In seiner Kolumne analysiert Sky Experte Dietmar Hamann die Leistungen der deutschen Mannschaften in der Champions League. Dieses Mal zeigt er die Probleme von Dortmund, Leipzig und Bayern auf und schätzt die Situation um Münchens Kingsley Coman ein.
TOP 1: Dortmund zeigt zu wenig guten Fußball
Dortmund hat beim 1:3 gegen Ajax ordentlich angefangen und ein gutes Spiel gemacht. Nach dem Platzverweis für Hummels und dem Elfmeter - aus meiner Sicht beides klare Fehlentscheidungen - lagen sie zur Halbzeit 1:0 vorne und ich hätte nicht gedacht, dass sie das Spiel noch verlieren. Aber der Druck wurde zu groß und es besteht die Gefahr, dass der BVB die Gruppenphase nicht übersteht. Jetzt muss man die nötigen Punkte fürs Achtelfinale in den letzten beiden Spielen bei Sporting und gegen Besiktas einfahren.
Über die Dortmunder habe ich schon in meiner letzten Kolumne und am Sonntag bei Sky 90 gesagt, dass sie in dieser Saison selten überzeugt haben. Sie haben zwar, anders als im vergangenen Jahr, viele enge Spiel gewonnen, aber irgendwann müssen sie auch mal anfangen, besser Fußball zu spielen. Abgesehen vom spektakulären 4:3-Sieg in Leverkusen haben sie vielleicht noch ein wirklich gutes Spiel gemacht.
Beim 2:0 gegen Köln am vergangenen Samstag hatte der FC aber zwölf (!) Torschüsse mehr als der BVB. Auf Dauer geht das nicht gut, weil Dortmund hinten nicht stabil genug steht. Nach den ersten beiden Siegen in der Champions League hat Dortmund gegen Ajax zweimal verloren und dabei insgesamt sieben Tore kassiert. Von der Punkteausbeute her ist es in der Bundesliga zwar okay, aber wie sie bisher Fußball gespielt haben, das ist mir zu wenig.
Natürlich fehlen Haaland, Dahoud und Guerreiro, aber gegen Ajax standen Spieler wie Reus, Hummels, Bellingham auf dem Platz. Es ist genug Qualität da, um eine Mannschaft zu führen, aber bisher schaffen sie es noch nicht.
TOP 2: Leipzig und BVB müssen immer ans Limit
Für Leipzig kann der späte Ausgleich gegen Paris am Ende sehr viel Wert sein. Die Chancen, in Europa zu überwintern, sind noch da, aber richtig gefallen haben sie mir bisher nicht. Der Druck im Spitzenspiel am Samstag ist auf Leipziger Seite, speziell auf Trainer Jesse Marsch.
Ich habe das Gefühl, dass die Spieler nicht wollen oder nicht mehr wollen, was der Trainer will, weil sie sich auch fußballerisch zu einer richtig guten Mannschaft entwickelt haben.
In den vergangenen zwei Jahren unter Julian Nagelsmann hatten sich die RB-Profis eine gewisse Reife erarbeitet. Sie haben filigrane Spieler in ihren Reihen und wollen nicht 90 Minuten lang Pressing spielen, sondern auch mal den Ball laufen lassen.
Natürlich ordnet man alles dem Erfolg unter, aber du musst auch in der Lage sein, Spiele mit Ballbesitz zu kontrollieren. Du kannst nicht immer nur Powerfußball spielen und ständig pressen.
Die Dortmunder spielen ähnlich intensiv und vielleicht ist das ein Grund, warum sie so viele Verletzte haben. Sie können momentan mit 90 oder 95 Prozent Leistung kein Spiel gewinnen. Wenn du aber als Spieler immer an deine Grenzen gehst, reißt dir irgendwann der Muskel.
Bei Dortmund und Wolfsburg habe ich Hoffnung, dass sie es beide ins Achtelfinale schaffen. In Leipzigs Gruppe kann man ausscheiden, von der Art und Weise bin ich aber enttäuscht. In den letzten beiden Spielen steht viel auf dem Spiel.
TOP 3: Bayern braucht mehr defensives Denken
Der FC Bayern hat den nächsten klaren Sieg eingefahren. Beim 5:2 gegen Benfica waren Robert Lewandowski und Kingsley Coman herausragend.
Lewandowski hätte es verdient, den Ballon d'Or zu gewinnen, Coman ist von seinen Anlagen her einer der besten Flügelspieler der Welt. Er hat noch Vertrag bis 2023 und ich kann mir vorstellen, dass die Bayern ihn gerne behalten würden. Wenn man sich aber entschließt, ihn gehen zu lassen, wird man einen Preis im Kopf haben. Ab und zu musst du auch mal einen Spieler verkaufen, in der momentan finanziell angespannten Lage am besten mit Gewinn.
Bei aller Freude über den Sieg darf man aber nicht vergessen, dass die Bayern in den letzten drei Pflichtspielen insgesamt neun Tore kassiert haben. Das Problem gab es auch schon in der vergangenen Saison unter Hansi Flick. Sie müssen mehr Stabilität und defensives Denken in ihre Mannschaft bekommen.
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