Die Tennis-Weltspitze um Rafael Nadal, Roger Federer und der deutschen Nummer eins, Alexander Zverev, schlägt ab Sonntag bei den ATP-Finals auf. Sky überträgt jeden Tag ab 14 Uhr live. Für Sky Kommentator Stefan Hempel birgt der Turniermodus eine besondere Chance.
Sky Sport: Wer sind in den Gruppen deine Favoriten?
Stefan Hempel: Die stärkere Gruppe ist auf jeden Fall die Boris-Becker-Gruppe. Mit Marin Cilic, Roger Federer und Alexander Zverev gibt es drei Spieler, die normalerweise für ein Halbfinale stünden. Jack Sock ist der Außenseiter, der aber gar nichts zu verlieren hat - für ihn ist alles Bonus.
In der anderen Gruppe haben wir Rafael Nadal, der Probleme mit seinem Knie hatte und den Druck spürt, weil er das Turnier noch nicht gewonnen hat. Dominic Thiem war zuletzt in keiner guten Form. Für David Goffin ist der Belag auch nicht unbedingt prädestiniert. Grigor Dimitrow ist eine Wundertüte.
Mein Topfavorit ist eindeutig Federer. Er ist der einzige, der das Finale schon gewonnen hat. Nach einer Woche Pause ist er ausgeruht und total entspannt. Bei ihm ist in diesem Jahr alles wie von Gott gegeben. Er ist allen anderen in puncto Aura und Respekt weit voraus. Es gab auch in dieser Saison viele enge Matches für den Schweizer, aber man merkte, dass die Gegner in den entscheidenden Situationen an der Aura Federers scheiterten.
Sky Sport: Wie fit ist Rafael Nadal wirklich?
Stefan Hempel: Ich glaube schon, dass sich Nadal mit einer schlimmeren Verletzung rumplagte. Wenn man Paris nach einem gewonnenen Spiel aufgibt - ein Turnier, das er auch noch nie gewonnen hatte - dann muss es schon einen triftigen Grund gegeben haben.
Sky Sport: Was traust du Alexander Zverev zu?
Stefan Hempel: Zverev hätte alles, um da ganz oben mitzuspielen. Aber ich bin etwas skeptisch, weil er sich in den letzten Wochen nicht gut präsentierte. Er hatte Magen-Darm-Probleme, war etwas müde und seine Körpersprache fehlte mir. Er hat Spiele verloren, die er eigentlich nicht verlieren durfte. Vorab hatte er nochmal ein intensives Training mit Nadal. Da hoffe ich, dass er etwas Schwung mitnimmt. Ich glaube, das ganz entscheidende Match ist gegen Cilic. Das Spiel gegen Federer verliert er vielleicht, obwohl er natürlich eine Chance hat. Und gegen Sock ist er Favorit. Daher ist das erste Duell das entscheidende.
Sky Sport: Gibt es beim Tour-Finale eine spezielle Anforderungen, auf die sich die Spieler einstellen müssen?
Stefan Hempel: Das Turnier ist schon etwas Besonderes. Eine große Inszenierung mit einer hohen Aufmerksamkeit. Alle Spieler kennen sich persönlich. Der Umgang miteinander ist fast schon familiär. Natürlich gibt es auch eine Rivalität, aber auf einer emotionalen, freundschaftlichen Ebene. Sie gönnen sich gegenseitig relativ viel. Das ist schon sehr bemerkenswert.
Federer hat das Turnier bereits sechsmal gewonnen. Der weiß, wie der Hase läuft. Das Turnier hat mit der Gruppenphase einen anderen Modus - mit einer Niederlage ist man nicht automatisch raus. An einem schlechten Tag ist noch nicht alles vorbei. Es ist ein guter Modus für die "Nobodies".
Die Bedingungen des Turniers sprechen eher für die Spielweise von Nadal: Die Bälle springen höher ab, es wird dadurch ein bisschen langsamer. Man braucht ein paar mehr Schläge, um auf den "billigen" Punkt zu gehen.
Sky Sport: Ist das Fehlen der zahlreichen Topstars eine Abwertung des Turniers?
Stefan Hempel: Nein. Es ist keineswegs eine Abwertung des Turniers. Der Vergleich jung gegen alt hat einen großen Reiz: Thiem und Zverev gegen Nadal und Federer. Die anderen Duelle der etablierten Spieler gab es ja schon reichlich. Alle Spieler habe es sich über das Jahr hinweg verdient beim ATP-Finale teilzunehmen.