Der Crash von Ferrari-Pilot Charles Leclerc sorgte nicht nur für einen Abbruch des Miami-Qualifyings sondern auch für gemischte Gefühlswelten bei Red Bull. Beim Weltmeister-Rennstall reagiert man mit Sarkasmus und Selbstkritik.
Was war passiert? Knapp zwei Minuten vor Ende des entscheidenden Qualifyingabschnitts Q3 flog Leclerc mit seinem Ferrari ab und landete in der Mauer. Die Folge: Rote Flagge und Abbruch der Qualifikation. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sergio Perez die Bestzeit inne. Da die Zeitenjagd nicht mehr fortgesetzt wurde, konnte der Mexikaner diese behalten und geht damit von der Pole Position aus ins Rennen am Sonntag (ab 20:00 Uhr LIVE und EXKLUSIV auf Sky Sport F1).
Während Perez zu den Profiteuren des Leclerc-Crashs gehörte, erlitt sein Teamkollege und Weltmeister Max Verstappen einen absoluten Stimmungsdämpfer. Der Niederländer war zum Zeitpunkt des Abbruchs nur Neunter (ohne Zeit in Q3) und muss damit beim GP von Miami eine Aufholjagd hinlegen, will er bei der Vergabe der Podiumsplätze noch ein Wörtchen mitreden.
Verstappen zeigt sich nach Fahrfehler selbstkritisch
Sichtlich frustriert zeigte sich Verstappen im Anschluss am Sky Mikrofon: "Es ist immer schwierig, nicht zu viel Zeit zu verlieren zu Beginn eines Rennens. Vom neunten Platz aus wird es schon schwierig, aber schauen wir einfach wie das Rennen läuft. Vom Gefühl her war alles gut im Auto. Jetzt bin ich ein bisschen böse, aber das gehört dazu."
Allerdings richtete sich der Frust und die Enttäuschung nicht in Richtung des Crash-Fahrers Leclerc. Verstappen zeigte sogar Verständnis für die Situation und übte dann Selbstkritik. "Das kann natürlich immer passieren in einem Qualifying auf einem Stadtkurs. Es war aber mein eigener Fehler. Durch die Rote Flagge hatte ich dann keine Rundenzeit, das ist natürlich schade. Nach so einem positiven Wochenende bis zum Qualifying ist das sehr frustrierend."
Verstappen spielt dabei auf seinen Fahrfehler von Beginn des dritten Qualiabschnitts an. Der Weltmeister, der sich an diesem Wochenende sehr stark präsentierte und zwei von drei Trainingssessions dominierte, leistete sich bei seinem ersten gezeiteten Versuch einen Fehler, kam von der Ideallinie ab und brach seine Runde ab. Es blieb also das bekannte "NO TIME" auf der Anzeigetafel. Es folgte der Crash von Leclerc, der Abbruch des Qualifyings und Verstappen konnte keine Zeit mehr setzen.
Dr. Marko reagiert mit Sarkasmus auf Leclerc-Crash
"Bei Max ist es äußerst unglücklich verlaufen. Er ist im ersten Run etwas weit rausgekommen und dann hätten wir einfach früher aus der Box kommen sollen. Wir hätten den Speed gehabt. Wir brauchen nicht warten, dass sich die Strecke noch weiter verbessert", sieht Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko die Schuld weniger bei Verstappen sondern vielmehr beim Team, der gewählten Strategie und den getroffenen Entscheidungen.
"Zumindest die ersten zwei Reihen wären sicher gewesen. Aber es ist eine Lernphase. Wir wollten uns komplett auf den letzten Run konzentrieren und dort das Optimum rausholen. Je später du rausfährst, desto besser wird die Strecke. Aber in diesem Fall war es nicht die richtige Entscheidung", fügt der 80-Jährige am Sky Mikrofon noch hinzu. Eine kleine Spitze in Richtung Leclerc konnte sich der Red-Bull-Verantwortliche letztendlich aber auch nicht verkneifen: "Sarkastisch gesprochen: 'Man darf nicht hinter Leclerc rausfahren.'"
Der Ferrari-Pilot ist in der Vergangenheit immer wieder derart aufgefallen. So crashte er beispielsweise beim Sprint-Qualifying in Baku vor einer Woche oder 2021 in Führung liegend bei der Qualifikation in Monaco. Die Folge: Die Konkurrenten konnte ihre Zeiten nicht mehr verbessern, Leclerc war dabei also stets der Nutznießer.
Viel Lob für Profiteur Perez
Dieses Mal hieß der größte Profiteur jedoch Sergio Perez. "Pole Position für Checo, das ist unglaublich. Hier in Miami ist es ja mehr oder minder ein zweites Heimrennen für ihn. In Miami spricht man genauso viel Spanisch wie Englisch. Er hat das alles gut umgesetzt", lobt Dr. Marko seinen Schützling, bei dem er in dieser Saison insgesamt sehr große Fortschritte sieht: "Er hat in allen Phasen gelernt. Er ist reifenmäßig weiter, kann sich mehr konzentrieren und er hat in den vergangenen Jahren immer mit einer halben Sekunde bis Sekunde Rückstand auf Max angefangen. Das kann man dann im Laufe eines oder zwei Trainings nicht rausholen. Er startet nun aber näher an Max und dadurch ist er in der Summe auch immer wieder mal vorne."
Apropos vorne: Perez hat durch das verrückte Qualifying in Miami am Sonntag die Möglichkeit, die WM-Führung zu übernehmen. Derzeit liegt der Mexikaner sechs Zähler hinter Weltmeister Verstappen auf Platz zwei. Ein Sieg in Miami würde Perez jedoch in Front bringen. Eine vor der Saison kaum zu erwartenden Chance.
Vasseur unterstützt Leclerc
Diese hätte auch gerne Leclerc in diesem Jahr ergriffen. Doch der Ferrari-Pilot kommt - auch aufgrund zahlreicher eigener Fehler - nicht wirklich Fahrt. Sein jüngstes Missgeschick in Miami nimmt ihm sein neuer Teamchef Fred Vasseur allerdings nicht übel. Ganz im Gegenteil: Der Franzose stärkt Leclerc am Sky Mikrofon den Rücken.
"Er war eigentlich auf der Pace für die Pole mit dem ersten Set Reifen, hat dann leicht die Wand geküsst und hat dann in der letzten Runde vielleicht zu sehr gepusht. Man kann dem Fahrer immer die Schuld geben, wenn er pusht. Wir sind aber in einer Situation, in der wir pushen müssen, um nach vorne zu kommen. Wir sind ja nicht in der Komfortzone, deshalb würde ich ihn da immer unterstützen."
Für den Monegassen gilt es nun am Sonntag im Rennen seinen Fehler wiedergutzumachen. Dabei steht Leclerc jedoch eine ähnliche Herkulesaufgabe wie Verstappen bevor. Von Platz sieben aus dürfte der Weg aufs Podium auf der wenig überholfreudigen Strecke (verkürzte DRS-Zonen, wenig Grip und viel Dreck abseits der Ideallinie) ein steiniger werden.
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.