Nach der krachenden Niederlage von Hertha BSC bei Schalke 04 hat Sportdirektor Benjamin Weber eine Jobgarantie für Trainer Sandro Schwarz vermieden. Nun verlässt der Trainer das Vereinsgelände, während die Spieler noch auslaufen. Sky Reporterin Lisa de Ruiter erklärt im VIDEO, warum es für den Coach richtig eng wird.
Als die Trainingsgruppe um die Profis Maxi Mittelstädt und Marvin Plattenhardt in Sichtweite eines Polizeiwagens vom Dauerlauf im kalten Nieselregen zurückkehrte, war die Zukunft von Hertha-Trainer Sandro Schwarz möglicherweise schon besiegelt. Gut zwei Dutzend Fans harrten am Samstagvormittag auf dem Berliner Olympiagelände aus, obwohl das öffentliche Training Stunden zuvor abgesagt worden war.
Am Abend zuvor gab es schon erste Anzeichen, dass heute möglicherweise der Trainer seine Koffer packen muss: "Wir werden jetzt nach Hause fahren, es natürlich analysieren, mit allen sprechen. Aber natürlich ist es, dass wir jetzt jeden Stein umdrehen werden", sagte der Sportdirektor nach dem 2:5 (1:2) gegen den FC Schalke und dem Sturz ans Tabellenende bei DAZN: "Wir sind brutal enttäuscht und werden die nächsten Tage richtig eins auf die Nase kriegen."
Es sei "jetzt der falsche Moment, eine Personaldiskussion loszutreten", führte Weber aus. Schwarz selbst nahm die Aussagen mit Fassung. "Ich bin Teil der Gruppe und hauptverantwortlich dafür. Ich bin in der Verantwortung, wir sind auf Tabellenplatz 18. Dass sich Benjamin Weber so äußert, ist völlig legitim."
Weber will Kontinuität
Er wolle es "sacken lassen und eine Nacht drüber schlafen", sagte Schwarz: "Dann gilt es das zu analysieren, was wir nicht gut gemacht haben." Auch ohne Distanz zum Spiel war für den Trainer klar: "Das Defensivverhalten hat uns das Genick gebrochen. Es waren viel zu viele Fehler, die sofort bestraft wurden."
Weber betonte derweil immer wieder, dass man eine "klare" Herangehensweise habe, ohne diese näher zu definieren. "Wir hatten so viele Wechsel, wir brauchen Ruhe im Verein", sagte er. Dies sei mit sportlichem Erfolg deutlich leichter.
Für Herthas Abwehrspieler Marvin Plattenhardt war es "in vielen Bereichen keine Leistung", schimpfte er: "Wir waren in den Zweikämpfen nicht da, hatten defensiv Fehler und Probleme". Dass sein Team fünf Gegentreffer von Schalke kassiere, sei "unfassbar".
Alle weiteren Stimmen zum Spiel:
Marius Bülter (FC Schalke)...
...darüber, wie viel Last abgefallen sei: "Extrem viel, weil wieder viel auf dem Spiel stand und der Druck groß war. Aber wir haben ihm standgehalten."
...über das Spiel: "Wir hatten eine deutlich bessere Spielkontrolle als zuletzt. Das hat uns Sicherheit gegeben. Hinzu kommt, dass wir nicht viele Chancen hatten, diese aber reingemacht haben. Dann schießt man auch mal fünf Tore."
...darüber, woher die plötzliche Offensivstärke kommt: "(Das ist) Überzeugung, die man sich im Training holt, durch den Glauben daran. Wir wissen, dass wir diese Saison nicht viele Tore geschossen haben, wir haben aber weiter daran gearbeitet. So ein Spiel wie heute tut einfach mal gut."
...über die Inhalte der teaminternen Sitzung ohne Reis unter der Woche: "Das, was in Hoffenheim nicht gestimmt hat, wurde angesprochen. Jeder konnte was sagen. Das gehört mal dazu. Das hatten wir diese Saison schon öfter. Es hat etwas gebracht."
