Sturm-Not beim BVB: Wer soll die Tore schießen?

Favre hat nur einen Angreifer im Kader

Von von Robin Schmidt

Watzke schwärmt vom neuen BVB-Trainer Lucien Favre

Rund fünf Wochen vor dem ersten Pflichtspiel herrscht bei Borussia Dortmund ein großes Vakuum im Angriff. Wie dieses gefüllt werden soll, ist derzeit völlig offen. Sowohl externe als auch interne Lösungen sind vorstellbar.

Die Mittelstürmer-Position bei Borussia Dortmund war zuletzt immer prominent und hochklassig besetzt. Robert Lewandowski sowie Pierre-Emerick Aubameyang schossen zwischen 2010 und 2018 zusammen insgesamt 244 Pflichtspieltore. Das Problem: Aktuell ist beim BVB niemand in Sicht, der in diese großen Fußstapfen treten könnte.

Dem neuen Trainer Lucien Favre steht mit Alexander Isak momentan nur ein nomineller Angreifer zur Verfügung. Der 18-jährige Schwede gilt zwar als großes Talent, doch seine Bundesliga-Tauglichkeit konnte er in den wenigen Einsätzen bislang noch nicht nachweisen.

Dabei kann man Michael Zorc nicht vorwerfen, dass er untätig auf dem Transfermarkt gewesen wäre. Im Gegenteil. Der angekündigte Kader-Umbruch ist in vollem Gange. Für den Angriff hat der Sportdirektor die Königslösung bislang aber noch nicht gefunden. Diese wird wohl auch nicht Michy Batshuayi heißen.

Neustart beim BVB - Favre leitet erstes Training

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Portugal-Talent Leao gehandelt

Der Belgier überzeugte in der vergangenen Rückrunde zwar mit einer hervorragenden Torquote (neun Tore in 14 Spielen), doch neben taktischen Mängeln waren auch seine spielerischen Fähigkeiten außerhalb des Strafraums eingeschränkt. Der Chelsea-Torjäger ist nicht der einzige Name, der mit den Schwarz-Gelben in Verbindung gebracht wird.

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Zuletzt berichtete die portugiesische Zeitung A Bola, dass der 19-jährige Rafael Leao einen Fünfjahresvertrag beim Vorjahres-Vierten unterschreiben soll. "Junge Talente hat der BVB eigentlich genügend im Kader", schätzt Sky Reporter Jesco von Eichmann die Personalie ein.

Der Portugiese könnte allerdings zum Schnäppchen werden. Zusammen mit mehreren Teamkollegen hatte er seinen Vertrag bei Sporting Lissabon nach einer Hooligan-Attacke im Mai fristlos gekündigt. "Wenn er wirklich ablösefrei zu haben sein sollte, dann könnte es sein, dass der BVB zuschlägt", meint von Eichmann.

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Favre erklärt seine Spielweise mit dem BVB

Balotelli kein Thema

Zudem berichtete Sky UK von einem Interesse an Wilfried Zaha von Crystal Palace. Nach dem Wechsel von Andriy Yarmolenko zu West Ham wolle der Champions-League-Teilnehmer demnächst ein Angebot für 25-Jährigen abgeben. Als Ablöse sollen allerdings rund 55 Millionen Euro im Gespräch sein und "er ist eher der Spielertyp 'Vorbereiter', der vorzugsweise über die Außen kommt. Und da ist der BVB doppelt und dreifach gut besetzt", sagt von Eichmann.

Ablösefrei zu haben wäre dagegen Mario Balotelli. Sein Name geisterte auch durch Dortmund, zumal er in Nizza unter Favre wieder in die Erfolgsspur fand. Ein Wechsel gilt aber als unwahrscheinlich, will man bei den Schwarz-Gelben doch wieder vermehrt auf Identifikation und Disziplin setzen. "Das sind Werte, die nicht unbedingt auf Balotelli zutreffen", stellt von Eichmann fest.

