Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner neuen Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal dreht sich alles um den Start von Niko Kovac beim FC Bayern.
Am heutigen Montag ist offiziell die Ära von Niko Kovac als Cheftrainer beim FC Bayern München gestartet. Kovac muss in der Vorbereitung wichtige Entscheidungen treffen, um zu Saisonbeginn die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Jahr gelegt zu haben.
Niko hat verraten, dass er bereits kurz mit Robert Lewandowski telefoniert hat und er sich auf die Zusammenarbeit mit dem Polen freut. Für mich stand schon vor der enttäuschenden WM-Performance von Lewandowski fest, dass er bei Bayern bleibt. Das Thema ist jetzt aber endgültig erledigt.
An Kovacs Stelle würde ich mich auch freuen. "Lewy" garantiert Tore und Titel. Kovac möchte in München Titel sammeln und erfolgreich sein. Dafür ist er nach München gekommen und auch er wird am Erfolg gemessen werden. Da kann man einen solchen Stürmer gut gebrauchen.
Lewandowski muss mit Leistung zurückzahlen
Ich glaube auch nicht, dass Robert sauer oder beleidigt ist, weil ihn die Bayern nicht gehen lassen. Wer soll denn nach dieser WM ein Angebot unterbreiten, bei dem die Bayern schwach werden? Real auf keinen Fall. Und wo soll er hin, um wirklich behaupten zu können, dass das ein Schritt nach vorne ist und der Verein größer als der FC Bayern? Es gibt nur wenige Klubs, die wirklich viel größer sind.
Bayern war in vielen der letzten Aufeinandertreffen gegen Real Madrid ebenbürtig oder sogar besser und es hat oftmals nur ein kleines bisschen Glück gefehlt. Eindeutig besser war Madrid nur in der Saison 2013/2014, als Bayern 0:1 und 0:4 verlor.
Robert war für mich der beste Stürmer der Welt. Das muss er jetzt wieder zeigen und unter Beweis stellen. Und das sollte sein Ansporn sein. Er sollte seine Wechselwunsch-Pläne in die unterste Schublade stecken und diese so fest wie nur möglich zu machen. Es ist jetzt wieder an der Zeit, mit Leistung zurückzuzahlen, was er vom Klub und den Fans bekommt.
WM-Aus der FCB-Stars ein Nachteil
Viele stellen sich die Frage, ob es für Kovac und den FC Bayern ein Vorteil ist, dass die meisten Spieler bei der WM früh ausgeschieden sind und an der Saisonvorbereitung teilnehmen? Ich sage ganz klar: Nein! Das ist ein Nachteil.
Alle Bayern-Feldspieler, die für Deutschland bei der WM untergegangen sind sowie auch Lewandowski, der sich genauso sang- und klanglos aus Russland verabschiedet hat, müssen von ihrem Trainer wieder aufgebaut und in die Spur gebracht werden. Aber das kann Niko. Da bin ich mir sicher.
Auch wenn einige glauben, dass es ein Vorteil ist, Leistungsträger nach einer WM frühzeitig begrüßen zu dürfen, sehe ich das anders. Ich bin 1990 als Weltmeister zurück zu Inter Mailand und habe die beste Saison meines Lebens gespielt. Dieses einzigartige Gefühl ist unbezahlbar. Ein peinliches Ausscheiden dagegen bringt eine negative Energie mit sich.
Es wird kein Angebot für Boateng geben
Kovac hat auf der Pressekonferenz am Montagmittag verraten, dass er mit dem Boateng in München genauso glücklich werden wird, wie mit dem Boateng aus Frankfurt. Jerome hat im letzten Jahr, auch aufgrund seiner Verletzungen, nicht die Leistung gebracht, die man von ihm erwartet. Er sollte sich wieder darauf besinnen, topfit zu werden, auf dem Platz zu zeigen, was er kann. Dann kann er auch wieder der Leader werden, der er war. Ähnlich wie bei Lewandowski glaube ich, dass es auch für ihn kein Angebot gibt, bei dem die Bosse schwach werden.
In Sachen Kaderplanung stellt sich für Kovac und die Bayern möglicherweise in den nächsten Wochen die Frage nach einem Verbleib von Thiago (dessen WM ebenfalls unterirdisch war) oder Vidal. Sollte ein ordentliches Angebot auf dem Tisch landen, bin ich sicher, dass der Klub gesprächsbereit ist. Zumindest bei einem von beiden. Schließlich hat man mit Goretzka, Martinez, James, Tolisso und Rudy ein Überangebot an zentralen Mittelfeldspielern.
Robben und Ribery sollten sich zurücknehmen
Zum Schluss noch ein Wort zu Franck Ribery und Arjen Robben. Zwei überragende Fußballspieler, die jetzt aber in einem Alter sind, bei dem sie es dem Trainer nicht allzu schwer machen sollten, wenn sie öfter als gewollt eine Pause bekommen oder ausgewechselt werden. Sie sollten dies positiv annehmen.
Es ist nicht zuletzt zu ihrem Schutz und zum Wohle der Mannschaft. Sie werden seltener verletzt sein, sich besser regenerieren und so unterm Strich weiterhin extrem wertvoll für Kovac sein. Sie müssen nun auch den Jungen mal den Vortritt lassen und professionell darauf reagieren.