Erst im Februar hat Roland Virkus die Nachfolge von Max Eberl bei Borussia Mönchengladbach übernommen. Im exklusiven Interview mit Sky Sport spricht er über seine Anfangszeit als Sportdirektor, Matthias Ginter, auslaufende Verträge einiger Topstars in 2023 und den Umgang mit Ablösesummen im Jugendbereich.
Sky Sport: Roland Virkus, wie hat Borussia Mönchengladbach die Länderspielpause verpackt und wie wichtig war jetzt die Zeit, um durchschnaufen zu können?
Virkus: Erstmal fühlt es sich sehr gut an, wenn man mit zwei gewonnenen Spielen in die Länderspielpause geht, dann schnauft man sicherlich auch mal durch. Trotzdem arbeitet man auch. Arbeiten heißt, man führt Gespräche mit den Spielern, also denen, die in einer Länderspielpause da sind. Ich persönlich schaue mir auch gerne Länderspiele an und mache mir da ein Bild.
Sky Sport: Sie sind jetzt knapp eineinhalb Monate im neuen Amt des Sportdirektors. Wie sehr hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Virkus: Es ist schon alles etwas anders geworden, das muss man ganz klar sagen. Die Abläufe haben sich verändert. Aber es gibt natürlich auch Abläufe, die sind identisch, zum Beispiel was die Jugend angeht und im Profibereich. Trotzdem ist der Rhythmus ein anderer als im Juniorenbereich. Deswegen hat sich natürlich schon einiges verändert, medial sicherlich auch. Klar steht man dann mehr im Fokus, aber trotzdem denke ich, dass ich das sehr gut hinbekommen habe.
Sky Sport: Sie hatten immer ein gutes Verhältnis zu Max Eberl. Haben Sie in der Zeit seit ihrem Antritt auch mit Ihm Kontakt gehabt und sich ausgetauscht?
Virkus: Nein. Nachdem Max mir zum neuen Job gratuliert hat, hat kein Kontakt mehr stattgefunden. Ich habe ein sehr, sehr gutes Verhältnis zu Max Eberl und er hat hier unbestritten über die gesamte Zeit hervorragende Arbeit geleistet. Wir haben sehr, sehr gut zusammengearbeitet. Jetzt ist es einfach auch mal angebracht, den Max in Ruhe zu lassen, dass er Kraft schöpft. Dann hoffe ich, dass man ihn dann auch wiedersieht.
Sky Sport: Die zwei Siege vor der Länderspielpause waren sehr, sehr wichtig, bestimmt auch für die Köpfe der Spieler, damit alles ein bisschen lockerer vonstatten geht, oder?
Virkus: Ja, es ist natürlich so, dass Fußball viel mit Selbstbewusstsein zu tun hat. Der Sieg über Hertha war ein ganz Wichtiger. Warum? Weil der Druck für beide Mannschaften sehr groß war. Wir haben uns dem Druck gestellt und das Spiel gewonnen. Das schafft dann natürlich auch ein gewisses Selbstbewusstsein. Dann kam das Spiel in Bochum noch dazu, wo du von der ersten Minute an gegen die Wucht dagegenhalten musstest. Das haben die Jungs auch hinbekommen und dann auch zu Null gespielt. Dann geht auch vieles ein bisschen leichter. Jedes Spiel, was jetzt noch kommt, ist immens wichtig für den Klub. Und deswegen ist es wichtig, dass wir es Spiel für Spiel angehen. Nun freuen wir uns auf das Spiel gegen Mainz.
Sky Sport: Christian Peintinger durfte die zwei Spiele an der Seitenlinie als Interimscoach verbringen. Wie hat er Ihnen gefallen?
Virkus: Er war sehr fokussiert. Viele Dinge wurden natürlich im Vorfeld mit Adi Hütter abgesprochen. Ich finde, das hat er hervorragend gemacht. Er war unaufgeregt an der Linie und ist dann aber auch mal mitgegangen, wenn es sein musste. Jetzt ist Adi Hütter wieder an der Seitenlinie. Es freut uns, dass er wieder gesund ist und auch wieder coachen kann.
Sky Sport: Ein großes Thema für die kommende Sommerpause ist ja auch der Abgang von Matthias Ginter. Wissen Sie schon, was er macht? Was wünschen Sie ihm für die Zukunft?
