Marc-Andre ter Stegen musste lange warten, aber ist nun endlich die neue Nummer eins in der deutschen Nationalmannschaft. Das verkündete Bundestrainer Hansi Flick am Montag. Wenn der Barca-Keeper Manuel Neuer aber dauerhaft verdrängen will, muss er nun richtig liefern. Ein Kommentar.
Sein Debüt im deutschen Tor feierte ter Stegen vor knapp elf Jahren. Am 26, Mai 2012 unterlag das DFB-Team mit 3:5 gegen die Schweiz. Der damals 20-Jährige war vier Mal absolut chancenlos, hatte jedoch beim zwischenzeitlichen 2:4 die Finger im Spiel.
So sollte es ter Stegen zu Beginn seiner Nationalmannschaftskarriere noch häufiger gehen. Immer wieder schlichen sich teils unerklärliche Fehler ins Spiel des gebürtigen Mönchengladbachers ein.
Letzter DFB-Titel mit ter Stegen
Während er bei den Fohlen und ab 2014 beim großen FC Barcelona Woche für Woche Topleistungen lieferte, hing ihm in der Nationalmannschaft lange der Makel an, dem Druck nicht gewachsen zu sein. Dabei musste ter Stegen beim DFB oftmals genau dann ran, wenn Ex-Bundestrainer Jogi Löw experimentierte und die Abwehr nicht eingespielt war. Die Hälfte seiner 30 Länderspiele waren dementsprechend auch Testspiele. Doch ter Stegen steigerte sich in den letzten Jahren und lieferte auch mit dem Adler auf der Brust. Den letzten Titel holte Deutschland beim Confed-Cup 2017 - auch dank eines überragenden ter Stegen im Tor.
Auch während Neuers Verletzungspausen in den vergangenen Jahren betrieb er stets Werbung in eigener Sache und nicht wenige Experten sahen ter Stegen beispielsweise bereits bei der WM 2018 in Russland als neue Nummer eins, nachdem Neuer zuvor monatelang wegen eines Mittelfußbruchs gefehlt hatte. Löw entschied sich anders und ter Stegen musste seinem Rivalen auch bei der Euro 2021 und der WM 2022 den Vortritt lassen. Damit ist jetzt Schluss! Ter Stegen ist die Nummer eins und es liegt nun an ihm selbst, diesen Status zu verteidigen und bei den kommenden Großturnieren im Tor zu stehen.
Überragende Saison in Barcelona
Am Selbstbewusstsein fehlt es ter Stegen auf jeden Fall nicht: "Ich glaube, dass meine Leistungen in den vergangenen Jahren gestimmt haben und ich auch in der Nationalmannschaft gereift und bereit für den nächsten Schritt bin", erklärte der Torhüter vor wenigen Tagen im Interview mit dem kicker: "Natürlich ist es mein Anspruch, die Nummer eins zu sein: Bei Barca, aber auch in der Nationalmannschaft. Und ich werde alles dafür tun, dass ich in der Position, die ich jetzt einnehme, meine maximale Leistung zeigen und dem Team helfen kann."
Lässt er diesen Worten Taten folgen, dürfte er Neuer auch dauerhaft verdrängen. Dass er sportlich das nötige Rüstzeug hat, hat er vor allem in Barcelona zu Genüge bewiesen: In LaLiga kassierte er in dieser Spielzeit beispielsweise in 23 Pflichtspielen erst acht Gegentore, blieb dabei unglaubliche 17 Mal (!) ohne Gegentreffer und wird nach fast jeder Partie von der Presse gefeiert.
Ter Stegen muss liefern!
Ter Stegen muss in Neuers Abwesenheit nun auch für Flick derart liefern, dass der Bundestrainer ihn bei der Euro 2024 im eigenen Land - ter Stegens erklärtem Ziel - gar nicht mehr aus dem Tor nehmen kann.
Aktuell spricht viel für den ewigen Kronprinzen: Er ist rund sechs Jahre jünger als Neuer und somit besser für den nötigen Umbruch beim DFB geeignet. Zudem sah Neuer in Katar bei zwei der fünf Gegentreffer in der Vorrunde alles andere als gut aus und leistete sich auch bei den Bayern davor mehr Schwächen als gewohnt. Niemand kann außerdem genau prognostizieren, ob, wann und wie der Bayern-Kapitän zurückkommt. Höchste Zeit also für ter Stegen, endlich die Krone an sich zu reißen.