Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de. In dieser Woche spricht er über Bayerns Interimstrainer Hansi Flick, das Topspiel und den Abschied von Uli Hoeneß.
Wenn ich abends noch ausgegangen bin, ist Hansi Flick ins Bett. Er war schon 1985 so gewissenhaft, wie er noch heute ist. Ein durch und durch strukturierter Mensch. Sein Auto ist stets sauber, er ist immer zur gleichen Zeit schlafen gegangen, nichts überlässt er dem Zufall. Seine Art ist ruhig und friedlich, seine Arbeit durchdacht und professionell. Ich sehe es wie Oliver Kahn. Der FC Bayern braucht nicht unbedingt einen Trainer der dreimal die Champions League gewonnen hat und ein Weltstar ist.
Was der FC Bayern braucht, ist Ruhe, Geschlossenheit, und die Gewissheit, dass der gesamte Club an einem Strang zieht. Nur dann kann dieser Verein seine gesamte Kraft entwickeln. Wenn Bayern München das Vereins-Credo nicht nur auf dem Trikot stehen hat, sondern auch danach lebt, kommt der Erfolg von ganz alleine.
Bayern braucht eine gemeinsame Trainer-Lösung
"Mia san mia" bedeutet auch, dass in der Trainerfrage alle von der Lösung überzeugt sind. Ich bin sicher, dass Hansi Flick der ideale Cheftrainer sein kann. Wenn er von den Klub-Bossen akzeptiert, respektiert und total unterstützt wird, macht es ihm Spaß und alle werden davon profitieren.
Es muss die Lösung von Rummenigge, von Salihamidzic, von Hoeneß und von allen Entscheidungsträgern sein. Es sollte zum Wohl des FCB nicht mehr davon die Rede sein, dass das der Trainer von Karl-Heinz oder von Uli ist. Dass Hasan ihn gut findet, aber der Oliver ihn vielleicht nicht mag. Das war in den letzten Jahren viel zu oft der Fall. Und zu allem Überfluss, wusste auch noch die Öffentlichkeit darüber Bescheid.
Das ist "Ich bin ich" und nicht "Mia san mia". So wird es für jeden auf der Bayern-Bank unmöglich, eine Ära zu prägen.
Flick hat gezeigt, was in ihm steckt
Hansi hat Kinder, die im Alter seiner Spieler sind, er spricht deren Sprache und hat für jeden ein offenes Ohr. Er ist aber auch taktisch hervorragend geschult und das wissen vor allem die Nationalspieler, die ihn jahrelang mit Jogi Löw erlebt haben.
Wie er die beiden Spiele gegen Piräus und Dortmund geplant und umgesetzt hat, zeigt, was in ihm steckt. Thiago und Coutinho wissen jetzt auch, dass sie ein Problem haben, wenn sie nicht gegen den Ball arbeiten.
Aber auch das, wird ihnen Hansi ruhig und überzeugend gesagt haben. Er würde nie einen Spieler respektlos behandeln oder ihn bloßstellen. Auch die, die jetzt nicht gespielt haben, werden ihre Chance bekommen. Flick ist ein ausgeglichener Mensch und wird deshalb vor allem auf die Balance seiner Mannschaft achten.
Beim BVB fehlt die Balance
Genau die wurde mal wieder bei Borussia Dortmund vermisst. So gut wie jedes Mal, wenn der BVB in den letzten Jahren in München antritt (Zum Spielbericht).
Die Bayern haben in ihrem 4-1-4-1 System dafür gesorgt, dass Favres Spieler meistens mit langen Bällen agieren mussten und Götze und Co. somit auf verlorenem Posten waren. Im Grunde ist es seit Jahren das gleiche Spiel.
Dortmund mit vielen Mankos
Die Bayern-Spieler sind genau in diesen Augenblicken voll da, die Dortmunder gehen genau in diesen Augenblicken regelmäßig unter. Kein Aufbäumen, kein Dazwischenhauen, kein Mut, keine Männer, kein Mumm. Ich habe den Eindruck, dass Neuer, Kimmich, Müller oder Lewandowski es kaum erwarten können, wenn diese Partien anfangen. Die Dortmunder sind jedes Mal froh, wenn sie endlich vorbei sind.
FCB nimmt offiziell Abschied von Uli Hoeneß
Vorbei ist am Freitag offiziell die große Zeit von Uli Hoeneß als Bayern-Boss. Aber nur formell und auf dem Papier. Uli wird sich nie zurückzuziehen. Das kann er, ist er und will er nicht.
Wenn jemand seine Leute attackiert, dann verteidigt er sie. Man muss aber nicht immer seiner Meinung sein und es muss auch erlaubt sein, die Arbeit der Vereinsführung oder der Mannschaft zu kritisieren.
Hoeneß hat diesen Verein zu dem gemacht, was er ist, und deshalb hat er auch das Recht, sich jederzeit einzuschalten.
Ich wünsche Uli am Freitag den Abschied den er sich verdient hat. Ich bin sicher, der Klub und die Mitglieder werden ihm einen unvergesslichen Abend bescheren.