Auch Vize Hanning bleibt
23.02.2018 | 09:26 Uhr
Der Deutsche Handballbund setzt trotz des schlechten Abschneidens bei der Europameisterschaft (Platz neun) die Zusammenarbeit mit Bundestrainer Christian Prokop fort. Das gab der DHB-Präsident Andreas Michelmann am Montag in Hannover bekannt. Die Entscheidung ist Ergebnis einer eingehenden EM-Analyse.
"Es war sehr gut, dass wir uns die Zeit für die intensive Analyse genommen haben. Ab sofort richten wir unseren Blick nach vorn, um gemeinsam eine erfolgreiche Heim-WM 2019 zu bestreiten", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann: "Der Bundestrainer hat ehrliche Selbstreflexion geübt. Es hat eine deutliche Entwicklung beim Trainer gegeben. Das hat uns überzeugt, dass er den Weg mit der Mannschaft gehen kann."
DHB-Präsident Andreas Michelmann betonte, dass es zuletzt eine "deutliche Entwicklung beim Trainer gegeben hat, die den DHB veranlasst hat, an eine erfolgreiche Zukunft zu glauben". Die Entscheidung würde aber auch "ein gewisses Risiko" bergen. Denn zuletzt wurde nicht bloß hinter verschlossenen Türen beim Verband eifrig diskutiert, ob Prokop noch der richtige Mann im wichtigsten Amt des deutschen Handballs ist. Die gesamte Szene war gespalten.
Sogar Prokop-Fan Stefan Kretzschmar hatte zuletzt Zweifel an einer Zukunft des Coaches geäußert. Der Sky Experte kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem den Aufstand aus Teilen der Mannschaft gegen Prokop. Es hätten sich Spieler ein wenig überschätzt, so der frühere Weltklasse-Linksaußen bei Sky. Einige Nationalspieler sollen vor der Entscheidung angekündigt haben, unter Prokop nicht weitermachen zu wollen.
Der Entscheidung pro Prokop ging eine wochenlange verbandsinterne Analyse voraus, in der die atmosphärischen Störungen zwischen dem Trainer und der Mannschaft erörtert worden sind. Durch die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem 39-Jährigen bleibt auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning im Amt, der ein weiteres Engagement vom Schicksal Prokops abhängig gemacht hatte.
Hanning atmete nach der zweieinhalbstündigen Sitzung in Hannover tief durch. "Es gibt eine zweite Chance, weil wir seiner Arbeit Vertrauen und zuversichtlich sind, dass sie mit einer erfolgreichen Heim-WM die Früchte tragen wird", sagte er. Und fügte hinzu: "Der Trainer, aber auch die Mannschaft, kann es besser."
"Jetzt geht es darum, dass wir die Kräfte bündeln müssen", sagte Hanning. Der charismatische Sportchef war es, der Prokop vor einem Jahr nach wochenlangem Pokern und Taktieren gegen etliche Widerstände und für die Rekordablöse von 500.000 Euro vom SC DHfK Leipzig losgeeist hatte. Mit dem Senkrechstarter der Szene sollte es nach dem Achtelfinal-Aus bei der WM 2017 in Frankreich zurück in die Weltspitze gehen.
Doch anstatt in Kroatien durch Leistung zu überzeugen, rückten Prokops überraschende Kaderzusammenstellung und unterschiedliche Auffassungen über die taktische Ausrichtung in den Fokus. "Das ist jetzt abgehakt. Wir alle haben die alternativlose Vision, eine Medaille in Deutschland zu holen", sagte Hanning: "Da werden wir jetzt alles dransetzen."
An den großen Zielen, Medaille bei der Heim-WM und Olympiasieg in Tokio 2020, hält der Verband fest. "Der Vertrauensbeweis heißt jetzt aber auch, dass wir bei der WM im eigenen Land dann auch liefern müssen", erklärt der DHB-Vize. Alle hätten Fehler gemacht. Prokop sei dabei "Teil des Problems" gewesen, "aber nicht das Problem als ganzes".
Prokop wird die Bad Boys auf die großen Ziele WM-Medaille im eigenen Land und Olympia-Gold 2020 in Tokio vorbereiten. Das nächste Länderspiel steigt am 4. April in Leipzig gegen Serbien. "Wir haben uns dazu entschieden, den Weg bis 2022 nun gemeinsam gehen zu wollen", sagte Hanning.
Prokop hatte die deutsche Mannschaft im März 2017 übernommen und besitzt beim DHB einen Vertrag bis 2022. In den bisherigen 17 Länderspielen unter seiner Regie gab es zehn Siege, drei Remis und vier Niederlagen. Von den sechs EM-Spielen gewann Deutschland allerdings nur zwei. (Sky Sport/sid)