Für Maske macht Klitschko-Rücktritt Sinn
25.04.2017 | 16:48 Uhr
Sieg oder klare Niederlage - in beiden Fällen kann sich der langjährige Box-Champion Henry Maske einen Rücktritt von Wladimir Klitschko nach dem WM-Kampf am Samstag gegen Anthony Joshua (22.00 Uhr) vorstellen.
(sid) - 90.000 Zuschauer in Wembley - einen passenderen Rahmen werde der 41-Jährige für einen Rücktritt nicht mehr finden, sagte der Olympiasieger und Ex-Weltmeister.
Frage: "Herr Maske, wer sichert sich am Samstag die Box-Krone im Schwergewicht?
Henry Maske: "Keine leichte Frage. Wladimir Klitschko zu bewerten, ist derzeit sehr schwierig. Sein schwacher Auftritt gegen Tyson Fury hat viele Fragezeichen hinterlassen. Auf der anderen Seite haben wir in Joshua einen physisch starken Boxer, der Olympiasieger ist und nachgewiesen hat, dass er als Profi zu den Besten gehört. Wenn Wladimir diesen Kerl besiegen will, braucht er schlagkräftige Argumente."
Frage: "Also Spannung bis zum letzten Gong?"
Maske: "Wenn Wladimir seine Top-Form erreicht - wie 2014 im Kampf gegen Kubrat Pulew - dann wird er auch Joshua vorzeitig besiegen. Vielleicht war das sein bester Auftritt. Doch in der Form aus dem Fury-Kampf braucht er nicht anzutreten, da sieht er gegen das Kraftpaket aus England alt aus. Aber das wird er auch nicht."
Frage. "Klitschko ist 14 Jahre älter, ein Nachteil?"
Maske: "Das kann sein. Wladimir ist jetzt so viele Jahre dabei und muss vor jedem Kampf immer wieder das Maximale aus sich herausholen. Irgendwann lässt die Disziplin nach, schleicht sich der Schlendrian ein. Aber das wird bei diesem Kampf nicht passieren. Ich bin mir sicher, dass er nach der Fury-Niederlage alles zeigt."
Frage: "Naht das Karriereende von Klitschko?"
Maske: "Bei einer klarer Niederlage wüsste ich nicht, welche Motivation er noch hätte. Es wäre die zweite Niederlage in Folge. Im Sport hat alles seine Zeit. Irgendwann ist deine Ära abgelaufen. Da sind Erfahrung und Wille nicht mehr ausreichend. Dann wird auch Wladimir sagen, das reicht. Aus finanziellen Gründen hat er es ja eh nicht mehr nötig."
Frage: "Und bei einem Sieg?"
Maske: "Sehe ich einen strahlenden Wladimir, der sich feiern lässt. 90.000 Zuschauer im Wembley-Stadion - eine bessere Kulisse für einen Abtritt kann man sich nicht wünschen. Welcher Kampf, welche Kulisse könnte ihn danach noch motivieren?"
Frage: "Ist die große Kulisse für den jungen Joshua ein Problem?"
Maske: "Es ist auf jeden Fall eine echte Herausforderung. Andererseits bin ich manchmal überrascht, wie gut junge Leute solche Belastungen wegstecken. Die haben eine andere Leichtigkeit als erfahrene Kämpfer. Und außerdem hat Joshua einen so guten Lauf, dass er bestimmt damit klarkommt."
Frage: "Was erwarten sie vom jungen Weltmeister?"
Maske: "Joshua ist ein großer Kerl, der Wladimir auf Augenhöhe begegnen wird. Nur wenn Klitschko genügend Robustheit in den Kampf bringt, kann er dem Titelverteidiger gefährlich werden. Dazu hat Joshua den Vorteil, dass er 2014 bei Klitschko im Camp Sparringspartner war. Da hat er sich bestimmt einiges abgeguckt."
Frage: "Beide Boxer verzichten im Vorfeld auf die übliche Ballyhoo. Nervt der Kuschelkurs nicht?"
Maske: "Nein, ich finde das großartig. Beide Boxer lehnen die große Show im Vorfeld ab, und trotzdem kommen 90.000 Zuschauer zum Kampf. Das zeigt doch, dass das Boxen an sich noch immer sehr beliebt ist und nicht nur vom Ballyhoo lebt. Leute wie Tyson Fury schaden dem Sport mit ihren Pöbel-Attacken. Nach den schlechten TV-Quoten, die das Profiboxen hatte, wird es höchste Zeit, dass der Sport wieder an Ansehen gewinnt. Wladimir Klitschko und Anthony Joshua tragen dazu bei."