Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. Dieses Mal spricht er über Bayerns großes Plus im Kampf um das Triple und verrät, welchem Team er im Klassiker am Samstag die Daumen drücken wird.
Als Jupp Heynckes zurück zum FC Bayern kam, wurde nach ein paar Wochen deutlich sichtbar, wie die Mannschaft und der Verein sich jeden Tag Stück für Stück in die perfekte Richtung bewegten.
Jupp hat es verstanden, alles in die richtigen Bahnen zu lenken. Das ging natürlich nicht sofort. Denn als Jupp kam, um Carlo Ancelotti zu ersetzen, lag einiges im Argen. Es hagelte Kritik von außen, der Fußball war unansehnlich, die Stimmung im Team sowie im Klub wurde schlechter und der Rückstand auf Dortmund betrug fünf Punkte.
Es funktionierte auf dem und neben dem Platz sehr wenig. Auch Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß hatten unterschiedliche Ansichten und waren sich nicht in allem einig. Sie haben viele Hoffnungen in die Rückkehr von Jupp Heynckes gesetzt und er hat alle übertroffen.
Heynckes macht den Unterschied
Ja, der Triple-Traum lebt. Heynckes hatte zwar dieselben Spieler wie Ancelotti zur Verfügung. Der Unterschied ist aber: Heynckes hat jeden besser gemacht. Bayern, Real und Barcelona sind so gut wie sicher im Halbfinale der Champions League. Wahrscheinlich folgt auch Liverpool. Ganz abschreiben würde ich Manchester City aber nicht. Sie haben im September in der Premier League 5:0 gegen die Reds gewonnen. Egal, welches englische Team es schafft, die Halbfinals werden Events der Extraklasse.
Real Madrid ist aktuell in der besten Form der Saison. Vor allem in der Champions League haben sie zwei Mal gegen Paris und in Turin gezeigt, dass sie, auch dank Cristiano Ronaldo, in der Lage sind, den Titel-Hattrick zu schaffen. Barcelona hat Messi und solange er in Form ist, muss mit den Katalanen immer gerechnet werden.
Liverpool spielt den typischen Klopp-Power-Fußball und ist an einem guten Tag zu allem im Stande. Mit Mohamed Salah haben auch sie ihren ganz besonderen Spieler. Aber die Bayern haben aktuell einen Teamgeist, einen Zusammenhalt und eben einen Jupp Heynckes, der ganz genau weiß, worauf es ankommt.
Darum sollte Ulreich den Vorzug erhalten
Er hat jedes noch so kleine Detail im Blick. Wie er mit den Spielern spricht, was er ihnen sagt, wie er mit den nicht ganz so einfachen Charakteren in der Mannschaft umgeht, wenn diese mal nicht spielen. Wie die Mannschaft einen Rückstand in Sevilla und in Augsburg gedreht hat, zeigt, dass wirklich alle Spieler aus dem Kader in jedem Spiel alles geben. Das kann man nicht lernen. Und die Chemie zwischen Mannschaft, Klub, Fans und Trainer ist in München aktuell überragend und könnte das große Plus im Vergleich zu den anderen super Teams sein.
Alle vier Klubs, die im Halbfinale stehen werden, wollen und können diesen Pott gewinnen. Aber vom Gefühl her haben die Bayern dieses gewisse Etwas, das am Ende den Ausschlag geben könnte. Vielleicht auch, weil die Spieler wie 2013 für ihren Trainer siegen wollen. Bei der kleinen Feier auf dem Augsburger Rasen am Samstag konnte man ganz klar erkennen, was für ein wunderbares Verhältnis zwischen Jupp und seinen Spielern herrscht. Das war nicht gespielt, das kam von Herzen.
Der Triple-Traum lebt und sollten die Bayern das Finale erreichen, würde ich mich als Trainer im Tor übrigens für Sven Ulreich entscheiden. So wie es aussieht, ist Manuel Neuer bald wieder bereit und kann vielleicht noch das eine oder andere Liga-Spiel absolvieren. Doch zum einen wäre das Risiko noch zu hoch und zum anderen hat es Ulreich aufgrund seiner großartigen Leistungen in den letzten Monaten verdient.
Drücke Gladbach die Daumen
Schön wäre es aus meiner Sicht auch, wenn mein anderer Ex-Klub aus der Liga den Sprung nach Europa schafft und in München gewinnt. Ich drücke dieses Mal der Borussia die Daumen. Schließlich geht es für die Bayern in der Liga um nichts mehr. Auch wenn es Max Eberl nicht gerne hört: Für mich sollte Mönchengladbach immer im Europapokal landen. Allerdings glaube ich nicht, dass die Bayern mit angezogener Handbremse spielen. Leider, für Gladbach.
Schön zu sehen ist die aktuelle Entwicklung des HSV. Nicht erst seit dem verdienten 3:2 gegen Schalke kann Hamburg wieder hoffen. Allerdings ist das Restprogramm der Hanseaten alles andere als vorteilhaft. Sie müssen noch nach Hoffenheim, Wolfsburg und Frankfurt. Zuhause vor den Augen ihres fantastischen Publikums traue ich ihnen Siege gegen Freiburg und Gladbach zu. Aber ob das reicht, wage ich immer noch zu bezweifeln.