Erst der Heimsieg über Vizemeister Flensburg, dann der sensationelle Coup bei Rekordmeister Kiel, zwischendurch zwei Punkte gegen den Vorjahres-Sechsten Wetzlar: Nach dem perfekten Saisonstart mit 6:0 Punkten führt die TSV Hannover-Burgdorf völlig überraschend die Tabelle der DKB Handball-Bundesliga an.
Damit hatte wohl kaum jemand gerechnet: Zwar sagten die Experten vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison eine der spannendsten Spielzeiten seit Langem voraus. Auch ein Ende der absoluten Vormachtstellung der Großen Drei Kiel, Flensburg und Rhein-Neckar Löwen schien möglich.
Die Verfolger Berlin, Magdeburg und Melsungen hatten sich schließlich prominent verstärkt. Dass aber ausgerechnet die TSV Hannover-Burgdorf die Tabelle nach den ersten Wochen anführt, darauf hatte nur wenig hingedeutet.
Erster Sieg in Kiel
"Das war ein richtig geiles Spiel. Wir haben noch nie in Kiel etwas mitnehmen können und deswegen werden wir diesen Sieg jetzt auch genießen", sagte Neu-Kapitän Kai Häfner nach dem 31:29 beim Rekordmeister.
Der Linkshänder war mit elf Treffern bester Werfer der Partie und sprach anschließend von einem "sensationellen Start, den man so bei dem Programm nicht erwarten konnte".
In der Tat: Geschlagene acht Monate und vier Tage hatte Hannover kein Ligaspiel mehr gewonnen, blieb also das gesamte Kalenderjahr 2017 ohne Sieg. Nach 16 Partien ohne Erfolg retteten die Recken letztlich zwei Punkte vor dem Abstieg in Liga zwei.
Im Sommer wurden die Weichen gestellt
Doch dann wurde offenbar an den richtigen Stellschrauben gedreht: TSV-Geschäftsführer Benjamin Chatton zog die Reißlinie und trennte sich nach zwei Jahren von Trainer Jens Bürkle.
Als Nachfolger präsentierte Chatton ein wahres Schwergewicht der Branche: Der Spanier Carlos Ortega gewann als Spieler des FC Barcelona sechs Mal die Champions League. Als Trainer war er zwischen 2012 und 2015 für den ungarischen Top-Klub Veszprem verantwortlich, mit dem ihm der ganz große Wurf in der Königsklasse aber verwehrt blieb. "Er hat eine klare Idee, wie man Handball spielt, und versucht, sie zu vermitteln", sagt Chatton.
Dass sich der 46-Jährige für einen Klub aus dem Mittelfeld der deutschen Eliteliga entschied ist ebenso bemerkenswert wie die Wahl seines Co-Trainers. In Iker Romero assistiert einer der erfolgreichsten Handballer der 2000er Jahre in Hannover. In seinen drei Jahren in Berlin zum Karriereende lernte Romero die Bundesliga kennen.
Neu-Kapitän Häfner überragt
Das schillernde Trainer-Duo wollte den Spielern den zuletzt abhandengekommenen Spaß am Spiel zurückbringen - offensichtlich mit Erfolg. Gestützt von einer energischen Abwehr läuft das Offensivspiel - typisch Spanisch - vor allem über starke Kreisläufer.
Mit Evgeni Pevnov (aus Gummersbach) und Ilija Brozovic (vom THW Kiel) konnte man sich auf dieser Position klug verstärken. Dazu sticht Kai Häfner aus einem bisher starken Rückraum heraus - der Linkshänder präsentierte sich in den ersten Saisonspielen in Bestform.
Zwar ist die Tabelle nach wenigen Spieltagen noch nicht besonders aussagekräftig. Doch mit Blick auf die kommenden Partien scheint es durchaus möglich, dass sich Hannover erst einmal oben festsetzt.
Am Sonntag geht es zum TuS N-Lübbecke (ab 12:00 Uhr live und exklusiv auf Sky). Der Aufsteiger steht derzeit mit null Punkten am Tabellenende. Dann gastiert der SC Magdeburg in der niedersächsischen Hauptstadt. Die nächste Chance also, einen Großen zu ärgern.