Bayern-Reporter Torben Hoffmann macht einen Vorschlag, wie junge Spieler künftig mehr Einsatzzeiten bekommen könnten.
Mit sechs Nachwuchsspielern war der FC Bayern zur Klub-WM gereist.
Adam Aznou, Lennart Karl, Maurice Krattenmacher, Cassiano Kiala, Jonah Kusi-Asare und David Santos Daiber gehörten in den USA zum Kader des deutschen Rekordmeisters, doch nur zwei durften spielen.
Karl erhielt beim 10:0 gegen Auckland in der zweiten Halbzeit seine Chance, Aznou wurde in der Schlussphase eingewechselt. Insgesamt kamen die Youngsters auf nur 53 Einsatzminuten, was für Kritik sorgte.
Barca als Vorbild? "Man muss die Situation betrachten"
Der FC Barcelona wird häufig als Maß aller Dinge bezeichnet, wenn es um erfolgreiche Jugendarbeit geht. Superstar Lamine Yamal ist das Aushängeschild des amtierenden spanischen Meisters. Dass bei Barca ein Teenager wie Pau Cubarsi (18) Abwehrchef ist, hat einerseits mit seinem Talent zu tun, andererseits hatte der Verein aufgrund seiner finanziellen Situation zuletzt Probleme, neue Spieler zu registrieren.
Der FC Chelsea, frisch gekürter Klub-Weltmeister, war wegen einer Transfersperre darauf angewiesen, auf junge Spieler zu setzen.
Man müsse die jeweilige Situation betrachten und könne nicht einfach sagen "der Bayern-Campus funktioniert nicht", meint Sky Sport Reporter Torben Hoffmann.
Nur Freiburg und Mainz setzen mehr eigene Talente ein
Setzen die Bayern zu wenig auf ihre eigenen Talente? Wenn man in die Statistik blickt, lautet die Antwort "nein".
In der vergangenen Bundesligasaison kamen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nur in Freiburg und Mainz zu mehr Einsatzminuten (beide über 9600) als in München (5397).
Aktuelle Stars wie Jamal Musiala, Aleksandar Pavlovic, Josip Stanisic und Thomas Müller, der in den USA zum letzten Mal für die Münchner auflief, kommen alle aus dem Bayern-Nachwuchs.
Doch viele Talente schafften den Sprung in den Profikader nicht.
Yildiz: keine Perspektive bei Bayern
Kenan Yildiz, geboren und aufgewachsen in Regensburg, spielte zehn Jahre lang in der Bayern-Jugend, ehe er 2022 zu Juventus Turin wechselte. "Yildiz hat in München keine Perspektive gesehen", sagt Sky Sport Reporter Torben Hoffmann, "in Turin wurde ihm ein klarer Weg aufgezeigt, den er bei Bayern nicht gesehen hat."
Der mittlerweile 20-jährige Yildiz hat mittlerweile 62 Spiele (9 Tore) für Juve und debütierte bei der EM 2024 in der türkischen A-Nationalmannschaft.
Warum hat Bayern Stiller nicht zurückgeholt?
Bei Angelo Stiller war es ähnlich. Der gebürtige Münchner spielte zehn Jahre lang in der Bayern-Jugend und war danach einer der Leistungsträger bei den von Sebastian Hoeneß trainierten FCB-Amateuren. Doch auch Stiller sah keine Perspektive in seiner Heimat. Er folgte Hoeneß 2021 nach Hoffenheim und 2023 nach Stuttgart. Mit dem VfB wurde er 2024 Vizemeister, im September des vergangenen Jahres feierte er sein Länderspieldebüt.
"Bayern München muss sich die Frage stellen, warum man nicht auf die Idee gekommen ist, Spieler wie Stiller zurückzuholen", meint Hoffmann. Die Bayern verpflichteten hingegen Joao Palhinha für mehr als 50 Millionen Euro.
Der Portugiese war schon 2023 der Wunschspieler des ehemaligen Bayern-Coaches Thomas Tuchel. Als Palhinha ein Jahr später im zweiten Anlauf verpflichtet wurde, war Tuchel bereits entlassen.
Fehlende Kontinuität auf der Trainerbank
Die fehlende Kontinuität auf der Trainerposition erschwert auch die Integration von Talenten in die Profimannschaft. Seit dem Abschied von Pep Guardiola im Jahr 2016 waren alle Trainer kürzer als zwei Jahre in München.
Tuchels Nachfolger Vincent Kompany wurde zuletzt kritisiert, weil er den Nachwuchsspielern kaum Einsatzzeiten gegeben hatte. Fehlt dem Belgier etwa der Mut?
"Die Stars bei Laune zu halten und nebenbei Talente zu entwickeln, ist nicht so einfach", sagt Hoffmann. "Der Anspruch bei Bayern ist enorm hoch. Vereine wie Freiburg und Mainz haben diesen Druck nicht."
Erfolgsdruck macht es jungen Spielern schwer
Während für Freiburg die Teilnahme an der Europa League und für Mainz die Qualifikation zur Conference League große Erfolge sind, ist in München mindestens ein Titel Pflicht. Der Erfolg steht im Vordergrund, junge Spieler müssen sich hintenanstellen.
Wenn sie Spielpraxis im Profibereich sammeln wollen, bleibt ihnen oft kein anderer Weg als eine Leihe oder ein Vereinswechsel.
Paul Wanner wurde nach Elversberg und anschließend nach Heidenheim ausgeliehen. Frans Krätzig wechselte nach dem Ende seiner Leihe zum FC Heidenheim in diesem Sommer zu RB Salzburg.
Krattenmacher zieht positives Fazit der Klub-WM
Maurice Krattenmacher, der Ende Juni auf Leihbasis an Hertha BSC abgegeben wurde, zog auch ohne eine einzige Einsatzminute bei der Klub-WM ein positives Fazit: "Die Erfahrung war unbeschreiblich. Ich konnte sehr viel lernen", sagte er dem General-Anzeiger aus Bonn: "Ich war auch beeindruckt, wie gut ich aufgenommen wurde, mit den Besten der Besten zu trainieren, in der gleichen Umkleidekabine zu sein, war fantastisch."
Garantierte Einsatzzeiten für junge Spieler als Lösung?
Doch wie kommen junge Spieler in München zu mehr Einsätzen?
Man könne vor der Saison messbare Ziele als Klubregeln festlegen, schlägt Hoffmann vor. Zum Beispiel eine Mindestanzahl von Spielminuten pro Spielzeit, die der Trainer den Spielern geben müsse.
Geduld und Mut sind gefragt
Wie gut ist also der Bayern-Campus?
"Er ist gut, er bildet aus", meint Hoffmann, "aber es ist nicht so einfach, in einer Profimannschaft mit internationalen Topstars eine Kaderhygiene hinzubekommen und das Triple gewinnen zu müssen. Dafür bedarf es Geduld. Und Mut."
Mehr zu den Autoren und Autorinnen auf skysport.de
ALLES was du brauchst! Bundesliga und 2. Bundesliga LIVE auf Sky Sport!
Erlebe die nächste Saison mit noch mehr Live-Spielen bei Sky Sport: Der neue Flutlicht-Freitag, ALLE Samstagspiele der Bundesliga, inklusive Topspiel sowie die komplette 2. Bundesliga.
Mit "My Matchday" kein Tor verpassen am Samstagnachmittag, dazu alle Sonntagsspiele der Bundesliga direkt nach Abpfiff in voller Länge.
Jetzt informieren auf sky.de/bundesliga!