Erstmals in dieser Saison wird Mats Hummels ein Liga-Spiel von Borussia Dortmund verpassen. Der Abwehrchef sah beim 2:0-Sieg gegen Union Berlin die fünfte Gelbe Karte und wird ausgerechnet in Wolfsburg fehlen. Das stellt den BVB vor eine große Aufgabe.
In der 72. Minute holte Hummels zu einer etwas unbedachten Grätsche gegen Unions Petar Musa aus, die der 32-Jährige im Nachhinein wohl bereuen wird. Der Innenverteidiger kam in einer hektischen Phase des Spiels aus der Defensive und rutschte nach Musas schon gespieltem Pass in den Angreifer hinein. Eine unnötige Aktion, die eine folgenschwere Gelbe Karte nach sich zog.
Der fünfte Karton in Hummels' laufender Spielzeit. Beim wichtigen Duell mit dem VfL Wolfsburg am Samstag wird der BVB-Verteidiger gesperrt fehlen. Es wird das erste Bundesliga-Spiel, das der ehemalige Nationalspieler verpasst. Einen ungünstigeren Zeitpunkt dafür könnte es kaum geben.
Vorentscheidung um die Königsklasse: BVB muss gewinnen
Aktuell stehen die Wölfe mit 57 Punkten auf dem dritten Tabellenplatz. Die Dortmunder befinden sich mit 52 Punkten auf Rang fünf. Das Duell der beiden Champions-League-Anwärter ist die vorerst letzte Chance für die Borussen, am Ende der Saison doch noch die Qualifikation für die Königsklasse zu schaffen.
Verliert der BVB, sind es acht Punkte auf den VfL und selbst bei einer Frankfurter Niederlage gegen Bayer Leverkusen immer noch vier Punkte auf den vierten Platz. Das bei dann drei verbleibenden Spielen. Gewinnen die Dortmunder jedoch, könnten es nur noch ein Zähler Rückstand auf die Eintracht und definitiv nur zwei Zähler Abstand zum VfL Wolfsburg sein. Dann würde den Borussen ein einziger Ausrutscher von einem der beiden Konkurrenten reichen - vorausgesetzt die Schwarz-Gelben gewinnen ihre eigenen Duelle.
Hummels der Anführer - defensiv und offensiv
Ausgerechnet in diesem Showdown gegen den VfL Wolfsburg fehlt mit Hummels der vielleicht wichtigste Spieler im System von Trainer Edin Terzic. Während die Dortmunder in dieser Saison auch schon ohne Erling Haaland Torgefahr bewiesen haben und im Mittelfeld in unterschiedlichsten Besetzungen Dominanz ausstrahlten, reißt das Fehlen des Abwehrchefs eine große Lücke in die BVB-Defensive.
Hummels ist der sicherste und zweikampfstärkste Spieler der Borussen. Der ehemalige Bayern-Verteidiger ist ein sicherer Anker in der Arbeit nach hinten, der gleichzeitig als Anspielstation im Spielaufbau fungiert. Die Spieleröffnungen und langen Bälle des Weltmeisters von 2014 sind ein wichtiger Bestandteil der schwarz-gelben Spielphilosophie. Gegen den VfL, der durch sein hohes Pressing in der Tiefe die einzigen Räume gewährt, fehlen Auge und Präzision des Routiniers umso mehr.
Terzic mangelt es an Ersatzpersonal
Doch wie kann Dortmund diesen Ausfall kompensieren? Wer kann dem BVB-Spiel die spielerische Komponente von hinten ermöglichen? Die Antwort: niemand. Einen zweiten Spielertyp Hummels sucht man im Kader der Westfalen vergebens. Allgemein sind Alternativen für die Innenverteidigung bei den Borussen derzeit Mangelware. Was also tun?
Terzic bleiben nicht viele Möglichkeiten. Mit Dan-Axel Zagadou, der sich aktuell von einer Knie-Operation erholt, fällt die logische Alternative für den Posten neben dem gesetzten Manuel Akanji weg. Auch die Not-Innenverteidiger Axel Witsel und Thomas Delaney, die als gelernte Mittelfeldspieler zu Beginn der Saison in der Abwehr aushalfen, fallen verletzungsbedingt aus.
Can und Piszczek bieten sich an
So stellt sich auch die Frage nach einer Dreier- beziehungsweise Fünfer-Kette zum Auffangen von Hummels Abwesenheit nicht. Es bleiben Emre Can und Lukasz Piszczek. Letzterer übernahm die Rolle des Innenverteidigers bislang nur in der Dreierkette als rechter Part. In Sachen Spielpraxis holte sich der 35-jährige Reservist gegen Union Berlin immerhin 90 Minuten als Rechtsverteidiger ab. Spielerisch ist der abgezockte Zweikämpfer allerdings kein echter Hummels-Ersatz.
Can wiederum hat die Qualität, auch über eine größere Distanz präzise Zuspiele ins Spiel einzubringen. Zumindest wenn der Nationalspieler in Form ist. In den vergangenen Wochen lieferte der Defensiv-Allrounder immer wieder durchwachsene Leistungen ab. Größtes Manko: Aktuell scheinen dem 27-Jährigen Ruhe und vor allem Sicherheit zu fehlen.
Can muss seinen Worten Taten folgen lassen
Gerade gegen die aggressiven Wölfe könnte Can zum Sicherheitsrisiko werden, wenn ihm Fehlpässe wie gegen Manchester City oder Union Berlin unterlaufen. Anders als Hummels ist Can auch kein unumstrittener Stammspieler und wurde vom Trainer regelmäßig auf die Bank verfrachtet.
Trotzdem ist Can die derzeit logische Alternative zu Hummels. Nun muss der Abräumer seinen Worten allerdings Taten folgen lassen. Nachdem er vor einigen Wochen bereits seinem Unmut über die aktuelle Tabellensituation Luft machte und ankündigte, "keinen Bock auf Europa League" zu haben, könnte der 27-Jährige nun zur tragenden Figur werden, es nicht soweit kommen zu lassen. Ob er die große Lücke, die Hummels hinterlässt, wirklich schließen kann, bleibt abzuwarten.