Lionel Messi hat in seiner Karriere fast jeden Titel gewonnen. Einzig der Weltmeister-Pokal fehlt dem Argentinier noch. In seinem 1000. Profispiel machte er nun den nächsten Schritt, den Ruf des Unvollendeten loszuwerden - wenn man ihn bei all seinen Rekorden überhaupt so nennen darf.
Es war - mal wieder - der Abend des Lionel Messi. Im WM-Achtelfinale zwischen Argentinien und Australien machte der Superstar der Albiceleste einmal mehr den Unterschied. In seinem 1000. (!) Pflichtspiel schien er zunächst gar nicht am Spiel teilzunehmen. 35 Minuten lang schlich er fast über den Platz, ehe ein genialer Moment reichte, um seine Argentinier auf die Siegerstraße zu führen.
Messi macht die 1000 voll
Messi überholt Maradona
Messi leitete selbst ein, über Umwege kam der Ball zum 35-Jährigen zurück, er verschaffte sich mit einem Kontakt ein wenig Platz und schob dann aus rund 15 Metern flach mit links ins lange Eck ein. Ein Tor, wie es Messi schon hunderte Male in seiner Karriere erzielt hatte, war doch ein ganz Besonderes: Es war nämlich Messis erster Treffer in der K.-o-Runde bei einer Weltmeisterschaft und er zog mit seinem neunten WM-Tor an Argentiniens Lichtgestalt Diego Maradona (acht Treffer) vorbei. Nur Gabriel Batistuta war bei Weltmeisterschaften mit zehn Toren noch treffsicherer für Argentinien.
Nach der Pause hatte La Pulga dann viel mehr Lust, war deutlich aktiver und legte vor allem dem eingewechselten Lautaro Martinez gleich mehrere Hochkaräter auf, doch der Inter-Star zeigte sich ungewohnt abschlussschwach, so dass es bis zum Ende gegen tapfere Australier spannend blieb. Am Ende siegte Argentinien bei Messis Jubiläum dennoch verdient mit 2:1 und steht im Viertelfinale gegen die Niederlande.
Unfassbare Statistiken
Messi wurde anschließend erneut zum Spieler des Spiels gekürt und stand danach sogar noch für Selfies mit den Verlierern bereit. Australiens Nationalspieler Joel King, Marco Tilio und Keanu Baccus hatten den Superstar um ein Erinnerungsfoto in den Katakomben gebeten. Die Presse zu Hause in Argentinien überhäufte Messi zudem mit Lob: "Der klügste und mutigste Messi, den die Nationalmannschaft je gesehen hat, führte die Mannschaft mit dem Herzen in der Hand", so La Nacion überschwänglich.
Mutige Worte, wenn man sich die Statisiken des Torjägers vor Augen führt. Messi kommt nun in seiner Karriere in den 1000 Partien auf unglaubliche 789 Tore und 338 Vorlagen für den FC Barcelona, Paris St. Germain und Argentinien. Er ist Rekordtorjäger der spanischen LaLiga, des FC Barcelona und seines Heimatlandes. Insgesamt traf er gegen 129 verschiedene Gegner. Zahlen, die man sonst nur von Videospielen kennt.
Trophäenschrank ist prall gefüllt
Auch der Trophäen-Schrank ist prall gefüllt: Neben sieben Ballon-d'Or-Pokalen (Rekord, zwei mehr als Verfolger Cristiano Ronaldo), sind dort auch unter anderem acht Pichichi-Trophäen für den Torschützenkönig in Spanien und eine olympische Goldmedaille mit Argentinien 2008 zu bewundern. Messi gewann zudem 2021 die Copa America mit der Albiceleste - ausgerechnet in Brasilien im Endspiel gegen die Selecao. Auf Klubebene ist seine Sammlung ohnehin schon längst komplett: Vier Mal Champions-League-Sieger, dreifacher Klubweltmeister, zehn Mal Meister in LaLiga. sieben Mal Pokalsieger in Spanien, Meister in Frankreich und noch viele weitere Titel heimste der Edeltechniker ein.
