Wie geht es weiter mit Sven Mislintat? Diese Frage beschäftigt den VfB Stuttgart schon die gesamte Saison. Für die einen ist der Sportdirektor der Messias, der dem VfB wieder eine klare Identität und ein Gesicht gegeben hat. Für die anderen ist er ein Selbstdarsteller mit zu großer Machtfülle.
Nach der Rückkehr aus den USA soll an diesem Donnerstag die Gespräche zwischen Mislintat und dem Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle beginnen. Eine Entscheidung darüber, ob der Vertrag des 50-Jährigen verlängert wird, soll zeitnah fallen. Sky Sport blickt auf die bisherige Arbeit von Sven Mislintat zurück..
Die Transferbilanz
Der Kader des VfB Stuttgart trägt ganz klar die Handschrift von Sven Mislintat. 37 Spieler hat er seit seiner ersten Transferperiode im Sommer 2019 für die erste Mannschaft verpflichtet (Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nicht mitgerechnet), 37 Spieler hat er abgegeben. Dabei ist er in vielen Fällen seinem Ruf als Diamantenauge gerecht geworden. Hochtalentierte Spieler entdecken, die ihre Leistung und damit ihren Marktwert schnell steigern, ist die Spezialität von Sven Mislintat.
Die Verpflichtungen von Sasa Kalajdzic, Silas, Gregor Kobel und Wataru Endo hatten einen entscheidenden Anteil daran, dass der VfB den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga geschafft und sich seitdem dort gehalten hat. Dazu kommen Spieler wie Waldemar Anton, Konstantinos Mavropanos oder Serhou Guirassy, die im aktuellen Team zu den Leistungsträgern zählen oder auf dem besten Wege dahin sind (Hiroki Ito, Naouirou Ahamada).
Zur Wahrheit gehört aber auch: Viele der talentierten, jungen Spieler konnten die in sie gesetzten Erwartungen nie erfüllen. Mateo Klimowicz, Tanguy Coulibaly, Wahid Faghir, Ömer Beyaz, Maxime Awoudja,…: Die Liste der (Stand jetzt) gescheiterten Talente beim VfB Stuttgart ist in etwa genauso lang wie die Liste der Verstärkungen. Genau da liegt auch das Problem der VfB-Strategie: Bei jungen Spielern besteht immer das Risiko, dass sie sich nicht entwickeln wie gewünscht. Passiert das bei zu vielen, wird es schwierig, in der Bundesliga konkurrenzfähig zu bleiben.
Die finanzielle Bilanz
Spielerverkäufe haben dem VfB Stuttgart in den letzten Jahren die Bilanz gerettet. 164 Millionen Euro hat Sven Mislintat in seiner Amtszeit durch Transfers eingenommen. Nur 67 Millionen Euro konnte er ausgeben. Summa summarum bleibt also ein Nettoüberschuss von knapp 100 Millionen Euro in vier Jahren, der investiert werden konnte, um die Umsatzeinbrüche durch den Abstieg in die zweite Liga und die Corona-Pandemie zu kompensieren. Zusätzlich wurden die Gehälter der Profimannschaft um etwa 10 Millionen Euro im Jahr gesenkt.
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Die Transfereinnahmen sind Sven Mislintat nur zum Teil anzurechnen. Ein Großteil des Geldes wurde durch Spieler generiert, die noch von Vorgänger Michael Reschke verpflichtet wurden. Einige der Mislintat-Transfers wie Silas oder Konstantinos Mavropanos zeigen jedoch die Leistung und das Potential, um zu den nächsten Verkaufsschlagern der Schwaben zu werden. Auf jeden Fall muss auch die Tatsache, dass in jeder Saison Leistungsträger abgegeben werden müssen und nur ein Bruchteil des Geldes reinvestiert werden kann, bei der Bewertung der sportlichen Situation berücksichtigt werden.
Die kommunikative Bilanz
Sven Mislintat ist wegen seiner offenen und emotionalen Art bei den Fans beliebt. Der Sportdirektor gibt eine klare sportliche Linie vor und schafft es, diese verständlich und nachvollziehbar zu erklären. Er ist sich auch nicht zu schade über fünf Stunden als Gesprächspartner im Podcast STR zur Verfügung zu stehen. Der gebürtige Kamener eckt aber auch immer wieder an. Mit öffentlichen Statements über seinen auslaufenden Vertrag und Updates über die (ausbleibenden) Gespräche über eine Verlängerung macht er sich im Umfeld des Vereins nicht nur Freunde.
Fazit
Sven Mislintat ist sicher nicht der Messias. Seine Transferbilanz ist durchwachsen, bei weitem nicht alle Spieler haben die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Sportlich kämpft die Mannschaft zurecht um den Abstieg und Kritik an der aktuellen Kaderstruktur ist durchaus berechtigt. Aber der Sportdirektor hat auch viele Spieler entdeckt, die dem VfB sportlich und finanziell helfen. Zumal er nur mit den Mitteln arbeiten kann, die er zur Verfügung gestellt bekommt - und die sind beim VfB Stuttgart überschaubar.
Wer jedes Jahr seine besten Spieler abgeben muss, kann nicht erwarten, dass sich der Kader sportlich weiterentwickelt. Den Blick nur auf die Tabelle zu richten, wird der Arbeit von Sven Mislintat nicht gerecht. Solange der Verein weiter 25 Millionen Euro pro Jahr durch Transfers einnehmen muss, ist mehr als der Kampf um den Klassenerhalt nicht realistisch - egal wie der Sportdirektor heißt.
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