Die genauen Wortlaute habe ich vergessen. Im Großen und Ganzen ging es darum, dass Maik Machulla nicht weiter Trainer der SG Flensburg-Handewitt bleiben dürfe, denn es gäbe in der Mannschaft keine Entwicklung und im Ergebnis keinen Erfolg. Mal mehr, mal weniger drastisch ausgedrückt.
Einen Monat ist das gerade mal her. Die Facebook-Kommentare nach dem - zugegeben - desaströsen 17:29 in der Champions League gegen Montpellier. Natürlich hat das weh getan, war es eine Ausnahmesituation und einige haben ja auch klar pro Machulla Stellung bezogen. Dennoch war ich schwer überrascht, wie schnell und eindeutig der Schuldige für einige gefunden schien.
In seinem ersten Jahr als Cheftrainer, in dem er sein Team vom Anfang an als Hauptkonkurrent des Titelverteidigers um die Meisterschaft etabliert und die Champions-League-Gruppenphase von den drei deutschen Teams am überzeugendsten gemeistert hatte.
Das folgende 29:25 in Kiel dürfte den Schmerz der Blamage in Frankreich schon damals gelindert haben. Aber die Meisterschaft schien damals ähnlich weit weg wie Flensburg von Mannheim. Mit dem heutigen Wissen, was dieser Sieg gegen den Nord-Rivalen am Ende wohl wert sein wird, würde jeder Flensburger Fan beide Ergebnisse genau so unterschreiben.
Maik Machulla coacht Flensburg zur Meisterschaft?! Wahnsinn. Machulla schafft wahrscheinlich in seinem ersten Jahr, was Champions-League-Sieger Lubomir Vranjes - wie seinen Vorgängern - in sieben Jahren nicht gelang.
Drei Flensburger würden in HBL-Geschichte eingehen
Wer hätte das am Abend des 29. April für möglich gehalten? Wenn's am Sonntag so kommt, hat diese Flensburger Truppe ihren Platz in der HBL-Geschichte sicher. Drei Namen ganz besonders: Mattias Andersson und Thomas Mogensen in ihrem letzten SG-Jahr - und eben Machulla. Der zweite Flensburger Meister-Trainer. Diesmal freu ich mich richtig auf die neuen Facebook-Kommentare. Hat er sich sowas von verdient. Er hätte seine eigene Geschichte radikal umgeschrieben.
Des einen Freud - des and'ren Leid. Die Rhein-Neckar Löwen waren Double-Sieger. Auch das ist nur ein paar Wochen her. Die dritte Meisterschaft in Serie, dazu im elften Anlauf endlich den verdammten Pokal geholt. Eine neue Ära beginnt, der nächste Abo-Meister nach dem THW Kiel. Denkste.
Ich fand es vor der Saison sympatisch realistisch, wie die Löwen die Chancen auf die Titelverteidigung eingeschätzt haben: irgendwie schon möglich, aber nur wenn wieder alle gesund bleiben. Und davon kann man ja alles andere ausgehen.
In der Hinrunde sieht alles nach Löwen-Durchmarsch aus. Dann verletzt sich kurz nach Rückrundenstart Abwehrchef Gedeon Guardiola. Nicht zu ersetzen. Flensburg, Berlin, Hannover sitzen im Nacken. Kein Titel-Hattrick? Aber dann kommt der Weltreisende. Und spielt als hätte er nicht die Welt sondern jeden Tag nur die Trainingshalle gesehen.
Löwen-Leere nach dem Pokal
Kim Ekdahl du Rietz feiert ein außerirdisches Comeback von einer Weltreise. Und Andy Schmid spielt noch überragender als die letzten Jahre eh schon. Also doch die dritte Meisterschaft, mit der Pokaleuphorie im Rücken.
Denkste. Nach dem Pokal ist plötzlich große Leere, sagt Schmid rückblickend ganz offen. Der Pokalsieg hat jede Pore leergequetscht. Ein Punkt aus drei Spielen und plötzlich ist die Meisterschaft wohl weg. Beim Derby gegen die Eulen, dem ersten Spiel nach der Pleiteserie, ein Gefühl von Taubheit in der SAP-Arena - statt Meisterparty.
Egal wie das am Sonntag ausgeht: Ich bin beiden Mannschaft (wie allen anderen auch) unendlich dankbar für diese Saison. Ein Meisterschaftsfinale, dass sich erst am letzten Spieltag entscheidet. Mehr geht nicht. Auch wenn nur einer ganz oben stehen kann: Mit diesem Schlussspurt Geschichte geschrieben haben beide.