ANDREJ YARMOLENKO: Kam in der Saison 2017/2018 für rund 25 Millionen Euro von Dinamo Kiew. Nach nur einer durchwachsenen Saison verkauften die Schwarz-Gelben den Angreifer für 20 Millionen Euro an West Ham United.
ADNAN JANUZAJ: Er galt lange als großes Talent und wurde im Winter 2016 von ManUnited ausgeliehen. Doch nur ein halbes Jahr später wurde das Leihgeschäft abgebrochen. Seit 2017 kickt er bei San Sebastian.
FLAVIO CONCEICAO: Der Brasilianer wurde 2003 von Real Madrid ausgeliehen und erzielte bei seinem Debüt gegen Schalke kurz nach seiner Einwechslung den Anschlusstreffer zum 1:2. Es war sein einziges Highlight, danach folgten nur noch 15 Einsätze.
JULIAN SCHIEBER: Der Angreifer wechselte 2012 für 5,5 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zum BVB, der Durchbruch blieb ihm allerdings verwehrt. In zwei Jahren erzielte er nur sechs Tore. Derzeit steht Schieber beim FC Augsburg unter Vertrag.
BACHIROU SALOU: Der Angreifer kam 1998 mit großen Ambitionen nach Dortmund. Er wurde für 4,2 Millionen Euro vom MSV Duisburg geholt, traf in 29 Pflichtspielen aber nur sechs Mal. Daher wurde er ein Jahr später an Eintracht Frankfurt verkauft.
MIKEL MERINO: Ein weiteres Talent, das sich nicht durchsetzen konnte. Der Spanier wurde 2016 für knapp vier Millionen Euro von Osasuna geholt und bestritt nur neun Spiele. Immerhin: Für sieben Millionen Euro wurde er an Newcastle verkauft.
KEVIN KAMPL: Im Winter 2015 wurde der Slowene für satte zwölf Millionen Euro von RB Salzburg geholt. 14 Mal kam er im schwarz-gelben Trikot zum Einsatz, überzeugen konnte er dabei aber nicht. Nach nur acht Monaten wechselte er zu Leverkusen.
THOMAS HÄSSLER: Nach dem Abstieg des Karlsruher SC wechselte er 1998 ablösefrei ins Ruhrgebiet und sollte für die großen Glanzmomente im Mittelfeld sorgen. Diese waren rar gesät. Nach nur 19 Einsätzen und drei Toren ging es weiter zu 1860 München.
CIRO IMMOBILE: Das große Rätsel. Gekommen für 18,5 Millionen Euro als Torschützenkönig der Serie A, war er in der Bundesliga ein Schatten seiner selbst. Nach zehn Toren wurde er nach einem Jahr abgegeben. Seitdem trifft er bei Lazio nach Belieben.
MARIO GÖTZE: Nach drei zwischenzeitlichen Jahren in München kehrte der verlorene Sohn 2016 für 22 Millionen Euro nach Dortmund zurück. Nun trennte man sich im Einvernehmen, denn für beide Seiten erwies sich das erneute Engagement als Flop.
VICTOR IKPEBA: Der Nigerianer zählt zu den größten Fehleinkäufen. 1999 wurde er für sechs Millionen Euro vom AS Monaco geholt, doch in Dortmund kam er gar nicht zurecht. Nach nur vier Toren in 37 Spielen zog er 2002 weiter nach Libyen zu Al-Ittihad.
ÖMER TOPRAK: 12 Millionen Euro überwies der BVB an Leverkusen für die Dienste des Innenverteidigers. Nach zwei Jahren ohne Stammplatz wurde der Türke nach Bremen verliehen. Aufgrund des Klassenerhalts wechselt Toprak nun fix für etwa 3,5 Millionen.
NELSON VALDEZ: Auch der Paraguayer konnte die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Wie zuvor in Bremen schaffte er auch im BVB-Trikot nicht den Sprung zum Stammspieler. Zwischen 2006 und 2010 gelangen ihm 18 Tore, danach ging es zu Hercules.
EMRE MOR: Für zehn Millionen sicherte sich der BVB 2016 die Dienste des türkischen Ausnahmetalents. Der Transfer entpuppte sich als Missverständnis, nach nur einem Jahr wurde er an Celta Vigo verkauft. Nun steht er bei Galatasaray unter Vertrag.
MARIUS WOLF: Der ehemalige Frankfurter kam 2018 für festgeschriebene fünf Millionen Euro nach Westfalen. Nach einer Saison ohne echte Einsatzchancen verlieh der BVB den 25-Jährigen an die Hertha. Seine Zukunft ist noch ungewiss.
ANDRE SCHÜRRLE: Der Vertrag des Weltmeisters wird im Sommer 2020 frühzeitig aufgelöst. Vier Jahre zuvor hatte der BVB noch rund 30 Millionen Euro für den bis dahin teuersten Neuzugang der Vereinsgeschichte ausgegeben.

Sturm-Lösung erst im Winter?

Gegenüber Reviersport hatte Zorc zuletzt deutlich gemacht, dass kein Stürmer einfach nur um des Verpflichtens Willen geholt werde. Heißt im Umkehrschluss: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Favre zunächst intern eine kreative Lösung für die Neuner-Position finden muss.

In Gladbach hat der Schweizer bereits bewiesen, dass ein System mit spielenden Halbstürmern erfolgreich sein kann. Als Kandidaten für diesen Part kämen in erster Linie wohl Maximilian Philipp und Marco Reus in Frage.

Fakt ist: Bei der Stürmer-Suche wird noch viel Geduld gefragt sein. Möglicherweise sogar bis zur nächsten Transferperiode im Winter. "Der Kader-Umbau kann auch länger dauern. Das werden wir nicht in einer Transferperiode schaffen", prophezeite Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bereits bei Favres Vorstellung.