Dennis Seidenberg über Leon Draisaitl, Connor McDavid und Stanley Cup Finale

Seidenberg: "Ich würde Draisaitl auf eine Stufe mit Nowitzki stellen"

Von Thorsten Mesch

Ex-NHL-Spieler Dennis Seidenberg erklärt im exklusiven Interview mit skysport.de den Superstar-Status von Leon Draisaitl und schwärmt von dessen Qualitäten und dem Zusammenspiel mit Connor McDavid.

Im Interview mit Skysport.de spricht Dennis Seidenberg über Leon Draisaitl, seinen Status als Superstar, seinen kongenialen Partner Connor McDavid und die Chancen der Edmonton Oilers im Finale gegen die Florida Panthers (Spiel 1 am Sonntag ab 1.45 Uhr live auf Sky).

Fünf Deutsche haben bisher den Stanley Cup gewonnen. Uwe Krupp und Tom Kühnhackl jeweils zweimal. Dazu Nico Sturm, Patrick Grubauer und Dennis Seidenberg. Der ehemalige Verteidiger triumphierte 2011 mit den Boston Bruins und stand 2013 noch einmal im Finale. Mit Leon Draisaitl spielte er zusammen in der deutschen Nationalmannschaft, heute arbeitet der 42-Jährige im erweiterten Trainerstab der New York Islanders.

Skysport.de: Herr Seidenberg, als Sie 2011 den Stanley Cup gewonnen haben, triumphierte Dirk Nowitzki die NBA. Jetzt stehen Leon Draisaitl mit Edmonton und Maxi Kleber (wie damals Nowitzki auch mit den Mavericks) in den Finals (hier gibt es alle Infos zu den Übertragungen). Gute Voraussetzungen oder?

Dennis Seidenberg: Das stimmt. Wobei Dirk Nowitzki damals den Vancouver Canucks (mit dem Deutschen Christian Ehrhoff, Anm. d. R.) auf dem Jumbotron die Daumen gedrückt hat. Da habe ich gedacht, jetzt müssen wir extra hart arbeiten, damit es nicht wahr wird (lacht).

Ex-NHL-Spieler Dennis Seidenberg spricht im exklusiven Interview mit skysport.de über die Vorzeichen vor dem Stanley-Cup-Finale der NHL.

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Skysport.de: Welchen Stellenwert hat der Stanley Cup im Vergleich zu einer Medaille bei einer WM oder Olympia?

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Seidenberg: Das kommt darauf an, wo man herkommt. Wenn man aus Europa kommt und WM und Olympia spielt, würde ich sagen, dass diese Wettbewerbe den höchsten Stellenwert haben. Aber wenn man einmal in der NHL gespielt hat und mitbekommt, wie hart man dafür arbeiten muss, jeden zweiten Tag spielen muss und vier Runden im Best-of-Seven-Modus gewinnen muss, würde ich für mich persönlich sagen, dass der Stanley Cup den höchsten Stellenwert hat. Bei Olympia oder einer WM kann man mit etwas Glück gewinnen, da es nur ein Endspiel gibt. Den Stanley Cup gewinnt die stärkste Mannschaft.

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Skysport.de: Was sind die Hauptunterschiede zwischen damals (2011) und heute? Sportlich und medial, auch was den Hype um einzelne Spieler wie Draisaitl oder Connor McDavid angeht?

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Seidenberg: Die Art von Eishockey hat sich verändert. Heute wird technischer gespielt, mit mehr Skills und es ist schneller geworden. Es gibt mehr Übertragungen weltweit und auch durch Social Media ist das Rampenlicht noch etwas größer geworden. Leon und Connor McDavid im Finale zu haben, ist das Größte, was es im Eishockey gibt, das sind die beiden Superstars in der NHL.

Skysport.de: Kann man sich in Deutschland überhaupt eine Vorstellung davon machen, was für ein großer Star Leon in Kanada ist, selbst wenn er hierzulande 2020 Sportler des Jahres war? Mit welchen deutschen Sportlern könnte man seine Bekanntheit vergleichen?

Seidenberg: Man könnte Leon vielleicht mit einem DFB-Spieler vergleichen, der jetzt bei der EURO aufläuft. Leon und Connor werden in Kanada angehimmelt, und sie haben jede Menge Druck. Ob in Edmonton, Vancouver oder Montreal, überall läuft Eishockey im Fernsehen und die Zeitungen sind voll.

Jetzt wartet das große Ziel! Leon Draisaitl und seine Edmonton Oilers stehen nach einem 2:1-Heimsieg gegen die Dallas Stars im Finale um den Stanley Cup. Dort treffen sie auf die Florida Panthers. Die Highlights aus Spiel sechs des Halbfinals.

