Pascal Hens wurde 2007 mit Deutschland Weltmeister. Im exklusiven Interview spricht er über Deutschlands Chancen gegen Viertelfinal-Gegner Frankreich, seinen ehemaligen Teamkollegen Guillaume Gille und DHB-Jungstar Juri Knorr.
Skysport.de: Vor dem Norwegen-Spiel gab es in der deutschen Mannschaft unterschiedliche Meinungen darüber, ob Spanien oder Frankreich der für das DHB-Team angenehmere Viertelfinalgegner wäre. Jetzt geht es am Mittwoch gegen Frankreich. Was sagen Sie?
Pascal Hens: Ich glaube, dass Frankreich die etwas bessere Mannschaft ist, allerdings haben wir bei den letzten Turnieren gegen Spanien häufig nicht so gut ausgesehen. Ihre Torhüter waren gegen Deutschland immer überragend, so wie die Keeper der Norweger das Spiel am Montag gegen uns entschieden haben. Von daher finde ich es nicht schlecht, dass wir nicht gegen Spanien spielen.
Skysport.de: Was macht die Stärke des französischen Teams aus?
Hens: Die Franzosen sind eine abgezockte Mannschaft mit individuell sehr starken Spielern auf allen Positionen. Sie sind sehr gut eingespielt und verfügen über viel Routine in der Abwehr.
Skysport.de: Nikola Karabatic kennen viele deutsche Fans seit seiner Zeit in Kiel, sein Bruder Luka gehört auch zu den erfahrenen Spielern der Franzosen. Auf welche Spieler muss man achten?
Hens: Nikola Karabatic ist nicht mehr so spritzig wie früher, aber er ist mit seiner enormen Routine und seine Anwesenheit allein schon eine Erscheinung. Er und sein Bruder sind alte Hasen, aber die Franzosen haben viele andere Akteure, die Spiele entscheiden können, wie Dika Mem und Nedim Remili, um nur zwei zu nennen.
Skysport: Frankreichs Trainer Guillaume Gille hat lange mit Ihnen zusammen in Hamburg gespielt. Was können Sie über ihn sagen?
Hens: "Gino" ist ein Supertyp. Unter ihm hat sich Frankreich spielerisch noch ein bisschen weiterentwickelt. Er hat ein sehr gutes Gefühl dafür, wie die Mannschaft funktioniert. Im französischen Team stimmen die Abläufe, deshalb ist es so schwer zu schlagen.
Skysport.de: Wie muss Deutschland spielen, um die Franzosen schlagen zu können?
Hens: Wir müssen eine gute Abwehr mit guten Torhütern hinkriegen und mutig nach vorne spielen. Wenn wir aber im Angriffsspiel gegen diese erfahrene Abwehr zögerlich agieren und keinen Erfolg im Abschluss haben, werden die Franzosen uns überlaufen. Du musst versuchen, durch einen schnellen Rückzug dem Gegner die einfachen Tore wegzunehmen und selbst möglichst viele einfache Tore zu machen.
Skysport.de: Bei Juri Knorr sehen die Tore häufig sehr leicht aus. Er ist der Spielmacher, hat die meisten deutschen WM-Treffer erzielt und für seine Leistungen viel Lob geerntet. Markus Baur, Ihr Weltmeister-Spielmacher von 2007, hat Knorr das Prädikat "Weltklasse" verliehen. Sebastian Hinze, Knorrs Trainer bei den Rhein-Neckar Löwen, sieht ihn noch nicht so weit und meinte, er müsse erst noch weitere internationale Erfahrungen sammeln. Wie sehen Sie es?
Hens: Ich sehe es genauso wie Sebastian Hinze. Wir sollten dem Jungen Zeit geben. Markus Baur hat recht, Juri spielt befreit auf bei dieser WM und ist für seine 22 Jahre schon sehr weit. Er hat Mut und trifft wichtige Entscheidungen - aber er macht auch noch Fehler. Er wird in den kommenden Jahren noch viel dazulernen und uns noch mehr Spaß machen.
Skysport.de: Bei der WM 2007 haben Sie mit der deutschen Mannschaft in einem dramatischen Halbfinale mit einem Sieg gegen Frankreich den Grundstein für den WM-Triumph gelegt. Spüren Sie vor dem Viertelfinale am Mittwoch schon ein Kribbeln?
Hens: Nicht aufgrund der Vergangenheit, der WM-Titel ist ja auch schon 16 Jahre her, aber generell kribbelt es bei mir, wenn ich ein WM-Viertelfinale gegen eine Top-Mannschaft wie Frankreich sehe. Eine besondere Rivalität sehe ich nicht, aber ich freue mich auf das Spiel.
Skysport.de: Wie lautet Ihre Prognose?
Hens: Wenn wir Frankreich schlagen wollen, muss vieles passen. Das Wichtigste ist - wie gesagt: mutig sein! Frankreich ist Favorit, aber nicht unbezwingbar, Deutschland braucht sich nicht zu verstecken. In den vergangenen Turnieren sind wir in solchen Spielen nicht mutig in die zweite Welle gegangen, haben zu abwartend gespielt und hatten Angst Fehler zu machen. Dieses Jahr haben wir mutig gespielt und aus den letzten Spielen viel Selbstvertrauen mitgenommen.
Das Interview führte Thorsten Mesch
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