Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, was Bayer 04 Leverkusen dem FC Bayern voraus hat. Der Sky Experte schreibt zudem über den gescheiterten Bayern-Transfer von Desire Doue.
Der Glaube an die eigene Stärke. Die Gewissheit, jederzeit zurückkommen zu können. Die Energie, die sich aufgrund der Zusammenstellung des Kaders entwickelt hat.
Das Vertrauen und die Wertschätzung untereinander. All das hat Bayer Leverkusen in der vergangenen Saison ausgezeichnet.
Leverkusen hat einen sensationellen Job gemacht
In der Vergangenheit haben immer wieder Leistungsträger den Verein verlassen, man hat Spieler wie Paulo Sergio, Lucio oder Ze Roberto an den FC Bayern verloren. Jetzt geht man souverän mit der Situation um Jonathan Tah um. Simon Rolfes ist kein Lehrling, in seinen Aussagen zu Tah steckt ein kleiner Seitenhieb in Richtung Konkurrenz. Die Leverkusener haben ihre Transfers abgeschlossen, die Mannschaft ist zusammengeblieben, und das hat ganz sicher auch etwas mit Xabi Alonso zu tun.
Der Trainer und die Vereinsführung haben in den vergangenen zwei Jahren einen sensationellen Job gemacht. Sie haben Florian Wirtz gehalten, Alejandro Grimaldo ablösefrei geholt und Victor Boniface für relativ wenig Geld verpflichtet.
Ähnlich wie im vergangenen Jahr hat Bayer 04 einen kleinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Die neue Saison wird aber kein Selbstläufer, denn es kommt die Belastung in der Champions League dazu und der FC Bayern brennt darauf, die vergangene Saison vergessen zu machen.
Bayern will titellose Saison vergessen machen
Der Rekordmeister aus München hat erstmals seit langer Zeit keinen Titel gewonnen. Supercup-Pleite gegen Leipzig, Dritter in der Meisterschaft mit 20 Punkten Rückstand, blamables Ausscheiden aus dem DFB-Pokal, unglückliches Halbfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid.
Mir kann niemand sagen, dass das nicht wehtut oder dass es dem Image des Vereins guttut, denn es geht auch um wirtschaftliche Aspekte, Sponsorengelder und TV-Einnahmen, die man nicht mitgenommen hat.
Zu hohe Gehälter verhindern Top-Transfers
Die Bayern haben ihre Finanzen im Griff, aber man ist vorsichtiger. Das liegt auch an den Spielergehältern, die in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind. Das lag nicht an Uli Hoeneß oder Max Eberl. Leute, die jetzt nicht mehr Verein sind, haben das Gehaltsgefüge durcheinandergebracht.
Wenn Manuel Neuer oder Robert Lewandowski 20 Millionen verdienen, heißt es ja nicht, dass andere Profis auch so viel bekommen müssen. Ausnahmespieler verdienen Ausnahmegehälter. In diesem Punkt hat man etwas die Kontrolle verloren, und das soll jetzt korrigiert werden - was allerdings keine einfache Aufgabe für die Verantwortlichen ist.
Wenn zu viele Spieler zu viel verdienen, kannst du bei Transfers vielleicht auch nicht ins oberste Regal greifen. Du musst zukunftsorientiert denken und vielleicht nicht sagen, "wir kaufen einen Kane", sondern "wir kaufen einen jüngeren Spieler, dessen Marktwert sich im Lauf der Zeit nach oben entwickelt."
Trotz Doue-Absage: Schön, dass Bayern diese Fantasie hat
Auch wenn Desire Doue aus Rennes den Bayern abgesagt hat, ist es schön zu sehen, dass Bayern an solche Spieler herangeht und eine gewisse Fantasie entwickelt hat. Auf der anderen Seite ist der Kader auf den Außenpositionen mit Sane, Coman und Gnabry, Tel und Olise sehr gut besetzt.
Wichtig wird sein, dass die Spieler als Mannschaft funktionieren. Das war vor vier Jahren beim Gewinn der Champions League der Fall, in den vergangenen zwei Jahren hat es nicht funktioniert - vielleicht auch wegen der Führung. Mit Vincent Kompany ist jetzt ein Trainer da, der den Kontakt zu den Spielern sucht.
Leverkusen fehlt noch der Feinschliff
In Leverkusen hat Xabi Alonso eine sehr gute Connection zu allen Spielern. Dennoch gibt es auch bei der Werkself noch viel zu tun. Die Nationalspieler waren bei der EM und der Copa America, die Mannschaft muss sich erst wieder finden, aber da sehe ich auch aufgrund des Umfelds kein Problem.
Dass die Vorbereitungsspiele von den Ergebnissen her nicht optimal gelaufen sind, ist vielleicht ganz gut. So sehen alle, dass der Feinschliff noch fehlt, und werden in den nächsten Tagen weiter daran arbeiten.
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