Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner neuen Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen aus der Bundesliga und der Fußballwelt auf skysport.de. In dieser Woche dreht sich alles rund um das Sorgenkind beim FC Bayern: Thomas Müller.
Dass sich Oliver Bierhoff für Thomas Müller stark gemacht hat, kommt für mich nicht überraschend. Zu meiner Zeit ist man als Stammspieler zur Nationalmannschaft gereist. Heutzutage ist es alles andere als ungewöhnlich, dass Spieler aus der Reservisten-Rolle dorthin fahren und erst mal von Trainer Joachim Löw oder eben vom Manager aufgebaut werden.
"Ich hoffe", sagte Bierhoff, "dass sich Bayern bewusst wird, dass er eine Identifikationsfigur ist. Ich würde mir wünschen, dass man als Verein sagt: Der muss spielen. Für ihn kommen die Leute ins Stadion, er hat unheimliche Qualitäten. Und gerade als Stürmer braucht man ein bisschen Rückendeckung."
Ich bin sicher, dass Thomas Müller am Freitag gegen Tschechien spielt, sogar sehr gut, und wahrscheinlich wieder trifft. Wie so oft, wenn er Vertrauen spürt.
Kein Platz im FCB-System?
Sein Problem ist eigentlich ganz einfach: bei Joachim Löw gibt es eine Position für Thomas Müller. Es gibt die Halbposition, auf der er spielen kann. Bei Carlo Ancelotti gibt es diese Position aber nicht. Ancelotti war immer ein Trainer, der Positionsspielern vertraut hat. So wie er es selbst einst als Spieler unter Arrigo Sacchi beim AC Mailand erfahren hat.
Doch genau das ist Thomas Müller nicht. Er ist kein klassischer Zehner, auch kein Neuner und auch keine Sieben. Thomas Müller ist ein Freigeist, für den es im Bayern-System keine Position gibt, weil Ancelotti auf die klassischen Außenspieler setzt, also Arjen Robben und Franck Ribéry.
Das ist das einzige Problem. Es geht überhaupt nicht um seine Qualität. Er ist ein Musterprofi. Er hat sich auch sehr lange auf die Zunge gebissen, ehe er überhaupt öffentlich gemeckert hat und nach 73 Minuten auf der Bank in Bremen nach dem Abpfiff sagte: „Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will. Meine sind scheinbar nicht hundertprozentig gefragt."
Müller steht vor schwieriger Saison
Ich verstehe Thomas Müller dafür. Ich verstehe aber auch Carlo Ancelotti, dass er nicht so sehr auf ihn setzt. Er hat nun einmal mit James Rodriguez seinen Wunschspieler bekommen. Auf den muss er setzen. Thiago, einst Pep Guardiolas Wunschspieler, entspricht auch dem bevorzugten Positionsspieler hinter Robert Lewandowski.
Thomas Müller wird zwar seine Spiele bekommen. Aber ich rechne nicht in den großen Spielen mit ihm. Ich fürchte, dass Karl-Heinz Rummenigge und UIi Hoeneß genau deshalb auch große Bauschmerzen haben. Müller macht nichts falsch, steht aber bei Bayern vor einer weiteren schwierigen Saison.
Die nächste Kolumne erscheint am Dienstag, den 5. September, um 17 Uhr auf Sky.