Das Abschneiden der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der EM in Kroatien enttäuschte. Vor allem die Leistung in der Offensive ließ zu wünschen übrig. Andy Schmid ist einer, der da helfen könnte. Problem: Der Weltklasse-Mittelmann ist Schweizer. Dennoch kam in den vergangenen Wochen die Idee auf, Schmid könne künftig für Deutschland spielen. Und er selbst zeigte sich nicht komplett abgeneigt. Das steckt hinter der Idee.
Vor allem auf Rückraum Mitte zeigte sich bei der Europameisterschaft, dass es in Deutschland an Weltklasse-Spielern mangelt. Philipp Weber wurde zwar in der vergangenen Saison Bundesliga-Torschützenkönig. Eine Verletzung setze den Leipziger jedoch vor dem EM wochenlang außer Gefecht. In Kroatien wirkte der 25-Jährige oft überfordert mit dem Spielaufbau. Paul Drux zeigte teils gute Ansätze, wartet mit seinen 22 Jahren aber weiterhin auf den Durchbruch zu internationalem Spitzenniveau.
Mit Simon Ernst und Niclas Pieczkowski fielen weitere Alternativen verletzt aus. Alle Genannten verbindet jedoch eins: Wenn sie nicht gerade einen Sahne-Tag erwischen, zählen sie nicht zur absoluten Weltklasse auf ihrer Position.
Schmid ist seit Jahren Weltklasse
Ein anderer Spieler aus der Bundesliga trägt diese Prädikat hingegen zweifelsfrei: Andy Schmid. Der Spielmacher ist seit 2010 für die Rhein-Neckar Löwen aktiv, wurde in den vergangenen vier Spielzeiten zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Als Denker und Lenker führte er die Mannheimer zu zwei deutschen Meisterschaften in Folge, auch in der aktuellen Spielzeit sind die Löwen auf Titelkurs.
Problem aus deutscher Sicht: Andy Schmid ist nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz geboren. "Ich bin mit viel Herzblut Schweizer und versuche, mit der Nationalmannschaft erfolgreich zu sein", sagte Schmid während des All Star Games in Leipzig. Problem aus Schmids Sicht: Mit der Schweizer Handball-Nationalmannschaft Erfolge zu feiern, ist praktisch unmöglich. Seit 2006 verpassten die Eidgenossen alle großen Turniere.
Ab Sommer 2020 wäre er spielberechtigt
Will Andy Schmid also einmal nicht nur auf Vereins-, sondern auch auf Länderebene auf eine große Karriere zurückblicken, müsste er die Nationalität wechseln. Das ist im Handball unter Bedingungen möglich: So darf man erst für eine andere A-Nationalmannschaft auflaufen, wenn der letzte Auftritt für die alte Nation drei Jahre zurückliegt. Weil sich Schmid zuletzt eine Pause vom Schweizer Nationalteam gönnte, datiert sein letzter Auftritt vom 18. Juni 2017. Schmid wäre also theoretisch ab Sommer 2020 für eine andere Nation spielberechtigt. Die nächsten Olympischen Sommerspiele finden ab dem 24. Juli 2020 statt.
So entstand die Idee, Schmid könnte in Tokio für den Deutschen Handball-Bund auflaufen. Der DHB hat sich für das Großereignis offensive Ziele gesetzt: Die Gold-Medaille soll es werden. Ein Mittelmann der Klasse Schmids würde bei dieser Mission sicher nicht schaden.
Keine klare Absage von Schmid
Als beim All Star Game in Leipzig das Thema aufkommt, muss der Befragte schmunzeln. "Ich glaube, dass der Deutsche Handball-Bund im Moment andere Probleme hat, als Andy Schmid einzubürgern." Eine klare Absage wollte Schmid dem Ganzen am Sky Mikro aber nicht geben. "Klar wäre es schön, einmal bei einer Endrunde dabei zu sein. Ich wäre blöd wenn ich sagen würde: Ich kämpfe um mein Leben im Handball und möchte nie Olympia spielen."
Auch DHB-Präsident Andreas Michelmann zeigte sich bei Sky nicht abgeneigt, auch wenn er seine Antwort zu Schmid mit einem Augenzwinkern versag: "Es gibt schlechtere Mittelmänner. Wenn das ein ernsthaftes Angebot ist, dann, müssen wir mit ihm reden, ist doch klar."
Ob es wirklich zu Gesprächen kommt, und aus dem Spaß Ernst wird, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen. Andy Schmid wäre bei den Olympischen Spielen 36 Jahre alt. Allerdings wird der Spielmacher nur in der Offensive eingesetzt, was selbstredend kräfteschonender ist. Zudem zeigte sich bei der EM in Kroatien, dass Spieler mit Führungsqualitäten im deutschen Team nicht allzu reich gesät sind. Schmid für Deutschland? Klingt nach Spaß, aber warum nicht bald Ernst?