Virkus: Ich kann Ihnen noch nicht sagen, was er macht. Natürlich wünscht man einem Spieler, der bei uns gespielt hat, aber auch jedem anderen Spieler alles, alles Gute und dass er einen guten Verein findet, der auch zu ihm passt. Dann wird man schauen, was im Sommer passiert.
Sky Sport: 2023 laufen sehr viele Verträge aus: Hoffmann, Embolo, Thuram, Stindl, Bensebaini, Plea, um mal ein paar zu nennen. Das sind sehr große Namen bei Borussia Mönchengladbach. Jetzt im kommenden Sommer hätte man noch die Möglichkeit, mit diesen Spielern viel Geld zu verdienen. Inwieweit können die Fans sich darauf einstellen, dass sich das Gesicht von Borussia Mönchengladbach vielleicht schon im kommenden Sommer extrem verändern wird?
Virkus: Es ist immer so, dass es Wünsche gibt. Wünsche des Vereins und Wünsche des Spielers. Die muss man übereinanderlegen. Und dann guckt man letztendlich, wie die Mannschaft dann aussieht. Es wird sicherlich ein anderes Gesicht geben, ob es dann so viel anders ist, wie viele Leute spekulieren, kann ich Ihnen jetzt noch gar nicht sagen. Der Wunsch ist natürlich, bei einigen Jungs zu verlängern. Und dann schauen wir, wie die Truppe im Sommer aussieht.
Sky Sport: Borussia Mönchengladbach hat jetzt in dieser Saison viele Niederschläge einstecken müssen, kämpft immer noch gegen den Abstieg. In den letzten Jahren hat der Verein in der Champions League und Europa League gespielt. Inwieweit möchte man im kommenden Jahr wieder oben angreifen? Ist das überhaupt möglich, auch nach den aktuellen Einbußungen durch die Coronapandemie?
Virkus: Erstmal muss man die Aktualität regeln. Es ist kompliziert, immer noch. Dann ist es letztendlich so, dass man in der neuen Saison einen neuen Anlauf nehmen wird. Dass man dann selbstredend sofort wieder an die internationalen Plätze heranreicht, würde ich jetzt erst mal nicht sagen. Man muss trotzdem gucken: Wie sieht das Gesicht der Mannschaft aus? Dann wird man sich die Ziele stecken, die dann auch realistisch sind. Das hängt aber immer davon ab, wie der Kader dann im Sommer aussieht.
Sky Sport: Sie haben sich in der Rheinischen Post sehr über den Transfer ihres Jugendtalents Wisdom zum FC Bayern geärgert. Heutzutage passiert es immer öfter, dass Jugendspieler für gewisse Summen,die es früher nie gegeben hat, plötzlich wechseln. Warum hat Ihnen das so negativ aufgestoßen?
Virkus: Wir reden von einem dreizehnjährigen Jungen. Wenn die Summen, die im Raum stehen und kolportiert worden sind so stimmen, dann finde ich das einfach geschmacklos. Ein Dreizehnjähriger kann noch gar nicht einschätzen, wohin sein Weg geht. Das Wechsel in der Bundesliga unter Bundesligavereinen stattfinden, ist eine ganz normale Geschichte. Aber dann sind die Summen anders und wir reden von gestandenen Spielern. Je älter die Jungs werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Weg vorgezeichnet ist. Ich glaube aber ganz klar, dass der Weg bei einem 13-Jährigen noch nicht vorgezeichnet ist. Natürlich ist er zum jetzigen Zeitpunkt wirklich ein Top Talent, aber da kommen noch so viele Dinge auf ihn zu. Ich glaube, dass ist im deutschen Fußball insgesamt nicht dienlich. Wenn wir das nicht regeln, werden wir weiterhin sehr viele Talente verlieren.
Marlon: Liegt das Problem auch bei den Beratern oder wer hat Schuld an solchen Umständen?
Virkus: Ich glaube, das ist viel, viel komplexer als nur den Beratern die Schuld zu geben. Natürlich ist es so, dass ich glaube, dass ein so junger Spieler nicht alleine entscheiden kann, was er dann in der Zukunft macht. Da ist es wichtig, dass man die richtigen Leute an seiner Seite hat. Da spielen die Berater sicherlich auch eine Rolle. Da spielen aber auch Eltern eine Rolle. Da spielen die Klubs eine Rolle. Das Thema ist deutlich komplexer, als man vielleicht glaubt. Wenn das alles sauber abläuft, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine gute Entscheidung getroffen wird, höher.
Das Interview führte: Marlon Irlbacher