Sky Redakteur Thorsten Mesch über Thomas Müllers Zeit in der Nationalmannschaft

Thomas Müller - ein Unikum

Von Thorsten Mesch

Image: Thomas Müller bei der WM 2014 in Brasilien zusammen mit Sky Redakteur Thorsten Mesch.

Thomas Müller beendet seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft. Sky Redakteur Thorsten Mesch erinnert sich an gemeinsame Erlebnisse und würdigt Müllers Verdienste als Mensch und Fußballer.

Mit Thomas Müller verbinde ich meine schönste Zeit als Nationalmannschaftsreporter. Von der WM 2010 bis zum Halbfinal-Aus bei der EM 2016 in Frankreich habe ich ihn bei vier großen Turnieren begleitet.

Müller stand im DFB-Kader für die WM in Südafrika, obwohl er bis dato nur ein Länderspiel absolviert hatte. Im März 2010 in München gegen Argentinien regte sich Diego Maradona im Presseraum der Allianz Arena auf, dass dort irgendein junger Typ auf dem Podium saß, verschwand und kam erst wieder, als Müller weg war. "Ich wusste nicht, dass es ein Spieler war", meinte Maradona später.

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Argentiniens Ikone sollte Müller schnell kennenlernen. Auf den Tag vier Monate später erzielte Müller im WM-Viertelfinale in Kapstadt bei Deutschlands 4:0-Sieg gegen Maradonas Argentinier einen Treffer. Für mich war es eines der besten Spiele, die ich jemals live von einer deutschen Mannschaft im Stadion gesehen habe. Maradona musste nach Hause fliegen, Müller sah zwar dummerweise eine Gelbe Karte und fehlte gesperrt im Halbfinale gegen Spanien, aber er verließ Südafrika als WM-Torschützenkönig.

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Thomas Müller - Weltstar mit Bodenhaftung

Trotz seines kometenhaften Aufstiegs vom Nobody zum WM-Star hob Müller nicht ab, sondern blieb der Bursche aus Bayern. Frech, schlagfertig, immer einen flotten, oft überraschenden Spruch auf den Lippen. Aber auch hintergründig, wenn ich mal in einem Einzel-Interview oder bei einem Sponsoren-Termin etwas länger mit ihm sprechen durfte.

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Auch wenn Thomas Müller bei der Europameisterschaft auf dem Platz keine große Rolle mehr gespielt hat, in der Kabine wurde er gebraucht. Jetzt verkündet er sein Karriereende im DFB-Team - nach 14 erfolgreichen Jahren.

Für uns Journalisten war Müller mit seinen Sprüchen ein Geschenk. Aber er half auch, wenn die Kameras und Mikros mal nicht angeschaltet waren. Einmal hatte ich ein Interview mit Toni Kroos und sollte eigentlich für den Sohn eines Freundes ein Trikot unterschreiben lassen. Doch ich hatte es vergessen und die Security-Mitarbeiter wollten mich nicht wieder reinlassen. In der Hotel-Lobby traf ich Müller und der besorgte mir schließlich die Unterschrift. Nur eine kleine Szene, aber sie sagt viel über den Menschen Thomas Müller aus. Er hilft auch im großen Stil, macht aber kein großes Aufheben darum. Im vergangenen Jahr erhielt er für sein soziales Engagement die Bayerische Staatsmedaille.

"Weltmeister samma! Den Pott hamma!"

Während der WM 2014 sammelte ich mit meinen damaligen Kollegen für eine Social-Media-Aktion Selfies mit Nationalspielern, Müller machte selbstverständlich auch mit. Ein paar Wochen später wurde er dann in Rio Weltmeister. In der Mixed Zone fragte ihn eine Journalistin auf Englisch, was es ihm bedeutet, dass er wieder einer der besten WM-Torschützen geworden sei. Müller antwortete auf Bairisch: "Des interessiert mi an Scheißdreck! Weltmeister samma! Den Pott hamma!"

