Sky Experte Ralf Schumacher beleuchtet in seiner Kolumne die wichtigsten Themen rund um den Formel-1-Zirkus. Diesmal blickt er auf den Chaos-GP von Belgien zurück. Dabei richtet er seinen Fokus auf die Kritik am Rennen und erwartet einen neuen Teamkollegen für Lewis Hamilton.
Das kürzeste Formel-1-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps geht in die Geschichtsbücher ein. Dass Renndirektor Michael Masi so lange ausharrte und auf einen Wetterumschwung hoffte, habe ich erwartet. Die Wetterbedingungen können sich auch jederzeit ändern. Das Problem war, dass die Wolken einfach stehengeblieben sind und der Wind nachgelassen hat.
Er hat natürlich den Fahrern, aber auch den Partnern, TV-Stationen und den Zuschauern gegenüber eine Verantwortung. Da wartet man natürlich ab. Es war dennoch sehr frustrierend - vor allem für die tollen Fans, die so lange ausgeharrt haben bei diesen Temperaturen. Ich kann nur hoffen, dass sich die Formel 1 etwas einfallen lässt, wie zum Beispiel eine Rückerstattung der Ticketpreise oder Vergünstigungen für das nächste Jahr. Für die Zuschauer war es unzumutbar.
Ecclestone war nicht so gnädig
Bernie Ecclestone (Ex-Formel-1-Chef, Anm. d. Red) war damals nicht ganz so gnädig mit den Fahrern. Ich erinnere mich an meinen letzten Grand Prix in Japan. Damals waren die Bedingungen ähnlich - alles extrem nass und wir sind die ganze Zeit hinter dem Safety Car her gefahren. Es zog sich ewig. Irgendwann wurde das Rennen dann abgebrochen. Aber ich würde behaupten, Bernie Ecclestone hätte das gestrige Rennen stattfinden lassen.
Die Gefahr ist jedoch viel zu groß - auch wenn wir mittlerweile viel mehr Erfahrung mit Unfällen haben. Es war das letzte Rennen mit der wohl berühmtesten Rennsportkurve, der Eau Rouge, die verändert und abgeschwächt werden soll. Daher war es gestern die richtige Entscheidung der Rennleitung.
Alonso kritisiert Punktevergabe
Für mich war viel befremdlicher, dass man darüber diskutieren musste, ob Sergio Perez fahren kann oder nicht und das selbst der Renndirektor bei Red Bull nochmal nachfragen musste. Das ist etwas befremdlich, wenn man in der Formel 1 die eigenen Regeln nicht kennt
Die Kritik aus dem Fahrerlager, wie zum Beispiel von Fernando Alonso, der sagt: "Warum Punkte, wenn es kein Rennen war?", kann ich nicht nachvollziehen. Ich finde, es ist sehr fair. Es gibt eine klare Regel und das Qualifying, wo jeder die Chance hat auch schneller zu fahren. Für diese Ausnahmesituationen gibt es diese Regel und die kennt jeder. Da muss man im Nachhinein nicht mehr darüber diskutieren, was entschieden worden ist.
Russell heißer Kandidat bei Mercedes
Der Überraschungszweite George Russell hat daher jeden Punkt verdient. Er fuhr ein tolles Qualifying und hat sich damit selbst belohnt. Ich denke, es wäre ein komplettes Missmanagement, wenn man nicht versucht, ihn zu Mercedes zu holen. Man würde nicht nur einen Fehler für das Team begehen, sondern auch für die Zukunft.
Er hat gezeigt, was er kann. Lewis Hamilton wird aufgrund seines Alters nicht mehr allzu lange fahren. Toto Wolff hat für Mercedes die Verantwortung sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Und ich denke, dass die Entscheidung bereits dahingehend gefallen ist.
Duell Hamilton vs. Verstappen spitzt sich zu
Ich kann mir vorstellen, Russell vielleicht zwei Jahre neben Hamilton fahren zu lassen - ich weiß nicht genau, wie lange Lewis noch fahren möchte - so dass er neben und von Hamilton lernen kann, Punkte zu sammeln, vielleicht auch mal schneller zu sein als Lewis.
Aber noch ist es nicht soweit. Es stehen noch elf Saisonrennen an und der Vorsprung des Titelverteidigers ist auf magere drei Punkte geschmolzen. Hamilton ist ein unglaublich erfahrener, ein cooler Fahrer. Aber auch der siebenfache Weltmeister muss ans Limit gehen. Es wird ihm irgendwann der ein oder andere Fehler passieren - und das ist ja auch schon geschehen. Aber das ist ja auch normal. Das hat nichts mit Nerven zu tun. Er hat in dieser Saison aber auch schon viel Glück gehabt: Der Reifenplatzer von Max Verstappen in Baku, dann wurde der Niederländer in Silverstone und Ungarn abgeräumt. Wenn das alles nicht passiert wäre, wäre Hamilton jetzt nicht knapp Erster.