Noah Atubolu hinterlässt Eindruck. Nicht nur wegen seiner wuchtigen Statur (1,90 Meter groß, wiegt fast 100 Kilogramm) und seinen starken Leistungen auf dem Platz, sondern auch im Interview mit Sky Reporter Fabian Schreiner.
Trotz seines noch jungen Alters (22) ist der gebürtige Freiburger schon sehr reflektiert. Und "Atu", wie er von allen genannt wird, weiß genau, was er will. Er selbst sagt von sich, er habe eine "ganz besondere Einstellung". Ganz wichtig dabei: Seine gute Laune bleibt ihm erhalten.
Mit dem SC Freiburg spielt Atubolu gerade seine zweite Bundesliga-Saison, viermal hielt er dabei zu Null. Unter Trainer-Neuling Julian Schuster läuft's nicht nur für ihn persönlich, sondern auch für die gesamte Mannschaft. Die Freiburger liegen vor dem Duell bei Meister Leverkusen auf Platz fünf.
skysport.de: Herr Atubolu, befinden Sie sich aktuell in Ihrer besten Phase der Karriere?
Noah Atubolu: Ich bin sehr gut drauf. In meiner ersten Saison lief noch nicht alles nach Plan. Da habe ich zwar auch viele gute Leistungen gezeigt, aber es waren eben auch Spiele dabei, die nicht so optimal waren. Das war uns allen aber auch bewusst. Es ist ein Entwicklungsprozess. In dieser Saison bin ich konstanter. Das ist der größte Unterschied. Wir haben einfach eine super Truppe zusammen. Bei uns läuft es richtig gut und das macht es auch für den Einzelnen immer leichter.
skysport.de: Haben Sie im Sommer ein paar Dinge angepasst?
Atubolu: Ich habe in der Sommerpause sehr, sehr viel an mir gearbeitet. Sowohl mental als auch körperlich, weil ich mir für diese Saison sehr viel vorgenommen habe. Ich wusste, dass der nächste Schritt in meiner Karriere in dieser Saison kommen wird. Das wusste ich zu 100 Prozent. Ich habe in der vergangenen Saison gelernt, Ruhe zu finden und die Dinge, die von außen gekommen sind, auszublenden. Ich hatte das davor nicht gekannt. Die Erwartungshaltung an mich war sehr hoch. Für mich war das neu, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Denn das ist eben Teil des Profi-Geschäfts.
"Ich bin sehr selbstkritisch"
skysport.de: Trainer Julian Schuster hatte zuletzt betont, Sie seien sehr fleißig, investieren sehr viel. Haben Sie diese Eigenschaften auch so weit gebracht?
Atubolu: Definitiv. Ich habe eine ganz besondere Einstellung. Ich bin sehr selbstkritisch, selten mit mir wirklich mal zufrieden, extrem hungrig und will immer weiter lernen und mich entwickeln. Das habe ich auch mit in mein Privatleben genommen. Ich habe dann auf Dinge verzichtet, weil ich am Wochenende unbedingt gut spielen wollte.
skysport.de: Wenn man solche Momente, wie etwa am vergangenen Freitag nach dem Heimsieg über den VfL Wolfsburg erlebt, wo Sie am Zaun mit den Fans zusammen feiern, dann weiß man, dass es sich gelohnt hat, oder?
Atubolu: Auf jeden Fall, das berührt einen. Es geht aber schon davor auf dem Platz los, wenn wir gewinnen und ich der Mannschaft helfen kann. Wenn die Fans die guten Leistungen auch noch honorieren, sind das Bonbons.
skysport.de. Der Spielaufbau zählt zu Ihren großen Stärken. Sie sind der Torhüter mit den meisten Ballkontakten.
Atubolu: Der Trainer verlangt das auch. Wir in Freiburg wollen Fußball spielen. Mir kommt das sehr entgegen, denn es ist meine Art und Weise, Fußball zu spielen. Ich mag es sehr, von hinten herauszuspielen. Ich liebe das. Ich war früher in der Jugend auch noch selbst Feldspieler. Jede gute Aktion mit dem Ball gibt mir enormes Selbstvertrauen im Spiel.
skysport.de: Haben Sie eigentlich ein Vorbild?
Atubolu: Über meine gesamte Jugend war Ederson mein Vorbild. Er hat einen überragenden linken Fuß. Im Moment habe ich ehrlich gesagt aber keins. Trotzdem schaue ich mir zum Beispiel sehr gerne Spiele über 90 Minuten von Ederson, Maignan, Courtois oder auch Neuer an, um mir von diesen Spielern auch etwas abzugucken.
skysport.de: Gab es bei Ihnen den einen Moment, wo Sie gemerkt haben, Sie haben es geschafft und sind jetzt Fußballprofi?
Atubolu: Ne, den gab es eigentlich gar nicht. Selbst nach meinen ersten Profispielen habe ich das noch nicht ganz realisiert. So richtig verstanden habe ich es erst in der letzten Saison nach den Spielen gegen Frankfurt oder Augsburg, in denen ich der Mannschaft auch helfen konnte.
skysport.de: Sie haben einen Marktwert von zehn Millionen Euro (Quelle: transfermarkt.de). Damit gehören Sie zu den Top-Fünf bei den Bundesliga-Torhütern. Macht das etwas mit Ihnen?
Atubolu: Klar, ist das schön und sicherlich auch eine Art Belohnung für meine Leistungen. Am Ende ändert es aber nichts an meinem persönlichen Wert. Wichtig ist, was ich auf dem Platz zeige.
skysport.de: Zuletzt kam das Gerücht auf, West Ham United hätte ein Auge auf Sie geworfen. Haben Sie davon gehört?
Atubolu: Ich habe das mitbekommen, aber ich schiebe das beiseite. Wir spielen bisher eine top Saison. Zudem haben wir am Samstag noch ein wichtiges Spiel in Leverkusen. Darauf liegt mein Fokus.
"Zuerst heißt es arbeiten, arbeiten, arbeiten"
skysport.de: Was ist drin für Euch beim amtierenden Deutschen Meister?
Atubolu: Leverkusen ist wieder richtig gut drauf, wir aber auch. Da spielt der Zweite gegen den Fünften. Das ist ein richtiges Topspiel. Die Zuschauer können sich freuen.
skysport.de: Spielt der SC in der kommenden Saison wieder international?
Atubolu: Ich war in unserer letzten Europa-League-Saison dabei und das hat wirklich großen Spaß gemacht. Natürlich wäre ich nicht abgeneigt, wenn es uns wieder gelingen sollte, international zu spielen.
skysport.de: Träumen Sie von der Teilnahme an der WM 2026?
Atubolu: Damit beschäftige ich mich im Moment überhaupt nicht. Wirklich. Es ist ein Traum für Deutschland zu spielen. Aber so etwas ist im Hinterkopf. Zuerst heißt es arbeiten, arbeiten, arbeiten. Am Ende steht und fällt alles mit der eigenen Leistung.
skysport.de: Manuel Neuer wird seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2026 verlängern. Er wäre dann 40 Jahre alt. Können Sie sich auch vorstellen, bis in ein so hohes Alter aktiv Fußball zu spielen?
Atubolu: Ja, auf jeden Fall. Fußball macht mir so viel Spaß. Mein Ziel ist es, solange ich kann zu spielen. Bei Neuer sieht man, was für einen großen Ehrgeiz er mitbringt. Neuer ist nicht ohne Grund der beste Torhüter, den die Welt jemals gesehen hat.
Das Interview führte Fabian Schreiner.
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