"Für mich ist Messi der beste Spieler der Geschichte, der größte Spieler, den ich je gesehen habe!", sagte sogar Brasiliens Kapitän Thiago Silva bereits 2019 über Messi und begründete dies mit der Unberechenbarkeit des Superstars:
"Jedes Mal, wenn wir uns gegenüberstehen, sei es in der Nationalmannschaft oder in der Champions League, ist es sehr schwierig, gegen ihn anzutreten. Egal, wie viel man lernt, man wird nie verstehen, welche Qualität er hat und welchen Unterschied er machen kann. Zu bestimmten Zeiten zaubert er etwas anderes aus dem Hut, das man sich nicht vorstellen kann. Das ist der Unterschied zwischen ihm und dem Rest."
Der beste Fußballer der Geschichte?
Viele Fußball-Schwergewichte wie Gary Lineker, Arsene Wenger, Pep Guardiola oder auch Jürgen Klopp stimmen Silva zu, aber Kritiker führen immer wieder den fehlenden WM-Titel als Argument dagegen an und verweisen auf Pele, Ronaldo oder Diego Maradona, die diese Trophäe gewinnen konnten.
In der Tat erlebte La Pulga bei Weltmeisterschaften bislang zahlreiche Enttäuschungen: 2006 in Deutschland musste er als Teenager von der Bank aus verfolgen, wie das DFB-Team Argentinien im Viertelfinale nach Elfmeterschießen aus dem Turnier warf. Vier Jahre später in Südafrika war Deutschland erneut in der Runde der letzten acht zu stark. Dieses Mal gingen die Südamerikaner unter Trainer Maradona haushoch mit 0:4 unter.
Bei der WM 2014 in Brasilien ging es bis ins Finale, Messi wurde zum Spieler des Turnier gekürt, aber der Titel ging dank des Treffers von Mario Götze in der Verlängerung nach Deutschland. Vor vier Jahren in Russland dann das Aus bereits im Achtelfinale - mit 3:4 gegen den späteren Champion Frankreich.
Messi kann auch Matthäus übertrumpfen
Doch es ist keinesfalls so, dass Messi bei Weltmeisterschaften nicht liefert: Neben seinen neun Toren, spielte Messi seit 2006 insgesamt 63 Torchancen heraus. Mesut Özil (48), Kevin De Bruyne (47) und Thomas Müller (45) folgen mit großem Abstand. Messi hat auch die mit Abstand meisten erfolgreichen Dribblings (118 vor Eden Hazard mit 64) und gemeinsam mit Müller die meisten Vorlagen seit 2006 mit je sechs Assists. (Quelle: Opta)
Nur Lothar Matthäus mit 25 und Miroslav Klose (24) haben zudem mehr WM-Partien bestritten als Messi, der gegen Australien zum 23. Mal für die Südamerikaner auflief. Maximal drei können bei seiner letzten WM noch dazu kommen. Wenn Argentinien im Viertelfinale die Niederlande schlägt, könnte Brasilien im Halbfinale warten, ehe es in einem möglichen Endspiel vielleicht gegen Spanien, Frankreich, England oder Portugal geht.
Sollte Messi dabei immer auflaufen, wäre er neuer Rekordspieler bei Weltmeisterschaften. Drei Siege fehlen Rekordmann Messi also noch bis zur Unsterblichkeit, denn mit einer WM-Trophäe im Gepäck gäbe es wohl kaum noch Diskussionen, wer der beste Fußballer der Geschichte ist. Oder bleibt Messi doch der Unvollendete?
Messi genießt WM mit der Familie
La Pulga selbst scheint das alles relativ kalt zu lassen. "Wir haben einen weiteren Schritt gemacht. Jetzt kommt ein noch schwierigerer", sagte Messi trocken nach seinem 1000. Spiel. Mit seinen 35 Jahren haben sich seine Prioritäten augenscheinlich etwas verändert und er genießt seine fünfte Weltmeisterschaft in vollen Zügen:
"Meine Söhne verstehen jetzt, was eine Weltmeisterschaft bedeutet und das bringt mir noch mehr Freude. Ich bin mit den Gedanken immer bei meiner Familie. Ich sehe, wie sie sich freuen. Es ist toll zu sehen, wie sie es erleben", sagte der Superstar am Samstagabend. Es war einfach in jeder Beziehung der Abend von Lionel Messi. Seine Fans hoffen, dass bis zum 18. Dezember noch drei solcher Abende hinzukommen ...