Wenn Bayer am Samstag Mainz empfängt (live auf Sky), ist hoher Besuch zu Gast in Leverkusen. Bundestrainer Joachim Löw ist im Stadion und wird dabei sicherlich mehr als nur einen Blick auf Youngster Florian Wirtz werfen. Ist das Ausnahmetalent jetzt schon so gut, wie Kai Havertz seiner Zeit?
Als die Werkself im letzten Sommer den Abgang von Kai Havertz offiziell verkündete, herrschte große Ernüchterung in Leverkusen. Im Laufe des mühsamen Pokers mit dem FC Chelsea keimte langsam wieder Hoffnung auf, dass Havertz doch noch ein Jahr bleibt. Letztlich blieben den Rheinländern rund 80 Millionen Euro und die Frage: Wer tritt in die übergroßen Fußstapfen des "Ausnahmekünstlers", wie Rudi Völler seinen ehemaligen Schützling einst bei Sky beschrieb.
Durchstarter Wirtz wird zum Havertz-Nachfolger
Einen direkten Ersatz verpflichtete die sportliche Führung der Leverkusener nicht. Infolgedessen mussten sich die Funktionäre einiges an Kritik anhören, die allerdings recht schnell verstummte. Trotz aktueller Leistungsdelle startete die Elf von Trainer Peter Bosz fulminant in die Saison, stand bis zum direkten Duell mit den Bayern Ende Dezember sogar für kurze Zeit an der Tabellenspitze.
Ganz ohne Havertz. Der Plan für die Saison geht also auch ohne den Wunderknaben auf. Mit Nadiem Amiri und Kerem Demirbay hatten die Leverkusener bereits zwei spielstarke und kreative Zentrumsspieler in ihren Reihen. Doch die echte Nachfolge übernahm ein anderer: Florian Wirtz.
Havertz vs. Wirtz: Wer ist besser in die Profi-Karriere gestartet?
Der 17 Jahre alte Spielmacher ließ in der vergangenen Saison bereits aufhorchen. Nach seinem Wechsel im Winter vom 1. FC Köln zu Bayer bekam der Youngster gegen Ende der Spielzeit immer mehr Einsätze und avancierte vor dem Debüt-Treffer von Dortmunds Youssoufa Moukoko zum zwischenzeitlich jüngsten Torschützen der Bundesliga-Historie.
Dass Wirtz ein großes Talent ist, war damals schon klar. Dass er Havertz beinahe vergessen macht, kam dann doch überraschend. Vergleiche liegen aufgrund von Alter, Position und Spielweise nahe. Doch ist Wirtz wirklich so gut wie Havertz seiner Zeit? Sky Sport zieht den Vergleich und stellt die Leistungen und Daten der beiden Offensivspieler nach ihren ersten 33 Pflichtspiel-Auftritten für Bayer Leverkusen gegenüber.
Zwei Frühstarter im Duell
Sein Debüt feierte Wirtz im Alter von 17 Jahren und 15 Tagen und ist damit Havertz, der 17 Jahre und 126 Tage alt war, eine Nasenlänge voraus. Das führt auch dazu, dass Wirtz schon in jüngerem Alter zu seinem 33. Spiel am vergangenen Wochenende kam.
Markant ist jedoch die Spielzeit, die beide in diesen Auftritten bekamen. Während Havertz "nur" 1873 Minuten auf dem Feld stand, waren es bei Wirtz bislang schon 2314 Spielminuten. Der aktuelle Hoffnungsträger der Werkself hat es schneller als sein Vorgänger geschafft, zum absoluten Stammspieler der Leverkusener zu reifen.
Wirtz ist weiter, als Havertz zu seiner Zeit
Abseits der reinen Spielzeit scheint Wirtz auch für die Gestaltung des Spiels von Bosz eine wichtigere Säule zu sein, als es Havertz für Roger Schmidt und Tayfun Korkut in seiner Anfangszeit war. Der Chelsea-Neuzugang erzielte in dem beschriebenen Zeitraum vier Treffer und legte fünf weitere auf. Wirtz steht bei ebenso vielen Vorlagen - hat aber schon acht Pflichtspiel-Tore erzielt. Ein klares Plus für das neue Bayer-Juwel, das vor dem gegnerischen Tor schon eine gewisse Kaltschnäuzigkeit an den Tag legt.
Auch die Daten rund um Pass- und Zweikampfquote sowie die Häufigkeit und die Erfolge in Dribblings sprechen für Wirtz. Diese Zahlen belegen: Der Youngster ist in seinem Alter schon weiter, als es Havertz 2017 war, aber: Noch ist Wirtz nicht so gut, wie es Havertz war, als er Leverkusen im Sommer in Richtung Premier League verlassen hat.
Dort tut sich der 80-Millionen-Mann allerdings noch schwer. In seinen ersten 26 Partien für die Blues hat der Nationalspieler erst sechs Tore aufgelegt und fünf Treffer selbst erzielt. Drei davon im englischen Ligapokal gegen den Zweitligisten Barnsley. In Sachen Form übertrifft Wirtz seinen Vorgänger also sogar derzeit. Von großem Interesse dürfte das vor allem für den Bundestrainer sein.
Die DFB-Frage: Havertz, Wirtz oder beide?
Die Plätze im DFB-Mittelfeld sind heiß begehrt. Reals Toni Kroos bleibt gesetzt, Citys Ilkay Gündogan ist derzeit in der Form seines Lebens und die Sextuple-Sieger Leon Goretzka und Joshua Kimmich eigentlich auch unverzichtbar. Hinzu kommt Florian Neuhaus und die Debatte um Thomas Müller, dessen Rückkehr immer noch stark thematisiert wird. Bei sich bessernden Leistungen bleibt auch Marco Reus ein Kandidat für die Europameisterschaft.
Ob Löw mit diesem Repertoire in der Hinterhand Platz für Havertz UND Wirtz in seinen Planungen hat, darf bezweifelt werden. Umso wichtiger wird der Auftritt von Wirtz gegen Mainz am Samstag (ab 15:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport Bundesliga 3 und mit Sky Ticket im Stream).
Bestätigt der 17-Jährige die starken Leistungen der vergangenen Monate vor den Augen des Bundestrainers, könnte es für seinen Leverkusen-Vorgänger Havertz im Sommer eng werden. Denn Stand jetzt ist Wirtz schon der "neue" Havertz, von dem er sich in der vergangenen Saison noch "eine Menge abgeguckt" hat.