In Glasgow lautete das Leipziger Motto: Verlieren verboten! Die Mission ist krachend gescheitert!
Null Punkte nach drei Spieltagen erschwerten das Leipziger Handgepäck auf dem Weg nach Schottland. Neben einer großen Dosis Erwartungshaltung fand sich dort vor allem auch eine erhebliche Portion Druck wieder. Der Rückflug findet mit Übergepäck statt. Die Roten Bullen konnten sich der steigenden Last vorerst nicht entledigen. Zurzeit fehlt es an Überzeugung, Souveränität und Energie. Eine kommentierende Analyse.
RB droht früh in der Saison ein intern formuliertes Ziel zu verfehlen, wenn sich die Mannschaft von Trainer Marco Rose international nicht für die nächste Runde qualifizieren sollte. Ein Tabellenplatz unter ferner liefen versprüht in Kombination mit keinem einzigen Zähler wenig Hoffnung in der reformierten Königsklasse.
Acht bis zehn Punkte, so lautet das Ergebnis der künstlichen Intelligenz, benötigt man für die Top-24. Gegen Inter, Aston Villa, Sporting und Graz muss das Team um Kapitän Willi Orban wohl mindestens drei Siege einfahren. Eine Mammutaufgabe.
Tristesse nach Rekordstart
Rose, der mit seiner Elf noch am Samstagabend beim BVB auf ganzer Linie enttäuscht hatte, verpasste nach der schmerzvollen Topspiel-Pleite einen Auswärtssieg im stimmungsvollen Celtic Park. Erneut verloren die Sachsen nach einer 1:0-Führung. Wieder fand man über weite Strecken der Begegnung kaum Lösungen gegen den Matchplan des Gegners.
Der Blick auf die CL-Tabelle wird ernster als ohnehin schon. Der (Erfolgs-)Druck des 48-jährigen Coach steigt, der jedoch - und das gehört zur Wahrheit dazu - momentan neben Xavi Simons und Xaver Schlager auch auf David Raum und Castello Lukeba verzichten muss.
Wenn vier Unterschiedsspieler verschiedener Mannschaftsteile inklusive der gesamten linken Seite wegbrechen, ist das für RB nur schwer zu kompensieren. In Schottland verlor man zudem Lutsharel Geertruida wegen muskulärer Probleme. Dass Leipzig die Partie im Anschluss zu zehnt beenden musste, weil alle Wechsel ausgeschöpft waren, passt zur Lage.
RB erlebt derzeit eine schwere Phase. Das ist offensichtlich. Der erste Mitarbeiter, der in solchen Momenten den Kopf hinhält und auch gezwungenermaßen hinhalten muss, ist wie immer der Trainer. Rose stellt sich, spricht die auffälligen Probleme in Interviews und Pressekonferenzen an. Dabei versprüht er aber trotz des drohenden K.o.-Schlags in der Champions League und der Pleite in Dortmund Zuversicht. Dennoch ist klar: Diese Phase mit den beschriebenen Begleitumständen geht nicht spurlos am RB-Cheftrainer vorbei.
Vor wenigen Wochen war die RBL-Welt noch sonnig. Neben dem besten Saisonstart der Vereinsgeschichte seit Bundesligazugehörigkeit knackten die Roten Bullen weitere eigene Rekorde. Darunter den der besten Defensive. Das gerät in Zeiten der inflationären englischen Wochen schnell in Vergessenheit.
Leverkusens irre Ungeschlagen-Serie durchbrach RB übrigens auch. Jetzt herrscht aber erstmal Tristesse - als, wohlgemerkt, Tabellenzweiter der Bundesliga.
Aber, nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Auf Leipzig bezogen: Nach der Glasgow-Pleite kommt Borussia Mönchengladbach - oder wie es in Fuschl heißt: Nach dem Druck ist vor dem Druck!
Stillstand & Rückschritt? Inakzeptabel!
Selbstwahrnehmung und Erwartungshaltung von Hauptsponsor Red Bull sind über die Jahre gestiegen. Etliche CL-Qualifikationen, zwei Pokalsiege und ein Supercup-Erfolg (3:0 bei den Bayern) später, erwartet man in der Zentrale des gewaltigen Unternehmens mehr, als dass Leipzig phasenweise oben mithält oder in der Champions League konkurrenzlos mit dabei ist.
Red Bull will mit dem 15-jährigen sächsischen Verein konstant erfolgreich sein, Titel sammeln und die eigene Entwicklung zu einem Top-Klub mit großen Schritten vorantreiben. Fortschritt und Kontinuität stehen oben drüber. Ausgiebige Geduld findet da nicht immer Platz. Erfolg ist die RB-DNA, Siege sind zur Normalität geworden. Stillstand oder gar Rückschritt sind inakzeptabel, nervig und bremsend. Wird nicht abgeklärt gewonnen, so wird sich auf allen Ebenen hinterfragt.
Roses Punkteschnitt von 1,97 (101 Spiele) schützt dabei auch den Fußballlehrer nicht vor den wachsamen, erfolgshungrigen Augen des Energydrinkherstellers und der Klubbosse, wo das Leitmotto "You can do anything" gelebt wird. Der größtmögliche Erfolg ist das Ziel. Dazu gehören weder torlose Unentschieden gegen Union und Aufsteiger St. Pauli noch verdiente Niederlagen gegen Dortmund oder Celtic. Um eine relativ entspannte Länderspielpause zu erleben, sollten die Leipziger jetzt Gegner Gladbach schlagen. Bestenfalls überzeugend.
Die Bosse sollten bei der Bewertungsgrundlage aber auch nicht vernachlässigen, dass der RB-Kader aufgrund der angespannten Personallage aktuell auf dem Zahnfleisch kriecht.
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