Skysport.de: Seit mehr als 30 Jahren hat kein kanadisches Team mehr den Stanley Cup gewonnen. Wie ist die Stimmung dort - und auch im Vergleich zu Florida, wo Sie selbst mal bei den Panthers gespielt haben?

Seidenberg: In Kanada drücken viele den Oilers die Daumen, aber es gibt auch Hardcore-Fans anderer Teams, die sich niemals für Edmonton freuen würden. In Florida ist es zwar gerade sehr heiß (100 Grad Fahrenheit, ca. 38 Grad Celsius) und überhaupt kein Eishockey-Wetter, aber man spürt, wie die Menschen dort mit den Panthers mitfiebern.

Skysport.de: Sie wissen, wie schön es ist, ein Finale zu gewinnen, kennen aber auch die andere Seite (Niederlage 2013). Draisaitl hat einen langen, teils steinigen Weg hinter sich. Wie groß ist der Druck, den Titel holen zu müssen?

Seidenberg: Die Oilers mussten in den vergangenen Jahren viel leiden, aber letztes Jahr haben sie das Conference Finale erreicht. Erfolg haben heißt in Kanada aber, den Stanley Cup zu gewinnen. Solange sie es nicht schaffen, den Cup hochzuheben, wird der Druck immer auf ihnen liegen.

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Skysport.de: In welchen Bereichen hat Draisaitl sich seit 2014 am meisten entwickelt?

Seidenberg: Er ist neben McDavid ein Führungsspieler in der Mannschaft. Er hat auch das "A" auf seinem Trikot (A steht für Assistenzkapitän, Anm. d. R.) und weiß, dass er ein Go-to-Player ist, und so hat er in den letzten Playoffs auch gespielt. Leon hat einen sehr starken Charakter, um in einer Eishockeystadt wie Edmonton seit Jahren seine Performance zu zeigen.

Skysport.de: Was macht den Zauber von Draisaitl und McDavid aus?

Seidenberg: Die zwei verstehen sich blind. Leon hat eine Spielintelligenz, über die nur wenige in der Welt verfügen. McDavid bringt eine enorme Geschwindigkeit aufs Eis. Wenn man ihm zu viel Platz lässt, nutzt er es aus, wie man bei seinem Tor zum 1:0 im letzten Spiel gegen Dallas gesehen hat. Die Kombination von beiden ist einfach tödlich, wie man in der Eishockeysprache sagt. Man braucht Weltklasseverteidiger, die Florida hat, um beide verteidigen zu können. Das eine oder andere Tor wird aber auf jeden Fall fallen.

Da hat der Kapitän ganz viel Körperkontrolle! Edmonton Oilers Star Connor McDavid erzielt im entscheidenden Spiel sechs der Western Conference Finals gegen die Dallas Stars das 1:0 für die Hausherren. Ein Tor zum Zungeschnalzen!

Skysport.de: Wer hat das stärkere oder in der Tiefe besser besetzte Team? Wer ist Favorit im Finale?

Seidenberg: Im Sinne aller Eishockeyfans würde ich gerne eine enge Serie sehen, sieben Spiele und ein paar Overtimes. Ich hoffe natürlich, dass ein Deutscher gewinnt, also Edmonton. Florida war letztes Jahr schon im Finale, die Mannschaft ist richtig gut besetzt und körperlich sehr stark. Man hat in den letzten Playoff-Runden gesehen, wie sehr sie den Stanley Cup gewinnen wollen. Bei Edmonton gab es ein paar Fragezeichen wegen des Torwarts, wobei sich Stuart Skinner in Spiel sechs gegen Dallas bewiesen hat und den Oilers geholfen hat, die Serie nachhause zu bringen.

Ex-NHL-Spieler Dennis Seidenberg verrät im exklusiven Interview mit skysport.de, welchen Ausgang er sich für das Stanley-Cup-Finale der NHL wünscht.

Skysport.de: Wäre Draisaitl ohne den Gewinn des Stanley Cups "unvollendet"?

Seidenberg: Ich denke, für ihn wäre es unvollendet - wenn es denn so kommen würde. Trotzdem ist er der beste deutsche Spieler, der jemals in der NHL gespielt hat. Er dominiert mit seiner Spielweise und seiner Spielintelligenz. Das macht ihn so stark und deswegen ist er ein Superstar.

Image: Dennis Seidenberg (l.) und Leon Draisaitl im Jahr 2014 vor einem Spiel zwischen den Boston Bruins und den Edmonton Oilers.

Skysport.de: Wenn Draisaitl den Stanley Cup gewinnt, wo wäre er dann im Vergleich zu anderen (deutschen) Sport-Weltstars anzusiedeln?

Seidenberg: Ich würde sagen, dass er dazugehört, aber an Messi oder Ronaldo kommt er nicht vorbei. Ich würde ihn auf eine Stufe mit Dirk Nowitzki stellen. Hoffen wir mal, dass es so weit kommt (lacht).

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