...über das Zusammenspiel mit Terodde: "Dass ich gerne mit Simon zusammenspiele, das weiß man seit der letzten Saison. Wir verstehen uns gut auf dem Platz. Mich freut es ungemein für ihn, dass er heute ein Tor geschossen hat. Das tut ihm richtig gut für die nächsten Spiele. Wir brauchen ihn."
...darüber, wie man in die kommenden Wochen geht: "Mit viel Selbstvertrauen, das man sich heute geholt hat. Aber auch mit dem Wissen, dass wir noch nichts erreicht haben und wir noch sechs Endspiele haben."
Kenan Karaman (FC Schalke)...
...über das Spiel: "Ich bin erstmal überglücklich, dass wir gewonnen haben. Das war ein sehr wichtiges Spiel für uns. Jetzt sind wir wieder voll dabei. Ich gratuliere der ganzen Mannschaft. Das war eine gute Leistung."
...über die Vorbereitung: "Wir haben die ganze Woche gut gearbeitet. Wir haben viel analysiert, auch viel gesprochen, uns auch mal gegenseitig die Meinung gesagt. Wir haben unser Wort gehalten und das auf dem Platz gezeigt."
...über die Spielweise der Hertha: "Wir waren in den Zweikämpfen präsenter. Wir haben uns mental besser vorbereitet. Wir wussten, was auf dem Spiel steht und wir haben die Situation komplett angenommen. Das hat man im Spiel gesehen."
Thomas Reis (Trainer FC Schalke)...
...über das Spiel: "Wir haben heute eine gute Antwort gegeben. Wir sind in beide Hälften sehr, sehr gut reingekommen. Wir bekommen ein Gegentor zum ungünstigsten Zeitpunkt, aber auch da kommst du wieder raus. Im Großen und Ganzen war der Sieg auch verdient. Im Endeffekt haben wir heute fünf Tore geschossen, was den einen oder anderen vielleicht verwundert, aber die Mannschaft hat es sich absolut verdient. Wir mussten auch den einen oder anderen verletzungsbedingten Wechsel machen. Tim Skarke hat eine Fleischwunde, mit der er nicht weiterspielen konnte. Das überschattet ein bisschen den Sieg. Aber die Mannschaft darf sich schon auch freuen heute."
"Es gab Phasen, die mir nicht so gefallen haben. In der letzten Viertelstunde hat mir das Spielerische ein bisschen gefehlt. Wir haben zu schnell die Bälle hergegeben. Dann kriegst du ein Gegentor und hoffst, dass du wieder reinkommst. Heute war es aber so, dass die Mannschaft gut reagiert hat."
...über die Verletzung von Ralf Fährmann: "Bei Ralle ist es muskulär. Da muss man abwarten. Ich hoffe, dass er nicht ganz so lange ausfällt."
...darüber, ob das Sturmduo Bülter/Terodde auch in den kommenden Spielen spielt: "Ich muss immer Entscheidungen treffen. Simon war jetzt mal an der Reihe. Micha (Frey) hat es von der Intensität her immer sehr gut gemacht und hat uns auch geholfen, dass wir eine Serie von acht ungeschlagenen Spielen hingelegt haben. Ich bin froh, dass Simon sich heute belohnt hat für die Geduld, die er gezeigt hat und natürlich macht man sich Gedanken, wie man die nächsten Spiele angehen kann."
Benjamin Weber (Sportvorstand Hertha BSC)...
...über seine Wohlbefinden nach dem Spiel: "Schlecht. Wenn du beim Tabellen-18. das Spiel so verlierst. Die ersten drei Tore waren alles individuelle Fehler."
...über die Spielweise der Hertha: "Das Zweikampfverhalten war überhaupt nicht gut. Man hat das klar gesehen. Die Situationen wurden schlecht verteidigt, es wurden keine zweiten Bälle geholt. Wir sind total in der Pflicht. Wir sind total enttäuscht darüber, was wir hier gezeigt haben."
