"Es wurmt ihn!" - Peter Draisaitl über die Ziele von Sohn Leon
01.03.2022 | 15:48 Uhr
Leon Draisaitl Superstar: Auch diese Saison gehört der Stürmer von den Edmonton Oilers wieder zu den besten Scorern der NHL. Doch wie tickt der gebürtige Kölner? Sky Sport hat im exklusiven Interview bei Draisaitl-Vater Peter, selbst jahrelanger Eishockey-Profi, nachgefragt.
Sky Sport: Herr Draisaitl, vor wenigen Tagen gelangen Ihrem Sohn Leon gegen Tampa Bay drei Assists, dennoch verloren die Oilers am Ende. Was schreiben Sie ihm nach so einem Spiel?
Peter Draisaitl: Nichts, absolut nichts. Nach den Spielen lass ich ihn immer in Ruhe. Ich schicke ihm immer mal eine SMS mit "Viel Glück" vor den Spielen, aber das war es auch.
Sky Sport: Wann begann Leons Liebe zu Eishockey?
Peter Draisaitl: Als er ca. fünf Jahre alt war, haben wir ihn mit in die Eishalle genommen. Er hat es dort geliebt und dann angefangen, Eishockey zu spielen.
Sky Sport: Wann hat man gemerkt: Der ist besser als die anderen!
Peter Draisaitl: Ich habe das nie aus diesem Blickwinkel beobachtet, sondern ihn einfach machen lassen. Bis 13 hat er in Köln gespielt, dann wollte er was anderes machen und ist nach Mannheim gegangen. Dort haben sie zusammen mit Dominik Kahun gut gespielt und viel gewonnen. Später war er in einem Junior Draft in Kanada, dann wurde es interessant: Er war bei den Prince Albert Raiders und ist ziemlich hoch beim NHL Draft gesetzt worden. Dann konnte man absehen, dass er in der Liga mitspielen kann.
Sky Sport: Wie viel Peter Draisaitl steckt in Leon?
Peter Draisaitl: Sagen wir mal so: Das ein oder andere Gen hat jedes Kind von seinen Eltern. Ich habe ihm geholfen, wo ich konnte, gerade als er jung war. Aber damit wir uns richtig verstehen: Die Jungs müssen sich selbst ihren Weg ebnen.
Sky Sport: In der Regular Season sind die Oilers oft gut unterwegs, für den Stanley Cup hat es noch nicht gereicht: Wie sehr wurmt Leon das?
Peter Draisaitl: Bis zum Stanley Cup ist es noch ein sehr weiter Weg. Da müssen sie noch sehr viel daran arbeiten und vielleicht sind sie noch nicht so gut aufgestellt, dieses hohe Ziel zu erreichen. Aber es wurmt ihn. Er ist im siebten Jahr da und erreicht hat er mit der Mannschaft relativ wenig. Ich weiß, dass ihn das sehr beschäftigt.
Sky Sport: Woran müssen die Oilers noch konkret arbeiten? Ist der neue Coach Jay Woodcroft der richtige Mann?
Peter Draisaitl: Es sieht so aus, als wäre es auf dem richtigen Weg mit Jay. Das müssen sie jetzt bis zum Ende durchziehen und dann endlich in den Play-offs weiterkommen. Man spricht so schön von der "Gewinnermentalität". Da gibt es schon noch ein bisschen was dran zu arbeiten in der Truppe. Ich sehe es ähnlich, wie es in Edmonton aktuell viel diskutiert wird: Ein starker Torwart und ein überdurchschnittlicher Verteidiger würden dem Team noch guttun.
Sky Sport: Auch wenn Leon 2020 Deutschlands Sportler des Jahres wurde: Woran liegt es, dass er in seiner Heimat noch nicht die Anerkennung bekommt, die er verdient?
Peter Draisaitl: Die Frage ist einfach zu beantworten: Eishockey hat in Deutschland nicht den Stellenwert, wie in anderen Ländern Europas oder in Kanada. Hier ist der Fußball so dominant, dass alles andere dahinter etwas in der Versenkung verschwindet.
Sky Sport: Kann Leon das ändern, wenn er den Titel holt? Und in Deutschland damit einen Hype auslösen, ähnlich wie Dirk Nowitzki nach seiner Meisterschaft in der NBA?
Peter Draisaitl: Generell muss in Deutschland den Sportarten hinter dem Fußball mehr Beachtung geschenkt werden. Die machen nämlich auch einen guten Job. Leon ist nicht mehr so auf sich selbst fokussiert und irgendwelche individuelle Preise einzuheimsen. Davon hat er ja schon viele gewonnen. Was ihn interessiert, ist der Erfolg mit der Mannschaft.
Sky Sport: Wie hebt sich Leon aus einer Masse an Topspielern nochmal heraus?
Peter Draisaitl: Er war mental schon immer sehr gefestigt und stark. Das war ein sehr wichtiger Punkt in seiner Entwicklung. Er hatte von klein auf die Gabe, sich immer an das nächsthöhere Level anzupassen. Das sind die beiden Punkte, die ihn dahin gebracht haben, wo er heute ist.
Sky Sport: Zum Abschluss unseres Interviews: Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sich sehr in Leons Dinge einmischen oder ihn permanent beraten wollen. Eine Erfahrung aus Ihrer eigenen Eishockey-Karriere, dass das nichts bringt?
Peter Draisaitl: Im Nachhinein kann ich sagen: Das habe ich ganz gut hinbekommen. Wir haben ihn nie zu irgendwas gezwungen oder eine Karriere im Blickpunkt gehabt. Wir haben ihn einfach machen lassen, da gilt auch für seine Mutter und Schwester. Das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Es gibt auch Beispiele, bei denen das Umfeld in der Lage ist, die Karriere einen jungen Athleten zu zerstören.
Das Interview führte Benjamin Heckner.
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.