafür, dass Atletico in den Jahren darauf überhaupt zurück zur Stabilität finden und bis heute zur nationalen sowie internationalen Spitze des Fußballs avancieren konnte. Mit der Neu-Strukturierung wurden die Scouts auch vermehrt international präsent und die Akademie zur Wurzel der heutigen Weltmarke Atletico Madrid - ohne die Verbindung zur Heimat und den eigenen Werten je zu verlieren.
Heute sind es jährlich insgesamt 1.235 junge Talente, 66 Mannschaften, 175 Trainer und ein Budget von 16 Millionen Euro, wie die Sportzeitung AS vorrechnet. Atletico führt damit eine der größten Nachwuchsabteilungen der gesamten Fußball-Welt - und damit nicht genug. Zahlreiche Sportlehrer, Analysten und Sportmediziner agieren zudem tagtäglich im Hintergrund. Allesamt mit einem Ziel: Die neuen Kokes, Torres oder Gabis finden und in kleinschrittiger Arbeit zu echten Perlen formen.
Pass-Statistik als Hauptaugenmerk - Koke-Nachfolger offenbar bereits gesucht
Apropos Koke: Derzeit begeben sich die Scouts offenbar bereits auf die Suche nach einem würdigen Nachfolger des spanischen Mittelfeld-Strategen. Das berichtete die AS. Der Fokus beim Scouting soll demnach gezielt auf die Pass-Statistiken der Jung-Spieler gelegt werden. Kapitän Koke ist zwar erst 29 und dürfte den Rojiblancos mit Sicherheit noch einige Jahre zur Verfügung stehen, dennoch scheint es für die Verantwortlichen nicht zu früh, seine renommierten Scouts rechtzeitig auf die Suche nach einem Erbe der gefeierten Atleti-Ikone zu schicken.
An der Auswahl dürfte es angesichts der vielen Talente in der Akademie zumindest nicht mangeln. Doch lediglich drei Prozent der über tausend Nachwuchs-Akteure könnten letztlich den Sprung ins Profi-Team schätzungsweise tatsächlich schaffen. Eine auf den ersten Blick kleine Ausbeute für eine derart aufwendige Scouting- und Entwicklungs-Arbeit - doch es lohnt sich. Allein mit den Verkäufen von Bayern-Star Lucas Hernandez (mit elf Jahren zu Atletico gekommen), City-Motor Rodri (ebenfalls mit elf Jahren zu Atletico gekommen) und United-Keeper David de Gea (mit 13 Jahren zu Atletico gekommen) erwirtschaftete der Klub knapp 170 Millionen Euro* - ein wahres Kunststück.
Giuliano Simeone: Der nächste Atleti-Trumpf?
Die Bildung der jungen Talente soll dabei trotz der intensiven und akribischen Arbeit auf dem Rasen nicht zu kurz kommen: "Jedes Kind in der Akademie muss lernen und nicht nur spielen" - so lautet zum Beispiel das Dogma der Nachwuchs-Abteilung von San Sebastian de los Reyes, einer Vorstadt von Madrid. "Sie sollen immer einen Plan B haben", erklärt der Leiter der Abteilung, Javier Valleros. Dafür gibt es Psychologen, Lehrer und individuelle Betreuer in den Akademien - mit täglicher Kontrolle des Unterrichts, ständigem Austausch mit den Schulen sowie den Familien.
Die neueste Perle in der Atletico-Akademie hört auf den Namen Giuliano Simeone - und ist kein Geringerer als der Sohn von Trainer Diego. Der 18-Jährige kam im Herbst des vergangenen Jahres nach Madrid und läuft derzeit noch in der U19-Mannschaft der Colchoneros auf - doch der Sprung ins Profi-Team scheint nicht allzu weit entfernt. Giuliano gilt als großes Talent - in der Akademie Atleticos dürfte der Argentinier ohnehin bestens aufgehoben sein.
Und damit der Klub bloß nicht noch einmal einen Spieler vom Kaliber eines gewissen Raul ziehen lassen muss (wechselte 1992 mit 15 Jahren zu Rivale Real, weil die Nachwuchsabteilung Atleticos schließen musste), dürften die Verantwortlichen in den kommenden Jahren alles in ihrer Macht stehende tun, um die beeindruckende Scouting-Arbeit auch weiterhin mindestens genauso erfolgreich fortzusetzen...
*Datenquelle: transfermarkt.de
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