WM 2022: Kommentar zur deutschen Niederlage gegen Japan

Kommentar zum bitteren Auftakt: Abwehr umbauen oder Koffer packen

Von Sven Westerschulze direkt aus Katar

Image: Niklas Süle würde die Abwehr in der Innenverteidigung stabilisieren - meint Sky Reporter Sven Westerschulze.

Die deutsche Mannschaft startet blamabel in die WM 2022. Vor allem die Defensive macht Sorgen. Sky WM-Reporter Sven Westerschulze hat eine klare Meinung, was Flick nun verändern muss.

Auweia, DFB! Nach der 1:2-Niederlage gegen Japan werden dunkle Erinnerungen an die WM 2018 in Russland wach. Wie damals kassiert die Mannschaft eine überraschende Auftaktpleite, wie damals üben Anführer im Anschluss Kritik an ihren Teamkameraden. Was Mats Hummels 2018 tat, machen jetzt Manuel Neuer ("Es hat sich nicht jeder gezeigt") und Ilkay Gündogan ("Man hatte das Gefühl, dass nicht jeder den Ball unbedingt haben wollte").

Hansi Flick hat Ilkay Gündogans Kritik - ''nicht jeder wollte den Ball'' - in Schutz genommen und gesagt, dass der Spieler ''alles so sagen könne''.

Die (Ab-)Stimmung in der Mannschaft stimmt nicht. Oliver Bierhoff hatte am Wochenende anklingen lassen, dass die kurze Vorbereitungszeit - obwohl für alle Mannschaften gleich - für unsere Truppe ein Nachteil sei. Weil sie immer im Kollektiv, als Einheit überzeugte statt durch überragende Einzelspieler. Seine Worte klingen immer noch nach einer vorgebauten Ausrede im Falle des Scheiterns. Recht haben könnte er trotzdem.

Süle muss gegen Spanien in die Innenverteidigung

Dieser Inhalt kann auf dieser Seite leider nicht angezeigt werden
Komplette Version hier anschauen

Auf dem Platz wurde die fehlende Abstimmung bei beiden Gegentoren deutlich. Daran trägt auch Hansi Flick eine Mitschuld. Niklas Süle, beim BVB aus der Not zum Rechtsverteidiger umfunktioniert, mit deutlich weniger Not plötzlich auch dort aufzustellen, war ein Fehler. Und den beim BVB seit Wochen formschwachen Nico Schlotterbeck dafür ins Zentrum zu stellen ebenfalls.

Die Noten des DFB-Teams gegen Japan:

MANUEL NEUER: Lange Zeit kaum gefordert. Dann war der Keeper da, als Ito auf einmal vor ihm auftauchte und er mit einem starken Reflex den Ausgleich verhinderte. Beim ersten Gegentor machtlos, beim zweiten Treffer etwas unglücklich. Note: 3
DAVID RAUM: Holte mit einem seiner vielen Vorstöße den Elfmeter zum 1:0 heraus und war offensiv präsent (31.). Defensiv in der zweiten Hälfte aber wieder mit bekannten Schwächen, baute auch im Spiel nach vorne ab. Note: 4
NICO SCHLOTTERBECK: Die Überraschung in der deutschen Abwehrreihe. Zuletzt mit einigen Wacklern - und die stellte er auch gegen Japan nicht ab. Hing beim Ausgleich mit drin und ließ sich vorm 1:2 böse von Asano abkochen (83.). Note: 5
ANTONIO RÜDIGER: Direkt in der Startelf nach drei Wochen Verletzungspause. Hatte lange Zeit alles im Griff - dann kam die Schlussviertelstunde. Auch Rüdiger hing beim Ausgleich mit drin. Note: 3
NIKLAS SÜLE: Plötzlich auch bei Flick als Rechtsverteidiger gefragt. Beim BVB musste er da in den letzten Wochen aus der Not aushelfen und machte seine Sache gut - im DFB-Trikot lange Zeit auch, vorm 1:1 machte er aber keine gute Figur. Note: 4
JOSHUA KIMMICH: Der Taktgeber der deutschen Mannschaft blieb über weite Strecken blass. Ganz stark sein Pass auf Raum, der in der Aktion den Elfer zog. Schaffte es aber nicht, das Spiel zu ordnen und defensiv zu stabilisieren. Note: 4
ILKAY GÜNDOGAN: Hatte Glück, dass Japans Tor nach seinem Ballverlust nicht zählte (8.). Steigerte sich, verwandelte den Elfer zum 1:0 (33.). Hätte in der zweiten Hälfte für die Vorentscheidung sorgen müssen. Note: 4
JAMAL MUSIALA: Von "Magic Musiala“ war gegen Japan keine Spur. Zwar ließ der Youngster seine Klasse hin und wieder aufblitzen, insgesamt verlieh er der Mannschaft aber zu wenig Impulse. Muss sich im Turnierverlauf steigern. Note: 4
SERGE GNABRY: Hatte Probleme ins Spiel zu finden, viel ging nicht über seine Seite. Steigerte sich im Laufe der ersten Hälfte, hatte in Minute 70 die Chance auf das 2:0, doch vergab. Danach nahm das Unheil seinen Lauf. Note: 5
THOMAS MÜLLER: Zum ersten Mal seit Ende September wieder von Beginn an auf dem Platz. Noch entfernt von der Topform, das merkte man ihm an. Dennoch war er mit seinen Pässen und Laufwegen wichtig. Als er raus war, kippte das Spiel. Note: 4
KAI HAVERTZ: : Hatte seine auffälligste Szene, als er nach Gnabry-Vorarbeit einschob - dabei allerdings im Abseits stand. Ansonsten kaum ein Faktor im deutschen Offensivspiel. So ist er dem Team keine Hilfe. Note: 5
LEON GORETZKA (ab 67.): Verlor das Startplatz-Duell gegen Gündogan. Die Enttäuschung war ihm anzumerken, der Bayern-Profi war weit entfernt von seinem Top-Level. Note: 4
JONAS HOFMANN (ab. 67.): Kam für Müller ins Spiel und hatte mit Gnabry eine Doppelchance aufs 2:0. Doch auch er scheiterte. Konnte nach dem Doppelschlag der Japaner keine Akzente mehr setzen. Note: 4
MARIO GÖTZE; NICLAS FÜLLKRUG; YOUSSOUFA MOUKOKO: Kamen zu spät für eine Benotung.

Flick wird diese Fehler am Sonntag zwingend korrigieren müssen. Gegen Spanien muss Süle wieder in die Innenverteidigung neben Antonio Rüdiger. Die Alternativen hinten rechts heißen Thilo Kehrer und Lukas Klostermann.

Dieser Inhalt kann auf dieser Seite leider nicht angezeigt werden
Komplette Version hier anschauen

Es war nicht alles schlecht, was die DFB-Elf gegen Japan gezeigt hat. Und trotzdem hat es nicht gereicht - das muss zu denken geben. Das Duell mit dem Weltmeister von 2010 wird zum ersten Endspiel für unsere Mannschaft in diesem Turnier.

Mehr dazu

Image: Marc Behrenbeck, Sven Westerschulze und Uli Köhler sind für Sky vor Ort in Katar.

Mehr zum Autor Sven Westerschulze