Der FC Bayern München zeigt bei der deutlichen 0:4-Testspielklatsche gegen den AC Mailand ungewohnte Schwächen. Ungeordnet in der Defensive, unkonzentriert im Spielaufbau und fast schon fahrlässig bei der Chancenverwertung.
Wichtige Säulen wie Thiago Alcantara, Arjen Robben oder auch Arturo Vidal fehlen beim Rekordmeister zwar, aber dennoch stellt sich die Frage: Haben die Münchner den Abgang der beiden Routiniers Xabi Alonso und Philipp Lahm unterschätzt? Auf beiden Positionen wurde kein hochwertiger Ersatz verpflichtet.
Die Nachfolge von Philipp Lahm auf der Position des Rechtsverteidigers war schnell geklärt. Nationalspieler Joshua Kimmich sollte den Kapitän beerben - dies stellte Karl-Heinz Rummenigge frühzeitig klar. Bei Rafinha, der selbst seine Chance witterte, kam dies gar nicht gut an. Der Brasilianer konnte seinen Worten zumindest gegen Milan keine Taten folgen lassen. An drei Gegentoren war der 31-Jährige beteiligt und setzte auch in der Offensive kaum Akzente.
Rechter Verteidiger als Problemzone?
Kimmich macht seine Sache auf der rechten Außenbahn in der Nationalmannschaft bislang meist sehr gut und wusste auch beim Confed-Cup-Triumph zu überzeugen. In der letzten Spielzeit setzte Carlo Ancelotti aber kaum auf die Dienste des 22-Jährigen. Sollte Kimmich schwächeln, steht neben Rafinha mit Neuzugang Sebastian Rudy ein weiterer Akteur parat. Der Verlust von Lahm wird dennoch vor allem in den entscheidenden Spielen in der Champions League sicherlich spürbar sein.
Auch Xabi Alonso hat beim Rekordmeister ein Loch hinterlassen. Sowohl Ancelotti als auch Pep Guardiola zuvor setzten in wichtigen Partien mit Alonso und Arturo Vidal auf zwei Abräumer auf der Doppel-Sechs.
Die Rolle an der Seite des Chilenen könnte in Zukunft Javi Martinez einnehmen, aber dann drängt sich die Frage auf: Wohin mit 41,5-Millionen-Neuzugang Corentin Tolisso? Gegen Milan durfte der Franzose neben Martinez auflaufen - und lief oft hinterher. "Der AC Mailand hat den Bayern gezeigt, wie man mit wenigen Spielzügen torgefährlich sein kann" resümiert auch Sky Reporter Uli Köhler.
Wohin mit Tolisso?
Ohnehin sieht sich Tolisso eher als Achter, da er dort seine Offensivqualitäten ausspielen kann. Dort hat er mit Thiago allerdings einen Konkurrenten, der auf eine überragende Spielzeit 2016/17 beim Rekordmeister zurückblicken kann.
Sowohl Tolisso als auch Thiago könnten auch hinter der Spitze Lewandowski agieren. Um diesen Posten kämpfen mit Thomas Müller und Ancelottis Wunschspieler James Rodriguez jedoch bereits zwei weitere Weltklasse-Spieler.
In der Offensive hat der Coach also die Qual der Wahl. Im defensiven Mittelfeld dagegen mangelt es an Abräumer-Alternativen, falls Martinez oder Vidal fehlen sollten. Sollte Ancelotti umdenken und auf einen offensiveren Sechser vertrauen, könnte die defenive Stabilität darunter leiden.
Test nicht überbewerten
Die Bayern werden den Test gegen Milan nicht überbewerten. Das sollten sie auch nicht. Dennoch dürfte die Konkurrenz aus der Bundesliga genau hingeschaut haben.
Vor allem der BVB, dürfte sich Hoffnungen machen, den so übermächtige erscheinenden Bayern nächstes Jahr Paroli bieten zu können. Schließlich haben die Schwarz-Gelben wenige Tage zuvor noch souverän gegen den gleichen AC Mailand mit 3:1 gewonnen.