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Am 3. März 2010 feiert Thomas Müller beim Testspiel gegen Argentinien im Alter von 21 Jahren sein DFB-Debüt. Müller steht bei der 0:1-Niederlage in der Startelf und wird nach 67 Minuten für Toni Kroos ausgewechselt.
Knapp vier Monate später wird Müller bei der WM 2010 der überragende Akteur, trifft doppelt im Achtelfinale gegen England und ebnet beim erneuten Aufeinandertreffen mit Argentinien im Viertelfinale Deutschland den Weg ins Halbfinale.
Mit insgesamt fünf WM-Treffern und drei Vorlagen wird Müller in Südafrika gleich bei seinem ersten Turnier Torschützenkönig.
Die EM 2012 wird für Müller eher zur Enttäuschung. Der Bayern-Star steht nur in der Vorrunde in der DFB-Startelf und hat nach dem Halbfinalaus gegen Italien weder ein Tor noch eine Vorlage beim Turnier beisteuern können.
Bei der WM zwei Jahre später überragt Müller dann wieder. Erneute fünf Treffer und drei Vorlagen gelingen dem DFB-Star, der im legendären Halbfinale gegen Brasilien die Tür zum Schützenfest öffnet.
Nach dem Halbfinal-Spektakel gewinnt Müller mit Deutschland auch das WM-Finale gegen Argentinien mit 1:0 und ist am Ziel seiner Träume.
Auch bei der EM 2016 spielt Müller mit dem DFB-Team ein starkes Turnier. Der damals 27-Jährige steht bei jedem Spiel über die gesamte Dauer auf dem Platz, muss jedoch nach der Halbfinalpleite gegen Frankreich die Heimreise antreten.
Die WM 2018 in Russland wird zum Tiefpunkt für Müller beim DFB. Nach drei schwachen Auftritten scheidet das DFB-Team als Weltmeister in der Vorrunde aus. Müller gerät in die Kritik und wird von Jogi Löw danach aussortiert.
Kurz vor der Europa-EM holt Löw Müller wieder zurück zum DFB. Nach dreijähriger Abstinenz steht der Offensiv-Mann beim 1:1-Testspiel gegen Dänemark gleich wieder in der Startelf der Nationalmannschaft.
Bei der Europa-EM 2021 ist beim DFB-Team Licht und Schatten dabei. Müller steht wieder bei drei Spielen in der deutschen Startelf, vergibt gegen England im Achtelfinale kurz vor Schluss allerdings die Riesenchance auf den Ausgleich.
Die letzte WM für Müller endet leider wie bereits 2018 mit dem blamablen Vorrundenaus. Müller ist auch bei seinem siebten Großturnier noch gefragt und steht bei den drei deutschen Spielen in der Anfangsformation von Hansi Flick.
Auch bei der Heim-EM 2024 ist Thomas Müller mit dabei. Beim Eröffnungsspiel gegen Schottland wird der Routinier eingewechselt und steuert eine Torvorlage bei.
Trotz einer starken Leistung endet die DFB-Karriere von Müller im Viertelfinale gegen Spanien. Müller wird bei seinem letzten Spiel kurz vor Schluss unter tosendem Applaus eingewechselt und verabschiedet sich danach unter Tränen.

Thomas Müller. Ein Original. Ein Unikum. Einer aus dem Volk und für das Volk.

Als mein achtjähriger Sohn mich vor der EM fragte, von welchem deutschen Spieler er sich das Trikot aussuchen sollte, zögerte ich keine Sekunde mit der Antwort.

Ich hätte es Thomas Müller gewünscht, zum Abschied den EM-Pokal in den Händen zu halten. Sein Gesicht nach dem 1:2 im EM-Viertelfinale gegen Spanien war voller Enttäuschung. In Erinnerung werde ich aber sein schelmisches Grinsen behalten. Den Gaudiburschen aus Pähl, aber auch den verdammt guten Kicker, der nicht nur die Fans in der deutschen Nationalmannschaft mit seiner unkonventionellen Art begeistert hat.

Pfiat di, Thomas, schee war's!

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