Als der Abpfiff ertönte und im Estadio Bernabeu bei Spielern und Fans von Real Madrid grenzenloser Jubel ausbrach, trug es Pep Guardiola mit Fassung. Dem City-Coach huschte sogar ein kleines, vielleicht etwas ungläubiges Lächeln übers Gesicht. Doch was bedeutet das Aus für Guardiolas Zukunft in Manchester?
Auch im sechsten Anlauf mit Manchester City will dem Katalanen der ganz große Coup einfach nicht gelingen. Seit insgesamt elf Jahren wartet Guardiola inzwischen darauf, seine Hände nach 2009 und 2011 wieder an den Henkelpott zu bekommen - und so langsam mehren sich die Zweifel, ob es ihm überhaupt noch einmal gelingen wird.
Vorzeichen für City standen gut
Dabei schien es, als hätte er das Momentum diesmal auf seiner Seite. Seine Mannschaft präsentierte sich zuletzt in Top-Form und musste bis auf Linksverteidiger Benjamin Mendy keine Ausfälle verkraften.
Auch mit taktischen Experimenten hielt sich der 51-Jährige, anders als bei wichtigen Spielen in der Vergangenheit, zurück. Mit der Einwechslung von Jack Grealish, der in der Schlussphase zwei Großchancen zum wahrscheinlichen entscheidenden 2:0 vergab, bewies er eigentlich den richtigen Riecher, doch die Tore fielen auf der anderen Seite.
Guardiola ergab sich schließlich in sein Schicksal: "Fußball ist unberechenbar, das sieht man an Spielen wie diesem. Das müssen wir akzeptieren", sagte er gegenüber BT Sport.
Hamann übt harte Kritik an Guardiola
Ganz so leicht will Sky Experte Didi Hamann den Startrainer aber nicht davonkommen lassen. Der ehemalige Nationalspieler kritisiert Citys mangelnde Reaktion auf das Comeback der Madrilenen. "Sie hatten eine Viertelstunde Zeit mit Nachspielzeit und du hattest nie wirklich das Gefühl, dass sie noch ein Tor machen", analysiert Hamann und bemängelt die geringe Flexibilität der Skyblues.
Grund dafür sei Guardiolas Perfektionismus. "Du kannst Spiele nicht an der Taktiktafel gewinnen. Die Spieler gewinnen die Spiele und du musst ihnen vertrauen. Das geht mir ein Stück weit ab", so der Sky Experte.
Hamann glaubt, ein Muster zu erkennen: "Es ist auch eine Kunst, solche Spiele zu verlieren und das schafft er immer wieder. Der Mythos Guardiola, dass er den Fußball revolutioniert hat, ist ein Unsinn. Er hat in zehn Jahren mit Bayern München und City Unmengen an Geld ausgegeben und war mit diesen Mannschaften einmal im Finale - und das hat er verloren."
Guardiola findet Meister in Ancelotti
Guardiola ist inzwischen zum sechsten Mal in einem Halbfinale der Champions League gescheitert (zweimal mit Barcelona, dreimal mit Bayern und einmal mit City) und stellt damit den Negativ-Rekord von Jose Mourinho ein. Zwei dieser sechs Halbfinals verlor er übrigens gegen Carlo Ancelotti.
Der Italiener ist das komplette Gegenteil von Guardiola. Keine taktischen Eskapaden, keine wild gestikulierten Anweisungen von der Seitenlinie - ein bisschen getreu dem beckenbauerschen Motto: "Geht's raus und spielt's Fußball!"
Und es scheint zu funktionieren. Zum dritten (!) Mal in der K.o.-Phase dieser Champions-League-Saison gelang es Real, das drohende Aus im Rückspiel doch noch abzuwenden. "Das geht nur, wenn du die nötige Ruhe hast", erklärt Hamann: "Ancelotti hat hundertprozentiges Vertrauen in seine Spieler. Er hat sie vorbereitet und jetzt sollen sie machen. Diese Ruhe strahlt er aus und das überträgt sich auf seine Mannschaft."
Letzte Chance mit ManCity?
Ob es nun an mangelndem Vertrauen, übermäßigem Taktieren oder einfach an der fehlenden Gunst des Fußball-Gottes liegt, Guardiolas Fluch in den entscheidenden Spielen der Königsklasse hat Bestand.
Eine neue - und vielleicht letzte - Chance, diesen zu brechen und die Mission Champions-League-Titel mit Manchester City doch noch erfolgreich abzuschließen, bleibt dem Coach in der kommenden Saison. Danach läuft sein Vertrag in Manchester aus.
Zuletzt wurde in englischen Medien zwar über eine Vertragsverlängerung spekuliert, doch mit dem neuerlichen Scheitern in der Königsklasse dürfte Guardiolas Unantastbarkeit auch bei den City-Verantwortlichen allmählich ins Wanken geraten.
Womöglich schließen beide Seite dieses so vielversprechende Kapitel letztlich unvollendet.
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