Der Auftritt von Borussia Dortmund gegen die Glasgow Rangers am Donnerstagabend hinterlässt Fans und Verantwortliche sprach - und ratlos. Nur vier Tage nach der 3:0-Gala gegen Union Berlin folgt der komplette Leistungseinbruch. Ein Muster, das sich beim BVB von Saison zu Saison wiederholt.
Zusammen mit Sky Reporter Jesco von Eichmann gehen wir den wichtigsten Fragen rund um das BVB-Rätsel auf den Grund.
Was ist das Grundproblem?
Grundsätzlich hat Dortmund ausreichend Qualität im Kader, das Grundproblem ist also weniger sportlicher als psychischer Natur. Von Eichmann zieht dafür den Vergleich zum FC Bayern heran, der seine Spiele mit einer "positiven Arroganz" angehe - dem Selbstverständnis, immer gewinnen zu wollen. Beim BVB gehe die Arroganz dagegen eher in Richtung: "Wir sind schon gut genug."
Das sei im Grunde auch das, was Mats Hummels in seinem Rundumschlag nach der Niederlage gegen Glasgow kritisiert habe, so von Eichmann: "Sie können halt nicht diszipliniert und abgeklärt Fußball spielen."
Haben Reus und Hummels ausgedient?
Nun ist es aber auch dieser Mats Hummels, der womöglich selbst ein Teil des Problems ist. Immerhin sorgt der 33-Jährige mit seinen klaren Aussagen hin und wieder für Reibung in der Mannschaft. Dennoch gibt es bei der Borussia zu wenige Typen, "die mal aus der Reihe fallen und den Teamkollegen in den Arsch treten."
Einer, der diese Aufgabe in seiner Rolle als Kapitän eigentlich ausfüllen müsste, ist Marco Reus. Doch der 32-Jährige taucht in Spielen wie gegen Glasgow gerne selbst in der schwachen Kollektivleistung ab. "Du brauchst keinen Spieler, der eine gute Mannschaft besser macht, sondern einen, der eine schlechte Mannschaft besser macht", betont von Eichmann.
Die BVB-Noten gegen Glasgow
Der Dortmund-Kader lechzt nach einem Strukturwechsel, aber speziell die Personalie Marco Reus "ist ein Politikum". Der Vertrag der BVB-Ikone läuft noch bis 2023. Ein guter Zeitpunkt für das Ende einer Ära? "Das wird sehr interessant, zu sehen, wie Dortmund damit umgeht. Das muss man natürlich moderieren", erklärt der Sky Reporter. Gleiches gelte für Hummels, dessen Vertrag ebenfalls 2023 endet.
Welche Führungsspieler hat Dortmund sonst?
"Man muss eine Hierarchie kaputt machen, um sie dann neu aufzubauen. Ich würde es jetzt nicht nur auf Reus und Hummels beziehen. Da gibt es einen Guerreiro, einen Witsel, auch ein Brandt. Das sind alles Spieler, die nicht so richtig funktionieren", ergänzt von Eichmann.
Der aktuell einzige im BVB-Kader, der das Profil des Mentalitäts-Spielers erfülle, sei Jude Bellingham - neben Erling Haaland, mit dem die Dortmunder allerdings nicht langfristig planen können. Der Mittelfeldspieler ist allerdings erst 18 Jahre alt, hat aber noch Vertrag bis 2025 und könnte zu einer der neuen BVB-Säulen heranwachsen. "Man muss ihm natürlich eine Perspektive aufzeigen und einer alleine reicht natürlich auch nicht", so von Eichmann weiter.
Welche Neuzugänge müssen jetzt kommen?
Der BVB wird also wohl oder übel auf dem Transfermarkt nachlegen müssen. Mit Niklas Süle hat man sich sportlich bereits gut verstärkt, ob der 26-jährige Innenverteidiger aber auch als Führungsspieler vorangehen kann, muss sich erst noch zeigen.
Etwas mehr Hoffnungen legt von Eichmann dagegen in einen Spieler wie Nico Schlotterbeck. Der Freiburger steht wohl auf dem schwarz-gelben Wunschzettel und könnte "vielleicht eine andere Denke mit reinbringen."
Kann Kehl Umbruch?
Der Borussia sind natürlich finanziell ein Stück weit die Hände gebunden. Dazu kommt, dass Michael Zorc nach 24 Jahren als sportlicher Leiter das Zepter an Sebastian Kehl abgibt.
"Das wird natürlich eine mächtige Aufgabe für Kehl, einen der besten Manager des letzten Jahrzehnts zu ersetzen. Aber es ist auch eine Chance", sagt von Eichmann, dämpft aber auch die Erwartungen an den Zorc-Nachfolger: "Es kann natürlich auch sein, dass er aufgrund des Geldmangels erstmal so weiter machen muss, weil er finanziell gar nicht die Möglichkeit hat, in diesem Sommer einen Riesenumbruch loszutreten."
Was passiert mit Rose?
Natürlich wird in der aktuellen Situation auch der Trainer in Frage gestellt. Von Eichmann glaubt allerdings nicht, dass ein Wechsel auf dem Trainerposten nachhaltig zum Erfolg führt: "Wir haben in den letzten Jahren fünf Trainer erlebt, wo immer wieder die gleichen Probleme aufgetaucht sind."
Nach Sky Infos wackelt Rose trotz BVB-Krisensitzung aktuell nicht, auch das Verhältnis zur Mannschaft ist gut. Ein Trainerwechsel würde laut von Eichmann nur Thema werden, "wenn dem BVB droht, die Champions-League-Qualifikation zu verpassen oder die nächsten Heimspiele wieder mit vier oder fünf Gegentoren verloren gehen".
Fazit
Am Ende muss sich beim BVB die "Gesamtdenke" auf allen Ebenen im Klub verändern, betont von Eichmann: "Die sind aktuell in einer Gemütlichkeit angekommen à la: Champions League schaffen wir schon, ab und zu gewinnen wir auch mal den DFB-Pokal, das reicht uns. Und diese Denke müssen sie rausbekommen."
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