Der Tennis-Weltranglistenerste Sinner wird trotz positiver Tests im März nicht gesperrt. Für den Doping-Experten Sörgel eine Katastrophe. Die Aussagen Sinners seien eine Ausrede.
Doping-Experte Fritz Sörgel hat den Freispruch des Weltranglistenersten Jannik Sinner nach zwei positiven Tests auf das verbotene anabole Steroid Clostebol scharf kritisiert. "Das Problem ist, dass alle, die den Tennissport leiten normalerweise kurze Strafen aussprechen und ihre Sportler schützen. Hier war es scheinbar etwas komplizierter und man musste eine Story bei Sinner erfinden, mit der man dann auch durchgekommen ist ", erklärte Sörgel bei Sky Sport.
Seltsamer Beigeschmack
Die Angelegenheit habe für ihn einen seltsamen Beigeschmack: "So geht es im Tennis eben zu. Dieser Fall ist nicht der italienischen NADA gemeldet worden oder man hat ein Arrangement gefunden. In diesem so genannten Urteil treten die International Tennis Integrity Agency (ITIA) und die Anti-Doping Organisation gegenüber. Wer ist bitte diese Anti-Doping Organisation?", fragt der Experte und ergänzt:
"Ich habe mir das Dokument drei Mal durchgelesen und der Name der italienischen NADA, die NADO Italia heißt, nicht einmal vor. Die war völlig aus dem Fall draußen und das kann es nicht geben. Da wurde gemauschelt untereinander."
Sörgl hofft, dass die italienische Anti-Doping-Agentur nun, da der Fall öffentlich ist, eingreifen wird. "Sie muss eine Sperre aussprechen, die zunächst einmal unbegrenzt ist. Dann muss sie vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen und dort muss das dann verhandelt werden. So lange ist Sinner erstmal gesperrt." Theoretisch sei eine Sperre von zwei bis vier Jahren möglich, auch wenn Sörgel davon ausgeht, dass dies "schwer durchzudrücken" sei.
Der Weltranglistenerste Sinner war im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden, wie die ITIA erst am Dienstag mitgeteilt hatte. Gesperrt wird Sinner nicht, denn ein unabhängiges Tribunal der privatwirtschaftlichen Schlichtungsstelle Sports Resolutions habe festgestellt, dass der 23-Jährige durch einen Physiotherapeuten mit dem anabolen Steroid in Berührung gebracht worden war.
Betreuer für positiven Befund verantwortlich?
Sinner hatte in einem Statement erklärt, dass der Betreuer ein in Italien rezeptfreies Clostebol-haltiges Spray benutzt habe, um einen Schnitt an seinem Finger zu behandeln. Auch Sinner habe an seinem Körper offene Wunden gehabt, so sei es zur Kontamination gekommen.
"Diese Version ist wenig glaubhaft. Man kann sie nur zu den 30 oder 40 Stories dazu addieren, die wir schon in den unterschiedlichsten Sportarten hatten", sagte Sörgel. "Es stand ja auch auf der Schachtel, dass ein Dopingtest positiv ausfallen würde. Und um diese Werte zu erklären, muss das Mittel über längere Zeit genommen worden sein. Ein paar Tage reichen da nicht aus."
Experte geht von bewusstem Doping aus
Sörgel vermutet, dass mit Clostebol bewusstes Doping betrieben wurde. "Meine These ist, dass die Salbe mit dem Anabolikum in die Haut einmassiert wird und das fördert die Regeneration. Das ist ideal, denn in niedrigen Dosierungen penetriert es die Haut und gelangt genau dorthin, wo die Entzündungs- oder die Verletzungsstelle ist. So ist der Sportler schneller wieder belastbar. Und wenn man das über einige Wochen betreibt, ist das einfach Doping."
Aus diesem Grund ist ein Start Sinners bei am 26. August startenden US Open auch "nicht tragbar" und er hofft, dass die amerikanische Anti-Doping-Agentur auch dafür sorgen wird.
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