Die Bundesliga ist plötzlich wieder spannend. Nach dem deutlichen Sieg im Duell bei Hertha BSC liegt RB Leipzig nur noch zwei Zähler hinter dem FC Bayern. Bei den Sachsen fiebert man einem möglichen Zweikampf um den Titel bereits entgegen.
Sobald sich der FC Bayern an der Tabellenspitze der Bundesliga absetzt, ist die Meisterschaft normalerweise entschieden. Führte der Branchenprimus seit Einführung der Drei-Punkte-Regel das Tableau nach dem 17. Spieltag mit mehr als drei Zählern an, hieß der Meister am Ende immer FC Bayern. Zuletzt verspielten die Münchner im Jahr 2011/12 noch den Titel an den BVB, obwohl man nach dem 17. Spieltag drei Zähler mehr auf dem Konto hatte.
Bayern verspielte erst einmal sieben Punkte Vorsprung
Den größten Vorsprung überhaupt gab der Rekordmeister in der Spielzeit 1995/96 noch aus der Hand, als ebenfalls am Ende Schwarz-Gelb jubelte. Damals hatten die Bayern nach dem siebten Spieltag noch sieben Punkte mehr als der Rivale gesammelt, am Ende aber feierte der Pottklub auf dem Borsigplatz.
Auch in dieser Saison führte der FCB die Liga bereits mit sieben Zählern Vorsprung an. Gerade einmal zwei Spieltage ist das her, aber nach den Patzern gegen Arminia Bielefeld (3:3) und bei Eintracht Frankfurt (1:2) spüren die Münchner wieder den heißen Atem der RB-Konkurrenz im Nacken. Auch weil Leipzig zum ersten Mal in der Saison vier Liga-Dreier in Folge feierte.
"Natürlich freuen wir uns darüber. Das ist tabellarisch wichtig. Wir waren lange Zeit sieben Punkte weg, jetzt sind wir auf zwei dran. Das ist ein gutes Gefühl, da brauch ich nicht drumherum reden", redete Trainer Julian Nagelsmann bei Sky Sport nicht um den heißen Brei herum, während Yussuf Poulsen bereits vorausblickte:
Poulsen erwartet auf "geilen Kampf"
"Wir nehmen das gerne an, dass wir enger dran sind und in den nächsten Wochen noch einen geilen Kampf haben. Aber eigentlich alle in der Spitze, wenn man sieht, wie gut auch Frankfurt und Wolfsburg mitziehen. Deshalb wird es dieses Jahr eine spannende Bundesliga", so der Angreifer hoffnungsvoll.
Darauf spekuliert auch ein etwas überraschter Marcel Sabitzer im Gespräch mit Sky Reporter Stefan Hempel: "Es war nicht zu erwarten, dass Bayern fünf Punkte hergibt. Für uns hat es geheißen, dran zu bleiben und da zu sein, wenn sie mal schwächeln. Jetzt haben wir die Punkte aufgeholt und es sind nur noch zwei. Wenn wir fokussiert sind und an unsere Leistungsgrenze kommen, kann es bis zum Ende ein spannender Kampf werden, aber klar ist auch, dass harte Wochen noch vor uns liegen", so der Kapitän, der den Trend in den kommenden Partien fortsetzen will. In einem Punkt widerspricht der Kapitän seinem Teamkollegen aber, denn Sabitzer hat im Gegensatz zu Poulsen nur zwei Teams im Titelkampf auf dem Zettel:
Zweikampf um den Titel?
"Klar, wir spielen vorne mit. Wir haben uns ein bisschen abgesetzt von Rang drei, vier und fünf und deshalb ist es ein Zweikampf, aber es hilft nichts, immer darüber zu reden. Wir müssen es auch machen und Woche für Woche dranbleiben, sonst kann ich nächste Woche schon wieder was ganz anderes erzählen und mich lachen alle aus."
Für Lacher sorgte die Leistung gegen den Hauptstadtklub nicht, im Gegenteil: Nach einer umkämpften ersten Halbzeit, bestimmte RB das Spiel nach dem Traumtor des Österreichers (28.) und siegte nach weiteren Toren von Nordi Mukiele (71.) und Willi Orban (84.) hochverdient.
Sabitzer freute sich nach dem Spiel, dass sein sehenswerter "Dosenöffner" das Team auf die Siegerstraße brachte, sein Coach mehr darüber, wer sich in die Torschützenliste eintrug. Schließlich waren es Sabitzer und Mukiele, die unter der Woche in der Champions League mit schweren individuellen Patzern die Niederlage gegen Liverpool verschuldeten. "Das ist auch eine sehr gute Reaktion von beiden, weil sie nicht die Köpfe hängen lassen, sondern gleich wieder Gas geben", so Nagelsmann.
Matthäus sieht mentales und physisches Problem bei den Bayern
Generell scheint es, dass RB aktuell mit Rückschlägen etwas besser zurecht kommt, als die Konkurrenz aus München. Manuel Neuer bemängelte am Samstag nach der Niederlage, dass man nichts aus dem Patzer gegen Bielefeld gelernt habe und auch Sky Experte Lothar Matthäus sieht bei Sky90 - die Unibet Fußballdebatte ein mentales und physisches Problem beim Tabellenführer. Die vielen Verletzungen und die Reisestrapazen würden den Münchnern sehr zusetzen und vor allem die vielen Gegentore seien ein großes Problem.
Leipzig steckt verschiedenste Widrigkeiten dagegen scheinbar problemlos weg. Neben des Verlusts des Heimspiels in der Königsklasse und der zusätzlichen Reise nach Budapest, fielen gegen Hertha BSC mit Kevin Kampl und Dayot Upamecano beispielsweise wieder zwei absolute Leistungsträger aus. Sabitzer lässt dies allerdings nicht als Ausrede gelten:
"Jeder hat irgendwo seine Verletzten. Es hilft nicht zu jammern, denn in der Bundesliga hat jedes Team seine vier oder fünf Stammspieler, die fehlen. Natürlich ist es schön, wenn du von Verletzungen verschont bleibst, aber du kannst es nicht ganz abstellen und aktuell macht es Spaß bei uns gerade Fußball zu spielen", erklärte der Matchwinner im Duell mit der Hertha.
Überragende RB-Defensive steht auch gegen Hertha
Der Hauptgrund für den derzeitigen Höhenflug ist sicherlich, dass die Defensive sicher steht, auch wenn Nagelsmann improvisieren muss. Peter Gulacsi hielt in Berlin bereits zum elften Mal seinen Kasten sauber. Ligabestwert. Auch die 18 Gegentore suchen in der höchsten deutschen Spielklasse seinesgleichen.
Und wie wichtig eine starke Abwehr ist, zeigt die Vergangenheit: In diesem Jahrtausend kassierte der Meister in jeder Saison maximal die drittmeisten Gegentore, elf Mal hatte der Titelträger sogar die beste Abwehr in seinen Reihen. Grund zur Sorge also für das Team von Hansi Flick, dass aktuell zusammen mit dem BVB und Werder Bremen nur die sechstbeste Defensive stellt.
Meisterschaft wieder offen
Sollte dieser Trend so weitergehen, könnten die Münchner auch die verbleibenden zwei Punkte schneller verspielen als ihnen lieb ist. Und wer weiß? Vielleicht tritt am Ende sogar etwas ein, was bis vor wenigen Wochen noch undenkbar schien, denn sobald sich der FC Bayern an der Tabellenspitze der Bundesliga absetzt, ist die Meisterschaft normalerweise entschieden. Aber Leipzig hat derzeit offensichtlich andere Pläne.