Und schon wieder ist es Real Madrid. Carlo Ancelottis eigentlich angeschlagene Mannschaft krönt eine weitere Saison - und macht dabei deutlich, dass der Thron des Fußballs auch in Zukunft weiß bleiben wird.
Es scheint eine Garantie zu geben. Eine Garantie auf Erfolg, auf Unvermeidbarkeit, auf Titel. Diese Garantie scheint im Weltfußball lediglich ein Verein zu besitzen: Real Madrid.
Der spanische Rekordmeister erhebt mit aberwitzigen 15 Titeln in der Champions League seinen alleinigen Anspruch auf den Henkelpott, macht ihn beinahe zu seinem festen Eigentum.
Fünf Titel in der Champions League seit 2016 würden eine prägende Konstellation vermuten lassen, einen Superstar als Leistungsträger oder einen Trainer, der den Klub mit seinen Ideen in die Geschichte des Sports zementiert.
Real mit verletzungsgeplagten, dünnen Kader
Doch trotz absoluter Topbesetzung befindet sich der Verein im Umbruch. Madrid verlor in den vergangenen Saisons nicht nur Routiniers, sondern Spieler des höchsten Kalibers. Sergio Ramos, Marcelo, Casemiro, Cristiano Ronaldo und Karim Benzema verließen die Königlichen.
Die vergangene Saison Reals ist in dieser Hinsicht umso beeindruckender. Der Kader war geplagt von Verletzungen. Besonders die Kreuzbandrisse und langwierigen Ausfälle von Torhüter Thibaut Courtois sowie der Innenverteidiger David Alaba und Eder Militao stellten den ausgedünnten Kader von Trainer Carlo Ancelotti auf die Probe. Mit der Verletzung Alabas Ende des vergangenen Jahres kamen erste Sorgen um Madrids Meisterschaft auf.
Mit Benzema fehlte Real ein echter Mittelstürmer, die Verletzungen in der Defensive verleiteten Ancelotti zu einer Umschulung Aurelien Tchouamenis zum Innenverteidiger, ehe dieser selbst einen Ermüdungsbruch im Mittelfuß erlitt.
Madrid trotzt jedem Zweifel
Doch: Neuzugang Jude Bellingham (Vertrag bis 2029) schlug als hängende Spitze im 4-3-3-System ein wie eine Bombe, traf wettkampfübergreifend 23 Mal. Vinicius Jr. (Vertrag bis 2027) schoss 24 Treffer für Real, trotz Ausfällen durch Muskelverletzungen. Andriy Lunin (Vertrag bis 2025) überzeugte im Tor auf ganzer Linie.
Ancelottis Mannschaft, im Winter noch mit verletzungsbedingter Schlagseite, gewann die Liga mit 95 Punkten, zehn vor Verfolger Barcelona. Es folgte der Triumph von Wembley - und das ohne (!) eine einzige Niederlage im ganzen Wettbewerb. Der scheinbar unvermeidbare Triumph der Spanier im CL-Finale macht das ungebrochene Selbstverständnis Reals trotz aller Widerstände unverkennbar.
So weit, so Real Madrid. Und auch die Zukunft ist weiß. Dabei steht der nächste Umbruch bevor: Mit Toni Kroos und in absehbarer Zukunft auch Luka Modric verlieren die Königlichen wieder zwei tragende Säulen der Mannschaft. Doch die Vergangenheit beweist, dass wenig Grund zur Sorge besteht.
Die Zukunft ist weiß
In der kommenden Saison kehrt nach überstandenen Verletzungen mit Courtois, Alaba und Militao ein hohes Maß an Qualität zurück in den Kader - und sorgt für Luxusprobleme wie auf der Torhüterposition. Lunin überzeugte als Ersatz, Courtois glänzte im Finale. Wenn dies einer moderieren kann, dann ein Trainer wie Ancelotti. Doch damit nicht genug.
Mit der Verpflichtung von Kylian Mbappe (ablösefrei, Paris Saint-Germain) steht die Ankunft des größten Sterns am Stürmerhimmel bevor. "Die einzige kleine Sache, die uns vielleicht noch fehlt, ist eine effektive Nummer neun", freute sich Bellingham nach dem Finale bereits auf den PSG-Stürmer.
Der Englänger wird dadurch wahrscheinlich in die Fußstapfen von Kroos treten und auf die Achter-Position rücken. Zudem hat der junge Mittelfeldspieler Arda Güler (Vertrag bis 2029) im Saisonendspurt sein außergewöhnliches Potenzial angedeutet. Und mit dem Brasilianer Endrick (60 Millionen Euro, SE Palmeiras) kommt ein weiteres vielversprechendes Mega-Talent nach Madrid.
Eine Gefahr lauert
Kroos' Karriereende schmerzt dennoch. Mit der Ankunft von Mbappe muss Madrid sich nicht nur taktisch, sondern auch hierarchisch neu finden. Und der Transfer birgt auch eine Gefahr.
Drei Superstars in der Offensive wollen Reals Zukunft prägen, besonders der Franzose ist kompromisslose Hingabe gewöhnt. Potenzial für Machtkämpfe besteht also, doch so lange der Trainer Carlo Ancelotti heißt, dürfte es dafür keinen fruchtbaren Boden geben. Schließlich hat er wie kein Zweiter Egos wie Cristiano Ronaldo, Gareth Bale oder Sergio Ramos gezähmt und geeint.
Und dann hinterlässt auch noch Kroos ein Erbe: Den Glauben an die Zwangsläufigkeit, zu gewinnen. Was es so besonders mache, für Real Madrid zu spielen, fragte ihn der Sender CBS Sport am späten Abend in Wembley. Kroos lächelte: "Man verliert keine Finals. Das ist schonmal ein guter Anfang."
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