...darüber, warum sich die Hertha so schwach präsentierte: "Wenn ich das wüsste... Uns allen war die Bedeutung des Spiels bewusst. Da war jeder vorbereitet. Wir sind nie reingekommen. Wir haben das ganze Spiel über viel zu viele Fehler gemacht, schlecht verteidigt und sind da jetzt total in der Pflicht. Das war ein richtiger Schlag in die Fresse heute."
...über die Personalauswahl: "Es ist jetzt müßig zu sagen, es wäre mit mehr Jugendspielern anders gelaufen. Wir haben uns zu einem Weg bekannt, der grundsätzlich auf Jugendarbeit setzt. Aber wir wissen natürlich auch, dass es nicht nur mit Jugendspielern geht. Gerade in so einem Spiel macht es auch Sinn, den einen oder anderen erfahrenen Spieler zu bringen. Das hat heute aber nicht geklappt. Wir werden in den nächsten Tagen richtig eins auf die Nase kriegen."
...über die Zukunft von Trainer Sandro Schwarz: "Dass die Frage kommt, ist ja völlig klar. Wir haben uns in den vergangenen Wochen immer klar geäußert, dass wir eine klare Überzeugung haben an der Stelle. Wenn du aber 2:5 beim Tabellenletzten verlierst, dann sehen sie es mir nach, dass wir erstmal nach Hause fahren, das natürlich analysieren werden und natürlich mit allen sprechen. Wir werden jeden Stein umdrehen.
...darüber, ob Schwarz auch gegen Bremen noch auf der Bank sitzt: "Das ist jetzt einfach der falsche Moment. Wir haben eine klare Haltung. Nach einem 2:5 ist es der falsche Zeitpunkt für eine Personaldiskussion."
Marvin Plattenhardt (Hertha BSC)...
...über die Leistung der Hertha: "In vielen Bereichen war es keine Leistung heute. Man hat gesehen, dass wir in den Zweikämpfen nicht da waren. Wir hatten defensiv einige Probleme und Schalke hat die bitter bestraft. In der Situation, in der wir gerade stecken, darf das nicht passieren."
...über Trainer Schwarz: "Ich kann gegen den Trainer nichts sagen. Sie arbeiten akribisch. Sie reden viel mit uns. Sie sind energisch dabei und geben uns viel Kraft. Wir Spieler müssen das umsetzen.
Sandro Schwarz (Trainer Hertha BSC)...
...über die Art und Weise der Niederlage: "Wir haben schlecht verteidigt, den Gegner zu Toren eingeladen. Wenn du auswärts zwei Tore schießt, muss es mindestens mal für einen Punkt reichen. Wir haben nicht konsequent genug verteidigt. Die Stabilität und Konsequenz haben wir heute vermissen lassen und den Gegner dadurch aufgebaut. In der Summe waren es zu viele Fehler."
...über den Auftritt: "Die Jungs sind drangeblieben. Gerade auch nach dem 2:0-Rückstand. Dann machst du das 1:2, hast die Situation, das 2:2 zu machen, kriegst dann im Gegenzug das 1:3. Dass wir nicht gut verteidigt haben in den entscheidenden Situationen, hat uns das Spiel gekostet. Deswegen bekommst du dann fünf Gegentore."
...über den Zusatnd der Mannschaft nach dem Spiel: "Sie sind enttäuscht, weil wir uns viel vorgenommen haben."
...über die Arbeit in den kommenden Tagen: "Wir müssen es erstmal sacken lassen, eine Nacht drüber schlafen und dann gilt es das zu analysieren, was wir heute nicht gut gemacht haben."
...darüber, wie selbstkritisch er ist: "Das bin ich jedes Mal. Auch wenn du ein Spiel gewinnst oder unentschieden spielst, gilt es sich zu hinterfragen. Ich bin ein Teil dieser Gruppe und hauptverantwortlich dafür."
...über das fehlende Bekenntnis seitens Webers: "Das ist realistisch. Ich bin in der Verantwortung. Wir sind jetzt auf Platz 18. Dass sich dann Benjamin Weber nicht so klar äußert, ist legitim und realistisch einzuschätzen."
Die Interviews wurden allesamt bei DAZN geführt.
SID / Sky Sport